Mit Kran und Förderschnecke Lange Nacht der Industrie in Bonn und Rhein-Sieg-Kreis

Bonn · Erstmals öffnen auch Industrieunternehmen aus Bonn und der Region ihre Werkstore für die Besucheraktion. Das gab es zu sehen.

 Viele junge Besucher verschafften sich einen Einblick in die Welt der Industrie.

Viele junge Besucher verschafften sich einen Einblick in die Welt der Industrie.

Foto: Meike Böschemeyer

Susanne Kremeier ist für die Lange Nacht der Industrie aus Düsseldorf nach Sankt Augustin gekommen. Die blank polierten Förderschnecken aus Stahl und die aufwendigen 3D-Animationen in der Forschungsabteilung des Kunststoffmaschinenbauers Kuhne sind für die Unternehmensberaterin die Anreise wert: „Ich habe selber mal in der Branche gearbeitet“, sagt sie. „Jetzt freue ich mich über jede Gelegenheit, die Verbindung zur Produktion zu halten.“

Gemeinsam mit rund 460 anderen Besuchern konnte Kremeier am Donnerstagabend einen Blick hinter die Werkstore von Industriebetrieben in der Region werfen. Erstmals haben sich Unternehmen aus dem Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg an der bundesweiten Aktion beteiligt. Die Resonanz war groß: „Die Plätze und die sechs kostenlosen Bustouren waren weitgehend ausgebucht“, teilte die IHK mit. Deshalb soll es im kommenden Jahr eine Fortsetzung der Veranstaltung mit weiteren Unternehmen geben.

Für die Betriebe ist der abendliche Besuch nicht zuletzt Imagepflege: „Wir können doch nicht immer nur über Fachkräftemangel jammern und uns gleichzeitig nicht öffnen“, sagt der Sankt Augustiner Unternehmer Peter Kuhne, der die Lange Nacht der Industrie in der Region mit der IHK initiiert hat. Und in der Tat haben viele junge Besucher die Gelegenheit genutzt, sich einen Einblick in die Arbeitswelt zu verschaffen. Zwei Maschinenbau-Studenten aus einem dualen Studiengang der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg betrachten die Werkstücke in den Kuhne-Hallen besonders interessiert. Ihre Namen möchten sie lieber nicht nennen – „sonst denkt unser Ausbildungsbetrieb noch, dass wir uns wegbewerben wollen.“

Schüler bewundern einen Kran

Vor dem Gebäude des Maschinenbauers steht eine Schülergruppe des Bonner Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums mit bewundernden Blicken vor dem 50 Meter hohen fahrbaren Kran des Bornheimer Schwertransport-Unternehmens Viktor Baumann. „Dass das Interesse so groß ist, hätte ich nicht gedacht“, sagt Kranfahrer Dennis Pischel, der jede Detailfrage zu dem Koloss beantworten kann. „Ich habe ja selber mit 16 Jahren in der Firma angefangen“, sagt er.

Bei der Premiere in Bonn und Umgebung war das Angebot abwechslungsreich: Die Besucher konnten unter anderem bei der Grafschafter Krautfabrik einen Einblick in die Produktion von Rübenkraut erhalten, bei Kautex Textron in Holzlar erfahren, wie ein Autotank entsteht, oder bei der Rheinbacher DSG Canusa miterleben, wie so genannte Schrumpfschläuche als schützende Kabelhüllen aus Kunststoff produziert werden. Als kommunale Unternehmen öffneten die Bonner Müllverbrennungsanlage und die Sortieranlage für Altpapier der Rhein-Sieg Abfallgesellschaft (RSAG) ihre Tore für Gäste.

Bundesweite Aktion seit 2008

Die Lange Nacht der Industrie findet seit 2008 bundesweit in verschiedenen Regionen statt. Die Initiative „Zukunft durch Industrie e.V.“ will mit den Besichtigungstouren den Austausch zwischen Unternehmen und Bürgern fördern. Die zwölf Unternehmen aus dem IHK-Bezirk Bonn/Rhein-Sieg waren nun Teil der Langen Nacht der Industrie Rhein-Ruhr, bei der insgesamt 93 Industrieunternehmen ihre Türen für Besucher öffneten. 59 Bustouren standen an Rhein und Ruhr zur Auswahl.

„Meist wissen die Menschen ja nicht, was hinter der Fassade eines Fabrikgebäudes steckt“, sagt Unternehmer Kuhne. Und das sei schade. Wer in seinem Betrieb zu Besuch war, weiß nun, dass fast die Hälfte der europäischen Joghurtbecher auf Maschinen aus Sankt Augustin hergestellt werden. Und dass Tüftler dort Maschinen für eine Verpackungsfolie für Fleisch und Wurst entwickelt haben, die aus 13 verschiedenen Lagen besteht, trotzdem hauchdünn ist und dafür sorgt, dass sich Lebensmittel deutlich länger halten.

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