Mitarbeiter fürchten um die Zukunft der Bank

Der Aufsichtsrat der Augustiner Bank und Vorstandschef Karl-Josef Schmitz liegen über Kreuz - Ex-Gremiums-Mitglied spricht von "Vetternwirtschaft" - Rolf Ziskoven: "Das sind erfundene Geschichten"

Mitarbeiter fürchten um die Zukunft der Bank
Foto: Arndt

Sankt Augustin. Bei der Raiffeisenbank Sankt Augustin brodelt es gewaltig, und die 45 Beschäftigten haben große Sorge um die Zukunft der Genossenschaftsbank, die zu den kleineren in der Region zählt.

Sie wollen deshalb am kommenden Montag mit Hilfe von ver.di einen Betriebsrat wählen, um für eventuelle stürmische Zeiten gerüstet zu sein. Nach Informationen des General-Anzeigers soll es zu einem offenen Zerwürfnis zwischen dem Vorstand Karl-Josef Schmitz und der Mehrheit des fünfköpfigen Aufsichtsrates gekommen sein.

Der Streit in der Chefetage der Bank hatte seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht, als der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 19. Juli zwei neue Vorstandsmitglieder bestellte. Äußerst pikant dabei: Einer der beiden war Heiner Freckwinkel, Sohn des CDU-Kommunalpolitikers und langjährigen Raiba-Aufsichtsratsvorsitzenden Heinz Freckwinkel.

"So einen dreisten Fall von Vetternwirtschaft habe ich noch nicht erlebt. Dem muss unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden," fordert ein ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Bank, das nicht genannt werden will. Hinzu kommt, dass dem Diplom-Kaufmann Heiner Freckwinkel, der bei einer Bank in Overath arbeitet, die von der Bankenaufsicht vorgeschriebene Qualifikation fehlt, um das Vorstandsamt einer Bank ausüben zu können.

Voraussetzung ist unter anderem, dass ein Kandidat fachlich geeignet sein muss, eine Bank zu leiten, zudem über mehrjährige Erfahrung im Kreditwesen und Personalführung verfügt. Nach Informationen des General-Anzeigers soll Heiner Freckwinkel die nötige Kreditkompetenz ebenso fehlen wie Erfahrung in der Steuerung einer Gesamtbank.

Um die nötige Qualifikation zu erlangen, sollte Heiner Freckwinkel schon jetzt eingestellt, aber erst im Sommer nächsten Jahres Vorstandsmitglied werden. Dann läuft der Fünf-Jahres-Vertrag von Vorstand Karl-Josef Schmitz aus, der sich auf Anfrage des General-Anzeigers nicht zu den Vorgängen äußern wollte.

Wie zu erfahren war, ist der Aufsichtsrat mittlerweile zurückgerudert und verzichtet auf die Einstellung von Heiner Freckwinkel. Als weiteres Vorstandsmitglied bestellte der Aufsichtsrat im Juli Xaver Ostertag, der bislang bei der Kreissparkasse Altötting beschäftigt ist und sein Amt in Sankt Augustin zum 1. Oktober antreten wird.

In der Juli-Sitzung des Aufsichtsrates hat Heinz Freckwinkel nach 35 Jahren sein Amt als Vorsitzender aufgegeben, laut Pressemitteilung der Bank aus gesundheitlichen Gründen. Insider vermuten, dass der Rücktritt rein kosmetischer Natur war, um die Bestellung seines Sohnes zum Vorstand der Raiba zu ermöglichen.

Freckwinkels Nachfolger Rolf Ziskoven sagte dem General-Anzeiger, das seien alles erfundene Geschichten. "Es ist nicht beabsichtigt, einen dritten Vorstand zu berufen. Der Aufsichtsrat hat Heiner Freckwinkel nicht zum Vorstand bestellt. Das ginge aus rein sachlichen Gründen auch nicht."

Es habe zwar generelle Überlegungen gegeben, einen dreiköpfigen Vorstand zu installieren. Weil die Raiba eine kleine Bank sei, habe man davon aber wieder Abstand genommen.

