Haushalte in der Region Nachtstromkunden zahlen mehr

MECKENHEIM · Erhard Loeser (74) ist sauer. Gerade hat der Meckenheimer von seinem Stromlieferanten RWE die Mitteilung erhalten, dass er ab Januar höhere Preise bezahlen soll. Und zwar nicht nur für den normalen Haushaltsstrom, sondern auch für den Nachtstrom, mit dem er sein Reihenmittelhaus seit 1977 beheizt.

 Kein Schmuckstück: Nachtspeicheröfen galten in den 70er Jahren als Zukunftsmodell.

Kein Schmuckstück: Nachtspeicheröfen galten in den 70er Jahren als Zukunftsmodell.

Foto: dpa

"Das kostet mich 312 Euro mehr im Jahr", hat Loeser ausgerechnet. Wütend ist er, dass die Erhöhung nicht nur die Umlage für erneuerbare Energien (plus 1,7 Cent), Netzentgelte (plus 0,5 Cent), Industriebefreiung von Netzentgelten (plus 0,2 Cent), sondern auch noch eine Offshore-Umlage (plus 0,25 Cent) enthält, die politisch noch gar nicht entschieden ist.

"In welchem Land leben wir eigentlich, in dem es erlaubt ist, bereits Preiserhöhungen aufgrund von Schätzungen nach noch nicht verabschiedeten Gesetzen anzukündigen?", ärgert sich der Pensionär. Wie Loeser und seiner Frau geht es rund 9300 Familien in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, die ihre Häuser oder Wohnungen mit Nachtstrom heizen.

Die Elektroheizungen waren vor allem in den 70er Jahren in einigen Neubaugebieten vorgeschrieben. In Bonn gibt es Nachtspeicheröfen in rund 3500 Wohneinheiten, in Meckenheim sind es 2535, in Windeck 629, in Hennef 611 und in Neunkirchen-Seelscheid 552.

Vor zwei Jahren hatte das Bundeskartellamt mehreren Heizstromversorgern Preissenkungen auferlegt. Bundesweit erhielten gut eine halbe Million Kunden zusammen 27,2 Millionen Euro zurück. Auch RWE erstattete damals seinen Kunden im Ruhrgebiet und im Rheinland knapp elf Millionen Euro. Das Bundeskartellamt hatte fehlenden Wettbewerb und mangelnde Transparenz bemängelt.

Die Wechselmöglichkeiten sind bis heute allerdings nicht besser geworden. Anders als beim Haushaltsstrom, wo Kunden in der Regel die Auswahl zwischen mehr als hundert Tarifen haben, besitzen Alternativangebote für Nachtstrom Seltenheitswert. Das liege daran, dass in dem Geschäft wenig zu verdienen sei: "Die Margen sind hier eher niedrig", sagte ein Kartellamtssprecher gestern.

In den 70er Jahren galten Nachtspeicheröfen als Zukunftsmodell. Sie sollten die Auslastung von Kraftwerken rund um die Uhr sicherstellen. Zwischenzeitlich standen die von der Bundesregierung als ökologisch bedenklich eingestuften Heizungen aber vor der Zwangsabschaltung. Jetzt gibt es lange Übergangsfristen, auch weil die Elektroöfen für die Energiewende als Speicher wieder Bedeutung gewinnen könnten.

Für den Meckenheimer Klaus Bergmann ein schwacher Trost: "Meine jährlichen Kosten für Heizung und Warmwasser werden um 512 Euro steigen. Ein sehr saurer Apfel, in den ich beißen muss; insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die besonders starken Energieverbraucher ohne diese Äpfel geht."

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