Schwerer Vorwurf Kritik an Grießls Wahl zum IHK-Präsidenten

Bonn · Der Bundesverband für freie Kammern wirft der IHK Bonn/Rhein-Sieg vor, Wahlbekanntmachungen gefälscht zu haben.

 Wolfgang Grießl

Wolfgang Grießl

Foto: barbara frommann

Der Vorwurf wiegt schwer: "Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg fälscht Wahlbekanntmachungen." Das behauptet Kai Boeddinghaus, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes für freie Kammern (bffk). Er kritisiert vor allem die Wahl des amtierenden Kammer-Präsidenten Wolfgang Grießl, die mittlerweile fast vier Jahre zurückliegt.

"Die IHK hat nachträglich Wahlbekanntmachungen fabriziert, um die rechtswidrig erlangten Mandate der zugewählten Mitglieder der Vollversammlung und insbesondere den Präsidenten abzusichern", sagt Boeddinghaus. "Es ist erstaunlich, mit wie wenig Anstand und mit wie viel krimineller Energie die Führung der IHK Bonn/Rhein-Sieg versucht, nachträglich gravierende Fehler zu vertuschen", so Boeddinghaus.

Anfang 2012 stellte sich folgende Situation dar: Der damals bereits amtierende Präsident Wolfgang Grießl wurde für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt, obwohl dieser zunächst seinen Sitz in der Vollversammlung verfehlt hatte. Dieser Sitz ist aber Voraussetzung dafür, um überhaupt als Präsident gewählt zu werden. Da es bis zuletzt keinen Gegenkandidaten für das Ehrenamt gegeben hatte, wurde Grießl, der hauptberuflich Geschäftsführer und Gründer der Bonner Phoenix Software GmbH ist, zugewählt.

Die Kritik an der Wahl und an den Wahlbekanntmachungen weist die Bonner IHK entschieden zurück: "Die IHK Bonn/Rhein-Sieg hat nach bestem Wissen und Gewissen und im Einklang mit ihrer aktuellen Wahlordnung mittelbare Wahlen durchgeführt. Die Wahlordnung wurde seinerzeit von der Rechtsaufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen geprüft und genehmigt", teilte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille auf Nachfrage mit. Manipulierte Wahlbekanntmachungen habe es nicht gegeben.

Hille: "Die Wahlordnung der IHK Bonn/Rhein-Sieg schreibt Wahlbekanntmachungen bei den unmittelbaren Wahlen vor. Diese erfolgten ordnungsgemäß. Weder Wahlbekanntmachungen noch der Einsatz eines Wahlleiters sind gemäß der Wahlordnung der IHK Bonn/Rhein-Sieg bei mittelbaren Wahlen vorgesehen.

Da sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung durchsetzte, dass die kammerzugehörigen Unternehmen auch über die Ergebnisse mittelbarer Wahlen zu informieren seien, hat die IHK diese Meldungen nachträglich vorgenommen." Nach Angaben der IHK hat im vergangenen Monat ein IHK-Mitgliedsunternehmen Einspruch bei der IHK und Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen die mittelbaren Wahlen eingelegt, die es in der laufenden Legislaturperiode seit 2012 gegeben hat. Im Juni dieses Jahres hat zudem das Bundesverfassungsgericht gegen mittelbare Wahlen in einer anderen IHK geurteilt.

Die Richter legten fest, dass auch die zuzuwählenden Sitze schon im Vorhinein einer Branche zuzuweisen sind. "Die IHK Bonn/Rhein-Sieg war nicht Adressat des Urteils. "Es gab bislang für uns keinen Grund, unsere bis dahin rechtskonforme Praxis in der laufenden Legislaturperiode infrage zu stellen", sagt Hille. Allerdings räumt Hille ein, dass man bereits im Juni beschlossen habe, die Wahlordnung der Bonner Kammer zu überarbeiten und der neuen Rechtsauffassung anzupassen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatte zumindest in Heilbronn Folgen: Der dortige IHK-Präsident und weitere Mitglieder der Vollversammlung traten zurück. Örtliche Medien ordneten den Rücktritt so ein: "Die Rechtmäßigkeit seiner Zuwahl ins Gremium hätte nach dem Urteil leicht angegriffen werden können, weil die Wahlordnung bei den Zugewählten keine Zuordnung zu den einzelnen Wahlgruppen vorsah."

Ein ähnliches Verfehlen sieht der bffk auch im Fall der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Hille winkt ab: "Die geprüfte und genehmigte Wahlordnung der IHK Bonn/Rhein-Sieg sieht ein Wahlgruppenverhältnis bei der mittelbaren Wahl nicht vor." Und auch grundsätzlich sieht IHK-Hauptgeschaftsführer Hille das Mandat Grießls und dessen Ehrenamt als Präsident nicht infrage gestellt: Grießl sei mittlerweile unmittelbar gewähltes Mitglied der Vollversammlung, weil er für ein vorzeitig ausgeschiedenes unmittelbar gewähltes Mitglied nachgerückt sei.

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