Personalberater Männer tricksen, Frauen stapeln tief

KÖNIGSWINTER · Wer Chef werden will, hat es nicht leicht. Wer einen Chef sucht, offenbar auch nicht. Immer weniger Fach- und Führungskräfte seien bereit, den Arbeitgeber zu wechseln, klagten am Mittwoch Vertreter des Bonner Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU). Auf dem Petersberg traf sich die Headhunter-Branche zur Jahrestagung, und der Verband stellte seine Studie "Personalberatung in Deutschland" vor.

 Änhänger des Papier-Zeitalters haben mittlerweile Probleme, eine Führungsposition zu ergattern.

Änhänger des Papier-Zeitalters haben mittlerweile Probleme, eine Führungsposition zu ergattern.

Foto: dpa

"Wir haben derzeit einen Beschäftigungshöchststand, der kaum zu übertreffen ist", schilderte BDU-Vizepräsidentin Regina Ruppert die Ausgangslage. Gerade für Mittelständler in der Provinz werde es immer schwieriger, Führungskräfte und Experten für sich zu gewinnen.

Selbst 10.000 Euro mehr Jahresgehalt reichten meist nicht aus, um Wunschkandidaten vom Jobwechsel zu überzeugen. "Eine immer größere Rolle spielen die beruflichen Chancen für den Ehepartner oder das neue Umfeld für die Kinder", sagte die Personalberaterin. "Da müssen sich einige Arbeitgeber noch dran gewöhnen."

Offenbar scheuen vor allem Frauen den Ortswechsel. "Sie erkundigen sich meist als erstes nach dem Standort", hat Ruppert festgestellt. Als nächstes interessieren Bewerberinnen in der Regel die Inhalte des potenziellen neuen Jobs, plauderten die Berater aus dem Nähkästchen.

"Über Gehalt reden Frauen ungern, oft nehmen sie Vorschläge des Arbeitgebers ohne zu verhandeln an", sagte Wolfram Tröger, Vorsitzender des Fachverbandes Personalberatung im BDU. "Eine falsche Bescheidenheit", findet Tröger. Er habe Unternehmen schon zu einem höheren Angebot geraten, damit die frisch angestellte Chefin nicht mit einem realistischeren Gehaltsvorschlag von der Konkurrenz abgeworben werde.

Über zu wenig Interesse an Geld beklagten sich die Headhunter bei den männlichen Kandidaten nicht. "Hier geht es in den Erstgesprächen in der Regel direkt um Gehalt, Dienstwagen und Hierarchiestufe", weiß Tröger. "Danach entscheidet sich, ob weitere Verhandlungen Sinn machen.

" Nicht immer seien hohe Forderungen jedoch begründet. Vor allem bei männlichen Bewerbern für gehobene Positionen seien gefälschte Lebensläufe mittlerweile ein Problem, "um das sich der Verband gerade kümmert". Auch um solchen Tricksereien auf die Spur zu kommen, setzt die Branche verstärkt auf sogenannte eignungsdiagnostische Testverfahren.

Mit aufwendigen psychologischen Untersuchungen wollen die Personalberater auch hinter die Fassade begnadeter Selbstdarsteller blicken. "So können wir sicherstellen, dass Bewerber und Arbeitgeber auch wirklich zueinander passen", sagte Tröger.

Gefragt seien derzeit vor allem Fachkräfte, die sich in der digitalen Welt auskennen, so die Verbandsexperten. Dabei gehe es nicht vorrangig um technische Fähigkeiten. "Das Internet hat viele Prozesse stark beschleunigt und Kommunikationswege vereinfacht", so Ruppert.

"Da müssen die Manager und Experten heute mithalten, das erfordert höhere intellektuelle Fähigkeiten als bisher." Wer den digitalen Anschluss verpasst hat, gilt bei den Kopfjägern der Beraterbranche wahlweise als "old elephant" oder "paper native". Diese "alten Elefanten" und "Angehörigen des Papier-Zeitalters" werde es weiter geben, so die Berater. Doch ihre Verhandlungsposition im Gehaltspoker dürfte nicht die beste sein.

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