Ausbildung in Bonn Mit Flüchtlingen gegen den Fachkräftemangel

Bonn · Der Tüv Rheinland bietet mit „Perspektive Schweißen“ ein Programm speziell für Geflüchtete an. Dieses Programm gliedert sich in drei verschiedene Module.

 Ein Schweißer arbeitet an einem Stahlsegment für einen Windradturm. Die Tüv Rheinland Akademie bildet Flüchtlinge zu Schweißern aus.

Ein Schweißer arbeitet an einem Stahlsegment für einen Windradturm. Die Tüv Rheinland Akademie bildet Flüchtlinge zu Schweißern aus.

Foto: picture alliance / Patrick Pleul

In seiner Heimat Afghanistan hat Fawad Noori (37) 15 Jahre lang als Schweißer gearbeitet. Einfach so. „Man geht dort ohne Ausbildung arbeiten, baut sich sein Geschäft selbst auf“, erklärt er, während er im Bonner Büro des Tüv Rheinland in Dransdorf sitzt. Als er vor zwei Jahren als Flüchtling nach Deutschland kam, musste er feststellen, dass es hier nicht ganz so einfach ist. „Ohne Ausbildung und Zeugnis geht in Deutschland nichts“, musste der vierfache Familienvater feststellen.

Um solch ein Zeugnis zu erhalten, nimmt Noori zusammen mit sieben weiteren Flüchtlingen am achtmonatigen Ausbildungsprogramm „Perspektive Schweißen“ der Tüv Rheinland Akademie teil. Dieses soll einerseits dem Fachkräftemangel entgegenwirken, andererseits Flüchtlinge unabhängig von Staatshilfen machen, erzählt Pascal Kromke von der Akademie. Der Kundenberater hat die Initiative federführend ins Leben gerufen. „Wir haben überlegt, in welchem Bereich Fachkräfte gesucht werden und was wir hier selber umsetzen können.“ 1000 Schweißerstellen seien in NRW aktuell unbesetzt, davon allein 400 in der Region Köln/Bonn.

Programm in drei Modulen

Konkret gliedert sich das Programm in drei Module. „Im Basismodul lernen die zukünftigen Schweißer, welche Verfahren und Gasarten es gibt, dazu berufsbezogenes Deutsch, damit sie auf der Baustelle auch kommunizieren können“, erklärt Kromke. Im zweiten Modul stehen die ersten Schweißverfahren auf dem Lehrplan; im dritten werden schließlich kompliziertere Verfahren erlernt und geprüft, damit die Absolventen in jedem Bereich arbeiten können.

Vor Beginn der Ausbildung im Februar hatte Noori gerade seinen A2-Deutschkurs bestanden. Seitdem habe er beim Tüv „viele Freunde gewonnen und Worte gelernt“. „Das hier ist sehr gut für mich und die anderen“, ist er sich sicher. Beim Arbeiten lerne man Deutsch besser als in der Schule. In zwei Monaten sind Noori und seine Kollegen fertig. Dann werden sie die vier wichtigsten Schweißverfahren beherrschen, was ihnen ein international anerkanntes Zertifikat bescheinigen wird. „Danach haben wir von einem Kooperationspartner, ein Arbeitgeber, direkt Einstellungszusagen“, sagt Kromke. Auf den neuen Arbeitsplatz freut Noori sich jetzt schon, sagt er.

In Dransdorf steht eine der größten Schweißerstätten der Region

Speziell der Standort Bonn habe sich als Ausbildungsstätte angeboten, da auf dem Dransdorfer Tüv-Gelände eine der größten Schweißerstätten der Region stehe, so Kromke. Mittlerweile hätten bereits einige weitere der 50 Standorte des Tüv Rheinland „Perspektive Schweißen“ in ihr Angebot aufgenommen. Geplant seien auch verwandte Programme wie „Per-spektive Pflege“ oder „ Lager“.

Das Deutschlernen klappe übrigens gut, sagt Kromke. Da die Teilnehmer aus unterschiedlichen Ländern wie Syrien und Albanien stammten, hätten sie nicht dieselbe Muttersprache. Deutsch sei also ihre einzige Möglichkeit für die Verständigung. Der Kundenberater lobt besonders „die Zuverlässigkeit und Motivation, die wir bei den Teilnehmern festgestellt haben“. Im August geht es deswegen gleich mit dem nächsten Jahrgang weiter. Dieser Rhythmus soll auch in Zukunft beibehalten werden.

Optimale Vorbereitung

Um die Teilnehmer optimal vorzubereiten, mussten sie vorher die Maßnahme „Arbeiten und Leben in Deutschland“ der Jobcenter und Arbeitsagentur absolvieren. Darin wurde ihnen vermittelt, wie man lernt und wie man mit deutschen Behörden umgeht. Ihre Talente und Berufserfahrung wurden überprüft, um das Programm zu finden, das am besten zu ihnen passt.

Nooris Asylverfahren läuft. Kromke geht davon aus, dass ein positiver Bescheid zurückkommt. Einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu haben, schadet jedenfalls nicht.

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