In den vergangenen Jahren ist die Raiffeisenbank Sankt Augustin immer wieder in die Schlagzeilen gekommen. Zuerst im Sommer 2002 der Eklat um den Rauswurf von Filialleiter Frank Meys. Dem Sohn des ehemaligen RSAG-Chefs Karl-Heinz Meys war vorgeworfen worden, seine Stellung missbraucht zu haben, um für seinen Vater Geld zu waschen, das der als Schmiergeld erhalten haben soll.

Vergangenen Sommer folgte der Skandal um Raiba-Vorstand Rainer Piel. Der hatte als Schatzmeister Schwarzgeldkonten der Sankt Augustiner Prinzengarde bei der Bank geführt. Die Steuerfahnder erschienen in der Bank und beschlagnahmten Unterlagen.

Nachdem Piel eine Geldbuße in vierstelliger Höhe gezahlt hatte, stellte die Staatsanwaltschaft Bonn das Strafverfahren gegen ihn ein. Piel schied Ende 2003 aus Altersgründen aus.

Die beiden Affären Meys und Piel haben nicht nur dem Ansehen der Bank geschadet, sondern offenbar auch nachhaltig das Verhältnis zwischen Heinz Freckwinkel und dem seit Jahresbeginn alleinigen Vorstand Schmitz getrübt. Schmitz, dem Kollegen ein stets korrektes Verhalten bescheinigen, hatte nicht nur Frank Meys fristlos gekündigt, sondern sich auch dafür eingesetzt, dass Piel vorzeitig gehen sollte, um weiteren Schaden von der Bank abzuwenden.

Damit hatte der 44-Jährige Schmitz allerdings offenbar gleich zwei Freunden von Heinz Freckwinkel auf die Füße getreten: Schließlich saß Ex-RSAG-Chef Karl-Heinz Meys viele Jahre mit und neben Freckwinkel für die CDU im Sankt Augustiner Stadtrat. Meys und Piel wiederum gehörten gemeinsam viele Jahre dem Vorstand der Prinzengarde an.

Im Mai soll es zum offenen Eklat zwischen Schmitz und der Mehrheit des Aufsichtsrates gekommen sein. Unter anderem ging es um die Terminierung der nächsten Vertreterversammlung. Der Aufsichtsrat wollte den Termin so legen, dass Freckwinkel kurz vor Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren wieder gewählt werden konnte. Der Vorstand jedoch hatte zu einem späteren Termin eingeladen.

Die Vertreterversammlung soll nun im Oktober tagen. Von offenem Streit und Eklat wollen Ziskoven und Heinz Freckwinkel nichts wissen. Letzterer bezeichnet die Behauptungen als "hanebüchen". Ziskoven vermutete hinter den Vorwürfen mangelnde Akzeptanz. "Es ist für die Bank offensichtlich schwierig, dass Xaver Ostertag keinen Stallgeruch hat und nicht aus der Genossenschaft kommt."

Dass die Tage von Schmitz bei der Raiba womöglich gezählt sind, löst bei vielen Beobachtern und Mitarbeitern der Bank Kopfschütteln aus. Als der Niederpleiser den Chefsessel vor drei Jahren übernahm, sei die Raiba eigentlich ein Sanierungsfall oder ein typischer Fusionskandidat gewesen. Gegen eine Übernahme hatten sich Freckwinkel und Schmitz'' Vorgänger Herbert Manz immer energisch gewehrt.

Schmitz gelang es, mit seinen Mitarbeitern die Raiba in drei Jahren durch Umstrukturierung und Modernisierung aus einer wirtschaftlichen Schieflage wieder in eine stabile Ertrags- und Risikolage zu bringen. Das bestätigen sogar die Wirtschaftsprüfer des Genossenschaftsverbandes in ihren Berichten. Vor diesem Hintergrund seien, so eine Mitarbeiterin, die Vorgänge in der Bank "skandalös".

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