GA-Serie Mindestlohn (Teil 3) Längerer Anspruch auf Mindestlohn

BONN · Der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde gilt seit dem 1. Januar 2015 grundsätzlich in jedem Arbeitsverhältnis. Ausnahmen von diesem Grundsatz haben wir in Teil I dieser Serie vorgestellt.

 Acht Euro und fünfzig Cent auf die Hand? Der Mindestlohn ist brutto. Netto bleibt weniger.

Acht Euro und fünfzig Cent auf die Hand? Der Mindestlohn ist brutto. Netto bleibt weniger.

Foto: dpa

Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns einfordern.

Dies gilt gegenüber deutschen und gegenüber ausländischen Arbeitgebern, solange die Beschäftigung in Deutschland ausgeübt wird. Für Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt werden, gilt das deutsche Mindestlohngesetz nicht.

Arbeitgeber schulden den gesetzlichen Mindestlohn spätestens zum Ende des Monats, der auf den Arbeitsmonat folgt. Arbeitnehmer können ihren Anspruch außergerichtlich geltend machen, aber auch gerichtlich einklagen. Die gerichtliche Geltendmachung muss nicht unmittelbar, sondern kann bis zur regelmäßigen Verjährungsgrenze erfolgen. Der Lohnanspruch kann also noch drei Jahre nach Abschluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, geltend gemacht werden.

Häufig sehen Arbeitsverträge vor, dass Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend zu machen sind und sonst verfallen (sogenannte Verfall- oder Ausschlussfristen). Solche Klauseln erfordern ein schnelles Handeln, damit Ansprüche nicht verloren gehen. Sofern eine Verfall- oder Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag enthalten ist, gilt diese jedoch nicht für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Dies regelt das Mindestlohngesetz ausdrücklich.

Selbst nach Ablauf der Verfall- oder Ausschlussfristen kann der Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn einfordern und bei Bedarf einklagen. Verfall- oder Ausschlussfristen, die sich ausdrücklich auf den Mindestlohnanspruch erstrecken, sind unwirksam.

Auch Arbeitgeber, die mit ihren Arbeitnehmern einen Stundenlohn vertraglich vereinbaren, der unterhalb von 8,50 Euro brutto liegt, sind zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verpflichtet. Sie können dieser Verpflichtung nicht durch den Abschluss von Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern entkommen. Solche Abreden sind ebenfalls unwirksam. Der Gesetzgeber möchte Arbeitnehmer davor schützen, sich aus Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes auf einen sittenwidrig niedrigen Lohn einzulassen. Der gesetzliche Mindestlohn soll die untere Grenze der Lohngestaltung bilden.

An die Stelle der unwirksamen Vereinbarung tritt auch nicht etwa automatisch der Mindestlohn von 8,50 Euro brutto, sondern der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ist nach dem üblichen Arbeitsentgelt für die Tätigkeit zu bestimmen. Dieses übliche Arbeitsentgelt kann deutlich höher liegen als der gesetzliche Mindestlohn, etwa wenn Tarifverträge für bestimmte Berufsgruppen konkrete Vergütungsregelungen enthalten.

Die richtige Lohnhöhe kann der Arbeitgeber also nicht einseitig festlegen, sondern sie ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelfall zu ermitteln, was sich als kompliziert und streitanfällig erweisen kann. Der Arbeitnehmer hat in diesen Fällen einen Anspruch auf Nachzahlung der Vergütungsdifferenz zur richtigen neuen Vergütungshöhe.

Erfüllt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nicht oder nicht rechtzeitig, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann.

Verena Fausten ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Bonn. Die dreiteilige GA-Serie erläuterte, wer den Mindestlohn fordern kann, wie er berechnet wird und wie man ihn durchsetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Viel Potenzial bei Ungelernten
Kommentar zur Arbeitslosenquote Viel Potenzial bei Ungelernten
Zum Thema
Aus dem Ressort