Flugsicherheit Köln/Bonn überprüft nach Panne Abläufe

Bonn · Köln/Bonn nennt „fehlerhafte Anwendung des Redaktionssystems “ als Ursache für die ungewollte Veröffentlichung. Der Flughafen hatte bereits am Mittwoch versichert, dass es sich bei dem Dokument „nicht um den detaillierten Notfallplan des Flughafens, sondern nur um einen Auszug daraus“ handele.

Am Boden gelingt es einer Polizistin in Zivil, den Sicherheitscheck zu umgehen, in der Luft kann offenbar eine ferngesteuerte Drohne in hochsensible Kontrollzonen eindringen. Mängel bei Kontrollen von Gepäck und Fluggästen, und nun öffentlich zugängliche Notfallpläne unter anderem für Bedrohungslagen im Internet: Die Pannenserie am Köln Bonner Flughafen reißt nicht ab.

Fieberhaft hat die Flughafengesellschaft gestern Ursachenforschung betrieben. Am Nachmittag nahm die Gesellschaft Stellung: „Grund für die öffentliche Verfügbarkeit eines internen Dokuments im Internet war die fehlerhafte Anwendung des internen Redaktionssystems. Der Flughafen hat sichergestellt, dass eine solche fehlerhafte Anwendung künftig ausgeschlossen ist“, hieß es. „Wir bedauern die fehlerhafte Anwendung und haben sofort reagiert. Der Notfallplan des Flughafens ist weiterhin gültig“, sagte Flughafenchef Michael Garvens.

Notfallplan war bis Donnerstagmittag für jeden im Internet einsehbar

Bereits am Mittwochabend hatte der Flughafen mitgeteilt, man habe „den Zugriff auf einen Auszug aus einem Notfallplan, der vorübergehend öffentlich zugänglich war, auf den Servern des Flughafens entfernt“. Bis Donnerstagmittag aber war das 234 Seiten starke und mit dem Hinweis „Nur für den internen Dienstgebrauch“ versehene vertrauliche Dokument zwar nicht mehr auf der Flughafen-Homepage, aber immer noch im Internet für jedermann einsehbar. Der Flughafen hatte bereits am Mittwoch versichert, dass es sich bei dem Dokument „nicht um den detaillierten Notfallplan des Flughafens, sondern nur um einen Auszug daraus“ handele. Der Flughafen Köln/Bonn verfüge über einen detaillierteren Notfallplan, der nur einem sehr kleinen Personenkreis zugänglich sei, hieß es. „Auf dem Auszug ist keine Einsatztaktik dargestellt“, sagte Garvens gestern.

Das Dokument, das dem General-Anzeiger vorliegt, listet auf, wie das Personal etwa im Falle eines terroristischen Anschlags zu verfahren hat. Informationen über Alarmierungswege legen dar, wer wann worüber informiert werden muss und welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Die Notfallpläne sind für Szenarien unterschiedlicher Ausprägung, von einem vergleichsweise harmlosen Zwischenfall, wenn ein Flugzeug mit einem Erkrankten an Bord landet, bis hin zu gefährlichen Lagen, wie Bombendrohungen, Anschlägen, Geiselnahmen oder Amokläufen.

Umfangreiche Telefonlisten veröffentlicht

Neben Checklisten, was in den verschiedenen Sicherheitslagen zu tun ist, sind umfangreiche Telefonlisten veröffentlicht. Tatsächlich brisant sind einige Karten, in denen alle wichtigen Gebäude auf dem Flughafengelände und deren Nutzung im Krisenfall eingezeichnet sind. Auch sind alle Sammelplätze aufgeführt, die im Fall einer Evakuierung für Passagiere und Beschäftigte von Bedeutung sind.

Arnd Krummen, Mitglied des Bundesvorstands der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bezeichnete die unfreiwillige Veröffentlichung des Notfallplans als „sehr bedenklich“. „Taktische Vorkehrungen zu veröffentlichen, ist unklug“, sagte er. Krummen sieht im schlechten Abschneiden des Flughafens Köln/Bonn bei den EU-Kontrollen ein wichtiges Argument gegen die Privatisierung der Luftsicherheit. „Die wirtschaftlichen Interessen stehen vor den Sicherheitsinteressen“, kritisierte Krummen.

Derzeit werden die Sicherheitskontrollen auf deutschen Flughäfen überwiegend von privaten Sicherheitsdiensten durchgeführt. Das müsse sich ändern: Der Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten müsse deshalb beendet werden. Stattdessen sollen die Passagier- und Gepäck-Kontrollen in einer Bundesanstalt des öffentlichen Rechts organisiert und von Beschäftigten der Bundespolizei durchgeführt werden. Derzeit kontrolliert in NRW die Firma Kötter Services die Flugpassagiere und deren Gepäck an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn.

Krummen: Anstalt des öffentlichen Rechts sollte gegründet werden

Nach Ansicht von Krummen solle eine Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet werden, in die Mitarbeiter, die heute bei den privaten Sicherheitsdiensten beschäftigt sind, übernommen werden könnten. Dann könne die Bundespolizei auch die Sicherheitsüberprüfungen der Beschäftigten von privaten Sicherheitsfirmen selbst durchführen. Heute erfahre die Bundespolizei nichts über die sicherheitsrelevanten Lebenshintergründe der Mitarbeiter. Ein wesentliches Problem sei, dass die Bundespolizei gegenüber den Mitarbeitern der privaten Sicherheitsunternehmen nicht unmittelbar weisungsbefugt sei.

In dieser Angelegenheit ist die Bundespolizei anderer Auffassung: Die Aufgabenwahrnehmung durch Private entspreche dem Vorbild anderer EU-Mitgliedstaaten. „Ein Sicherheitsgewinn durch Einsatz eigener Angestellter der Bundespolizei ist nicht ersichtlich“, sagte gestern ein Sprecher der Bundespolizei. Zu den Inspektionen der EU wollte er nichts sagen, da sie als EU-Verschlusssachen eingestuft sind und vertraulich zu behandeln sind.

„Soweit bei Routineinspektionen Schwachstellen festgestellt würden, so würden diese jedenfalls umgehend von den zuständigen Stellen beseitigt oder - sofern dieses zeitnah nicht möglich ist - umgehend Kompensationsmaßnahmen ergriffen“, so der Sprecher der Bundespolizei. Einig war er sich mit der Gewerkschaft in der Beurteilung der Veröffentlichung des Notfallplans: „Aus Sicht der Bundespolizei gehören solche Unterlagen nicht in die Öffentlichkeit“, sagte er. Die Kenntnis von Einzelheiten sicherheitsrelevanter Vorkehrungen sei potenziell geeignet, deren Effektivität zu beeinträchtigen.

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