Bonner Firma Steep Mit der Bundeswehr ins Krisengebiet

Bonn · Ein Dransdorfer Unternehmen produziert für die Deutsche Bundeswehr. Zur Betreuung gehören Transport, Aufbau und Inbetriebnahme – auch in Krisengebieten.

 Seit Mitte des Jahres alleiniger Steep-Geschäftsführer: Peter Pützfeld.

Seit Mitte des Jahres alleiniger Steep-Geschäftsführer: Peter Pützfeld.

Foto: Barbara Frommann

Wer beim Bonner Dienstleistungsunternehmen Steep regelmäßig Bundeswehroffiziere herein- und herausgehen sieht, ahnt, dass die Truppe ein wichtiger Auftraggeber des Unternehmens ist. Seit über 40 Jahren erbringt die Steep GmbH über Rahmenverträge technische Unterstützungsleistungen für die Luftwaffe.

Beim Radarservice des Dransdorfer Unternehmens geht es um die Instandhaltung und Wartung von Radarsystemen. In den Werkstätten am Firmenhauptsitz an der Justus-von-Liebig-Straße reparieren die Experten defekte Komponenten. „Für ältere Systeme gibt es oft keine Originalersatzteile mehr“, berichtet Steep-Geschäftsführer Peter Pützfeld. In diesen Fällen würden die Ersatzteile selbst hergestellt. Seit mehr als 25 Jahren überprüft das Team der Steep GmbH alle zwei Jahre die Luftraumüberwachungsradarsysteme der Luftwaffe. Auch in anderen europäischen Ländern und im Nahen Osten machen die Mitarbeiter Flugvermessungen, Voraussetzung für die Inbetriebnahme eines Radarsystems.

Seit Mitte des Jahres ist Pützfeld alleiniger Geschäftsführer, nachdem Eigentümer Matthias Möseler sich aus der Geschäftsführung zurückgezogen hat. Möseler hat das Unternehmen 2012 vom britischen Mutterkonzern Serco übernommen. Das hat jetzt auch intern zu Veränderungen geführt: „Wir haben in der Organisation immer noch die Strukturen eines Großkonzerns abgebildet“, sagt Pützfeld. Das sei aber gar nicht mehr erforderlich, seit das Unternehmen selbstständig sei. Deshalb ist bei Steep in diesem Jahr eine Hierarchieebene gestrichen worden. „Die Mitarbeiter sollen sich zutrauen, unternehmerischer zu denken.“ Bei Managementtreffen wurden Führungsgrundsätze vereinbart.

„Wir hatten wirtschaftlich ein gutes Jahr“, sagt Pützfeld. Der Umsatz werde 2016 bei 84,8 Millionen Euro liegen, nachdem er im Vorjahr 81,3 Millionen Euro betragen hatte. Der Gewinn vor Steuern und Zinszahlungen (Ebit) werde voraussichtlich bei drei Millionen Euro liegen.

Um den Ausbau von Containern geht es bei einer anderen Säule des Unternehmens, bei der auch die Bundeswehr ein wichtiger Kunde ist. „In die Container integrieren wir Regale, Strom sowie Kälte- und Wärmetechnik“, erläutert Pützfeld. Häufig gehen sie dann zu Bundeswehreinsätzen in Krisengebiete. Zur Systembetreuung gehören Transport, Aufbau und Inbetriebnahme. Dabei gehen die Experten dahin, wo die Kunden sind: „Wir unterstützen bei Übungen und führen Wartungsarbeiten auch im Einsatzgebiet aus“, erläutert der Geschäftsführer. Die Container müssten auch bei sehr hohen und sehr niedrigen Temperaturen funktionsfähig sein.

Ähnlich belastbar müssen die mobilen Netze sein, die sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Umsatzbringer des Unternehmens entwickelt haben. Die Mitarbeiter entwickeln schnell einsatzfähige Kommunikationslösungen, die auch in Klimazonen bis 60 Grad Celsius funktionieren. Sicherheitserfordernisse wirken sich auch an anderer Stelle aus: „Immer häufiger werden auch Systeme mit Zugangskontrollen nachgefragt“, sagt Pützfeld.

