Start-up aus der Region Kölner gründen Hotel ohne Rezeption und Servicepersonal

Köln · Das Unternehmen Koncept Hotel in Köln setzt auf junge Technik-affine Gäste. Eine Rezeption und Servicepersonal gibt es nicht mehr.

Der ungewöhnliche Name des ersten Koncept Hotels „Zum kostbaren Blut“ ist der Vergangenheit des Gebäudes geschuldet: Ein gleichnamiger Schwesternorden verrichtete hier bis 2013 wohltätige Arbeit.

Der ungewöhnliche Name des ersten Koncept Hotels „Zum kostbaren Blut“ ist der Vergangenheit des Gebäudes geschuldet: Ein gleichnamiger Schwesternorden verrichtete hier bis 2013 wohltätige Arbeit.

Foto: Nadine Klees

In der Betreffzeile der Buchungsbestätigung steht: „Schön, dass du mit uns schläfst“. So begrüßt das Koncept Hotel „Zum kostbaren Blut“ in Köln auf elektronischem Weg seine Gäste. Für Geschäftsführer Martin Stockburger gehört das zum Programm „frisch, frech und persönlich“. Genauso wie das Duzen der Gäste und die bunten und ausgefallenen Details auf den Zimmern. Zur Standardausstattung gehört ein Plattenspieler. Die Schallplatten kauft Stockburger auf dem Flohmarkt. Die Zielgruppe ist jung, eigentlich will der gebürtige Schwarzwälder diejenigen ansprechen, die eigentlich eher mit Airbnb reisen und Technik-affin sind. Dazu passend kann der Gast von der Buchung über Check-in bis zur Bezahlung alles per App regeln. Dafür wurde das junge Unternehmen bereits mit dem Digital Leader Award ausgezeichnet. Was es in dem Hotel dafür nicht mehr gibt: eine Rezeption und Servicepersonal.

Wer das Hotel betritt, steht in einem Hausflur. Über eine Treppe oder den Aufzug gelangen die Gäste direkt zu ihren Zimmern. Die Türen öffnen sie mit dem Smartphone. „Man braucht keinen Rezeptionisten, wenn die Kommunikation mit dem Gast trotzdem gut ist“, findet der Gründer. Die erfolgt meist per E-Mail oder Whatsapp. Auf den Zimmern findet der Gast aber auch eine Notfallnummer, falls er beispielsweise ein frisches Handtuch braucht. Darum kümmern sich dann entweder die Betriebsleiterin des Hotels oder der Service des Reinigungsunternehmens, das für Koncept Hotels arbeitet. Beide befinden sich allerdings nicht im Haus.

Dass die Gäste das Konzept annehmen, zeigt die Auslastung, die nach eigenen Angaben im Mai und im Juni bei über 90 Prozent lag. Ansonsten liege die Auslastung bei Hotels mit drei bis vier Sternen im Schnitt bei 70 Prozent, erklärt der Marketingexperte, der unter anderem bereits als Hotelmanager für das Althoff Grandhotel Schloss Bensberg tätig war.

Einzelzimmer ab 59 Euro

Für Stockburger ist Koncept Hotels, das er gemeinsam mit drei weiteren stillen Gesellschaftern betreibt, auf die Bedürfnisse der jungen Generation zugeschnitten: Mit nur 20 Zimmern kleiner und individueller als große Hotels und professioneller als Airbnb. Wenn der Gründer über seine Idee spricht, geht es auch um die Probleme der Hotelbranche: Wie schwer es ist, gutes Personal zu finden und zu halten weil Arbeitszeiten und Bezahlung unattraktiv seien. Dass die Plattform Airbnb den Hoteliers das Leben schwer mache und dass die Gäste in die Innenstädte wollten, es aber keine Flächen mehr für Hotels gebe. Er sieht in seinem Konzept die Antwort darauf und will es ausbauen: Derzeit würden drei weitere Hotels gebaut, zwei in Köln, eins in Aachen. Ende des kommenden Jahres will der Gründer auch in Bonn eröffnen, der Standort sei bereits ausgesucht, er verrät allerdings nur so viel: „Absolute Innenstadtlage.“ Bis 2020 solle es 20 Hotels insgesamt geben, berichtet Stockburger von seinen ambitionierten Plänen.

Die Zimmerpreise schwanken je nach Zeitpunkt der Buchung oder ob gerade eine Messe in Köln ist. Das günstigste Einzelzimmer gebe es ab 59 Euro, erklärt Stockburger. Für ein Doppelzimmer mussten Gäste aber auch schon deutlich mehr zahlen. Der höchste Preis habe bei 580 Euro gelegen. Laut Internetseite bewegt sich die Standardrate für ein Doppelzimmer je nach Zimmergröße meist zwischen 109 und 139 Euro. Die Preise variieren ähnlich wie bei Airlines und der Bahn je nach Buchungszeitpunkt: Kurzfristig werden die Zimmer teurer. Den Jahresumsatz beziffert Stockburger auf 600.000 Euro.

Zum Hotel selbst gehört zwar keine Gastronomie, dennoch gibt es ein Café im Erdgeschoss, wo Gäste nicht nur frühstücken, sondern auch per App etwas aufs Zimmer ordern können.

Der Gründer erklärt, dass es bei der Planung gar nicht darum ging, bisherige Services unbedingt digital anzubieten. Aber seine Zielgruppe möge es kleiner und individueller. Das Problem: Kleine Hotels mit Personal könnten meist bei vernünftigen Löhnen keinen Gewinn erwirtschaften. So war das Einsparen des Personals eher dem Konzept geschuldet. Und Geld gibt er dann lieber für fair produzierte Seife oder Wäschesäcke aus.

Ganz ohne Menschen funktioniert das Hotel dann aber doch nicht. Die Reinigungskräfte einer externen Firma müssen immer noch persönlich kommen, um Bettlaken und Handtücher zu wechseln.

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