Jahresbilanz des Arbeitsmarktes in der Region Mehr Flüchtlinge auf der Suche nach Jobs

Bonn · Die Arbeitsagentur und die Jobcenter in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis halten Qualifizierung für wichtig und bieten Arbeitgebern Kooperationen an.

Die ersten Anlaufstellen für Flüchtlinge zur Beratung und Vermittlung in Arbeit sind jetzt auch mit Hilfe von Youtube-Videos zu finden. Auf Persisch, Arabisch, Englisch und Französisch erklären Flüchtlinge anderen Flüchtlingen, mit welchen Buslinien sie zu den „Integration Points“ kommen und welche Hilfe sie dort erwarten können. „Die meisten Flüchtlinge haben ein Smartphone“, erläutert der Sprecher der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, Lars Normann, das Vorgehen bei der Informationskampagne. Deshalb seien Flüchtlinge über Kanäle wie Youtube gut zu erreichen.

In den „Integration Points“ sind Mitarbeiter der Agentur für Arbeit, der Jobcenter und des Ausländeramtes beschäftigt. Für Flüchtlinge, die ihre Unterkunft im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis haben, ist der Anlaufpunkt in Troisdorf. Für den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis ist er in der Agentur für Arbeit an der Villemombler Straße in Bonn und für Flüchtlinge, die in Bonn untergebracht sind, beim Jobcenter an der Rochusstraße.

Insgesamt sind derzeit in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis 5592 (Vormonat 5266) geflüchtete Menschen auf Arbeitssuche. Ein Teil von ihnen ist aber derzeit noch in Sprach- und Qualifikationskursen, so dass 2415 (Vormonat: 2262) Flüchtlinge als arbeitslos gelten und wirklich für eine sofortige Vermittlung zur Verfügung stehen.

Eine assistierte Ausbildung, unterstützt durch einen Coach

„Jetzt geht es darum, die geflüchteten Menschen, die nun anerkannt sind und auch bereits den Integrationskurs besucht haben, für die Ausbildung und Arbeit zu qualifizieren“, sagte am Dienstag Marita Schmickler-Herriger, Leiterin der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, auf der gemeinsamen Jahresbilanz mit den Jobcentern Bonn und Rhein-Sieg. Für Arbeitgeber gebe es Kooperationsmodelle zur verzahnten Integrationsarbeit. Dazu gehört die assistierte Ausbildung, bei der die Jugendlichen durch einen Coach unterstützt werden.

„Der Weg, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen, ist länger als gedacht“, meinte Ralf Holtkötter, Geschäftsführer des Jobcenters Rhein-Sieg. Es gehe dabei nicht nur um das Lernen der deutschen Sprache. Der Anteil der Flüchtlinge, die das lateinische Schriftsystem kennen, auf der die deutsche Sprache basiert, sei niedriger als zunächst erwartet. „Wir werden in Qualifizierung investieren müssen“, sagte Holtkötter.

Während die Arbeitslosigkeit in der Region Bonn/Rhein-Sieg deutlich sank, ist die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen angestiegen. In 2016 gab es im Jahresdurchschnitt insgesamt 2755 arbeitslose Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Das ist ein Plus von 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Schmickler-Herriger: „Wir führen den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit insbesondere auf den Zuzug junger geflüchteter Menschen zurück, die einen Einstieg in den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt suchen.“

Die Hälfte der Flüchtlinge ist jünger als 35 Jahre

Wie Günter Schmidt-Klag sagte, sei die Hälfte der Flüchtlinge jünger als 35 Jahre. Viele der geflüchteten Menschen wollten möglichst schnell arbeiten gehen, sagte Manfred Kusserow, Geschäftsführer bei der Agentur für Arbeit. Bei den jüngeren versuche man, das deutsche System der Berufsausbildung bekannter zu machen, das in den Herkunftsländern nahezu unbekannt sei. Den Wert einer Ausbildung deutlich zu machen, sei schwierig, wenn die Familie im Herkunftsland finanzielle Forderungen an den Flüchtling stelle.

Während Schmickler-Herriger für den Arbeitsmarkt der Region auch für das kommende Jahr von einer stabilen Entwicklung ausgeht, rechnet die Agentur für Arbeit 2017 für Nordrhein-Westfalen mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Ausschlaggebend dafür sei, dass nun immer mehr Flüchtlinge auf die Suche nach einem Arbeitsplatz gingen. Im laufenden Jahr ging die Zahl der Arbeitslosen in NRW um 0,3 Prozentpunkte auf 7,7 Prozent zurück. Sorgen bereitet der Arbeitsagentur der Ausbildungsmarkt in NRW. Hier verzeichnete die Behörde zum fünften Mal in Folgen einen Rückgang bei der Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Nur in Berlin sei das Verhältnis zwischen gemeldeten Ausbildungsstellen und Bewerbern noch schlechter als in NRW.

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