Poststreik in Bonn und der Region Liebesbriefe bleiben liegen

BONN · Ob Glückwunschkarte an die Oma oder handgeschriebener Liebesbrief - es sind immer weniger Anlässe, bei denen die Deutschen noch zu Stift und Umschlag greifen. Während des Poststreiks werden wohl gerade diese Kuverts länger unterwegs sein.

 Der Briefkasten bleibt leer: Durch den Poststreik werden Sendungen verspätet ausgeliefert.

Der Briefkasten bleibt leer: Durch den Poststreik werden Sendungen verspätet ausgeliefert.

Foto: dpa

Denn im Gegensatz zum Versand geschäftlicher Sendungen gibt es für Privatbriefe kaum noch Alternativen zur Post - vor allem in der Region Köln/Bonn - in direkter Nachbarschaft zum Bonner Post-Tower - wagt sich offenbar kein Wettbewerber mehr an den "gelben Riesen" heran.

"In Bonn gibt es gar keine privaten Briefzusteller", räumt die "Mailalliance" ein, ein Zusammenschluss privater Briefzusteller, deren gemeinsames Angebot nach eigenen Angaben 70 Prozent des Bundesgebiets abdeckt. In Köln ist mit Postcon, einer Sparte des niederländischen Konzerns TNT, zumindest ein privater Briefzusteller für Geschäftskunden unterwegs. Postcon ist nach eigenen Angaben mit 80 Prozent Haushaltsabdeckung der größte alternative Briefdienstleister in Deutschland. Private Briefe befördert er nicht. "Das Segment ist mit vier Prozent des gesamten Briefaufkommens einfach zu klein", sagt eine Sprecherin.

Allein im Bergischen Land nimmt ein kleinerer Anbieter den Zusteller-Wettbewerb mit der Post auf. Die Bergische Post hat ihren Sitz in Engelskirchen. Privatkunden können ihre Briefe zu 57 Cent Porto in drei Zeitschriftenläden in der Region abgeben. Während das Familienunternehmen in der Region selbst ausliefert, arbeitetet es bei größeren Entfernungen mit dem Netzwerk Mailalliance zusammen. Die Bergische Post gibt eigene Briefmarken heraus mit Motiven wie der katholischen Kirche in Engelskirchen. "Für Sammler ist das sehr interessant", sagt Mitbegründer Klaus Olpen, dessen Tochter die Bergische Post übernommen hat.

In anderen Regionen konnten die Post-Wettbewerber ein größeres Netzwerk aufbauen. In Berlin etwa hat die private Pin Mail AG nach eigenen Angaben 350 eigene Briefkästen aufgestellt, unter anderem in Kaiser's Supermärkten. Sie liefert Sendungen zusammen mit Partnerunternehmen in den neuen Bundesländern aus, in den Westen funktioniert der Briefverkehr nur teilweise. Dafür sparen die Pin-Kunden. Ein Standardbrief kostet hier nicht wie bei der Post 62 Cent, sondern 58 Cent.

Für Werbepost von Geschäftskunden gelten in der Regel andere Preise, und sie sind es, die den privaten Briefzustellern das Auskommen sichern. Dabei bewegt sich in der Branche seit Jahren wenig. "Der Markt für lizenzpflichtige Beförderungsdienstleistungen wird von der Deutsche-Post-Gruppe übermächtig beherrscht", stellt die Bonner Bundesnetzagentur fest, die auch die Lizenzen vergibt.

16 Milliarden verschickte Briefe

Die Erlaubnis braucht, wer Briefe bis 1000 Gramm ausliefern will. Etwa jeden zehnten der bundesweit rund 16 Milliarden verschickten Briefe beförderte laut Netzagentur im Jahr 2013 einer der rund 600 Post-Wettbewerber. Mehr als die Hälfte dieser Zusteller seien kleinere Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 100 000 Euro im Jahr, bei denen oft nur der Inhaber und wenige Beschäftigten arbeiteten, so die Bonner Behörde in ihrem Jahresbericht 2014 weiter.

Vor einigen Jahren sah die Branche noch anders aus: 2005 wurde im Rheinland der Zustelldienst West Mail gegründet, drei Jahre später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Post musste ihre eigene Billigtochter First Mail 2011 vom Markt nehmen. Wettbewerbshüter hatten kritisiert, dass der Monopolist seinen noch jungen Wettbewerbern mit deren eigenen Methoden den Umsatz wieder abjagen wollte.

Die Post-Konkurrenten fühlen sich ohnehin von dem Bonner Platzhirsch übervorteilt. "Im Interesse einer leistungsstarken, kundenorientierten Brieflogistik müssen Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden deshalb dafür sorgen, dass regionale und temporäre Preisunterbietungen mit dem alleinigen Ziel der Verdrängung von Wettbewerb unterbleiben", forderte der Vorsitzender des Bundesverbands Briefdienste, Walther Otremba, unlängst mit Blick auf den Bonner Konzern.

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