Zivile Kunden stehen im Mittelpunkt des Geschäftsbereichs Training. Für die Mitarbeiter großer Autokonzerne führt Steep Schulungen durch und betreibt Ausbildungszentren. Auf dem Firmengelände befindet sich die Harley-Davidson-University. Dorthin kommen Mitarbeiter von Vertragswerkstätten der Mottoradfirma zu technischen Schulungen. Ein Selbstgänger ist dieser Bereich aber nicht: „Die Aufträge werden regelmäßig neu ausgeschrieben und oft sinkt bei einer Verlängerung die Gewinnmarge.“

Noch im Aufbau ist bei Steep die Abteilung für Cybersicherheit. IT-Dienstleistungen gehören schon länger zum Angebot. Dazu kommen auf den Kunden zugeschnittene Datenschutzkonzepte.

Über die Region hinaus bekannt ist Steep, weil das Unternehmen die Justizvollzugsanstalt im osthessischen Hünfeld betreibt. Dabei geht es um die Versorgung der Gefangenen, den Betrieb der Werkstätten sowie die sozialpsychologischen und medizinischen Dienste. Die Werkstätten gewinnbringend zu betreiben, ist nicht einfach: „Der Betrieb hat hohe Kosten“, sagt Pützfeld. In Hünfeld säßen viele Gefangene mit kürzeren Haftstrafen ein. Deshalb gebe es hohen Aufwand für die Einarbeitung. Die Gegangenen recyceln Bügel für den Handel oder bauen Steckdosen zusammen. Zwei neue Vertriebsmitarbeiter sollen jetzt für zusätzliche Aufträge sorgen.

689 Beschäftigte und 49 Mitarbeiter bei der Tochtergesellschaft Beta Tech hat Steep derzeit. „Wir haben den Personalstand ein bisschen aufgebaut.“

Eine große Belastung ist für das Unternehmen das frühere Betriebsrentensystem, das seit 2004 eingefroren ist. „Es sind extrem auskömmliche Altersversorgungspakete geschnürt worden“, sagt Pützfeld. Früher habe die Firma über 1000 Mitarbeiter gehabt. Als Möseler die Firma 2012 von der britischen Muttergesellschaft Serco übernahm, seien von 64 Millionen Euro Bilanzsumme 48 Millionen den Betriebsrenten zuzuordnen gewesen.

Das belaste die sonst völlig normale Eigenkapitalquote. Dadurch werde Steep schlecht bewertet und es komme vor, dass Lieferanten Vorauskasse forderten, obwohl das Unternehmen gesund sei. Geholfen habe ein neues Gesetz, dass der für die Bewertung der Betriebsrenten wichtige Durchschnittzinssatz nicht mehr über sieben, sondern über zehn Jahre berechnet werden könne. So sinke die heutige Bewertung der künftigen Zahlungen. „Wir müssen immer ein gutes Geschäft machen, damit wir die Belastung durch die Betriebsrenten tragen können.“ Andere Firmen, die auf schrumpfenden oder stark schwankenden Märkten tätig sind, könnten in existenzielle Nöte kommen. Nächstes Jahr werde Steep den Höhepunkt der Belastungen verzeichnen. Heute ist die Altersversorgung anders geregelt: 50 Euro monatlich zahlt der Arbeitgeber in eine externe Direktversicherung.

Starken Fachkräftemangel verzeichnet Steep bei IT-Experten. Um sie gebe es einen starken Konkurrenzkampf. Um hohe Kosten für externe Personaldienstleister zu vermeiden, habe Steep eine Personal-Recruiterin eingestellt, die auf die Suche nach hoch qualifizierten Fach- und Führungskräfte geht. Im Oktober gab es bereits zwölf Neueinstellungen.

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