Streiks in Köln/Bonn und Düsseldorf Mit Flug-Chaos gegen Mini-Lohn

BONN · Streiken, wo es wehtut: Die Arbeitsniederlegung an den Personen- und Warenkontrollen der Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf hat am Freitag den Flugbetrieb deutlich behindert. Dabei gelten die Jobs, bei denen Reisende und Gepäckstücke auf gefährliche Gegenstände untersucht werden, in der Branche eigentlich als besonders begehrt.

Hier werden in der Regel mehr als zwölf Euro Stundenlohn gezahlt. Für den Aufstieg vom einfachen Wachdienst in die Personenkontrolle gebe es lange Wartelisten, heißt es von Mitarbeitern.

Mehr Geld fordert die Gewerkschaft Verdi vor allem für die nach Branchenangaben rund 17.000 Beschäftigten im Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen, die den Mindestlohn von 8,23 Euro pro Stunde erhalten. Einer von ihnen ist der Düsseldorfer Thomas Klein. Aus Angst vor der Kündigung will er seinen richtigen Namen nicht nennen. Auch er arbeitet am Flughafen, allerdings nicht in der Personen- und Warenkontrolle. Der Wachmann kontrolliert an einem Mitarbeitereingang Ausweise.

Dem General-Anzeiger schildert er seinen Arbeitsalltag: Als getrennt lebender Vater habe er im vergangenen Monat 980 Euro netto verdient, sagt er. "Damit kann man kein normales Leben führen, im Urlaub war ich mit meinem Sohn seit zwei Jahren nicht mehr." Üblich seien Arbeitsverträge mit "rund 160 Stunden im Monat", gezahlt werde nur die abgeleistete Zeit, je nach Dienstplan. Die Sicherheitsleute arbeiten jeweils sechs Tage und haben danach zwei Tage frei.

Die Frühschicht beginnt um vier Uhr morgens, die Spätschicht gegen 13 Uhr. "Die meisten Kollegen können sich kein Auto leisten und müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Flughafen kommen", sagt Klein. Da gerade zu der frühen Zeit nicht mehr viele Bahnen fahren, verbrächten Kollegen bis zu 13 Stunden am Tag am Flughafen bei acht Stunden reiner Arbeitszeit. Klein: "Die nehmen dann abends den letzten Zug und warten bis vier Uhr früh." Auch Klein musste sein Auto verkaufen.

"Eigentlich macht mir die Arbeit Spaß", sagt er. "Man hat viel Kontakt zu Menschen und es gibt immer neue Situationen." Es müsse aber auch "finanziell stimmen". Klein versucht, über Sonntags- und Feiertagszuschläge die Bezahlung aufzustocken. "Aber am Wochenende möchte ich auch mein Kind sehen", sagt er.

Die Branche
34.000 Menschen sind in Nordrhein-Westfalen bei privaten Sicherheitsdiensten beschäftigt, davon rund 2000 an Flughäfen. Bundesweit erwirtschaftet die Branche nach Verbandsangaben mit fast 180.000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von etwa fünf Milliarden Euro.

Die Sicherheitsfirmen seien vorwiegend Mittelständler, sagte Cornelia Okpara, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft. Die Aufgaben der angestellten Wachleute reichten von einfachen Tätigkeiten wie Sicherheitskontrollen in Museen bis hin zu anspruchsvollen Einsätzen, etwa bei der Werksfeuerwehr in Industrieanlagen. Die meisten Angestellten seien ungelernt, obwohl es seit 2002 einen Ausbildungsberuf "Fachkraft für Schutz und Sicherheit" gibt. Üblich sei eine etwa vierwöchige Fortbildung der ungelernten Angestellten vor ihrem Einsatz, so Okpara.

In Bonn gehört das Unternehmen Interschutz zu den Marktführern der Sicherheitsbranche. Vor rund einem Jahr hatte die Essener Dienstleistungsgruppe Kötter das Familienunternehmen übernommen, das auch Gebäudereinigung und Zeitarbeit anbietet. Die Firma Kötter wollte sich gestern auf Anfrage weder zum Standort Bonn noch zu ihren Arbeitsbedingungen äußern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort