Verbraucherschutz Mehr Verbraucherschutz im Internet

Bonn · Das Bundeskartellamt soll mehr Aufgaben erhalten. Die große Koalition will der Bonner Behörde zusätzliche Rechte bei Verstößen gegen Daten- und Verbraucherschutz im Internet geben.

Diese Ziele sollen in die Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aufgenommen werden, das sich gerade im Gesetzgebungsverfahren befindet. „Es gibt zwischen zivil- und strafrechtlichem Bereich eine Lücke, die wir schließen wollen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Heider, der für seine Fraktion die Verhandlungen führt, am Montag dem General-Anzeiger. Es gehe um „kollektiven Verbraucherschutz“. Für Streitigkeiten einzelner Verbraucher mit einem Anbieter sollen die Gerichte zuständig bleiben.

Das Kartellamt soll aber nur dann aktiv werden, wenn sich Probleme zu einem Massenphänomen entwickeln, das vielen Verbrauchern Probleme bereitet. Beispiele seien unzulässige Geschäftsbedingungen. Das Bundeskartellamt könnte dann solche Geschäftspraktiken per Anordnung untersagen. Sollte sich ein Internetanbieter nicht daran halten, drohten Geldbußen. Auch Gewinne, die durch solche Methoden erzielt werden, könnten abgeschöpft werden. Heider sieht einen passenden Fall aus der jüngeren Vergangenheit im Messenger Whatsapp, der seit einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Daten der Nutzer an Facebook weitergibt. Zudem soll das Kartellamt spezielle „Sektoruntersuchungen“ vornehmen können, um „neuartige Gefährdungslagen“ aufzuklären.

Während sich die große Koalition über die Grundlinie einig ist, gibt es Auffassungsunterschiede im Detail: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held stellt sich für die konkrete Arbeit der Wettbewerbshüter ein Bürgertelefon vor, über das Verstöße gemeldet werden können. Er sieht einen zusätzlichen Personalbedarf von 50 bis 100 Stellen für das Bundeskartellamt, wo bislang 350 Mitarbeiter tätig sind. Heider plädiert hingegen für eine „schlanke Lösung“. Die passenden Instrumente für die neue Aufgabe solle sich die Wettbewerbsbehörde selbst suchen. Im Haushalt 2017 seien keine zusätzlichen Stellen zu verankern. Deshalb solle das Kartellamt nach der Verabschiedung des Gesetzes mit seiner Arbeit beginnen: „Sollte sich dann zeigen, dass mehr Personal benötigt wird, dann können wir darüber sprechen.“

Die Folgen der Digitalisierung bilden einen Schwerpunkt im Gesetzentwurf für die GWB-Novelle, das bereits in der ersten Lesung im Bundestag war. Der Entwurf muss jetzt noch ergänzt werden.

Der Präsident der Bonner Behörde, Andreas Mundt, begrüßte die Pläne: „Im Kartellamt wäre eine schlanke Lösung möglich.“ Die Behörde kenne die digitalen Märkte und könne auf vorhandenem juristischen und ökonomischen Know-how aufbauen. „Dass Wettbewerbsbehörden dafür die richtige Instanz sein können, zeigen die Beispiele vieler anderer Länder, die die Befugnisse ihrer Kartellbehörden auch um vergleichbare Kompetenzen erweitert haben“, so Mundt.

Auch die Grünen signalisierten am Montag Zustimmung: Nach Auffassung von Renate Künast, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, und Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik, gehen die Pläne in die richtige Richtung, greifen aber noch zu kurz: „Der Vorschlag, Bürgerbeschwerden beim Bundeskartellamt zu sammeln, ist sinnvoll. Er sollte aber nicht auf die Internetwirtschaft beschränkt sein."

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