Besorgtes Ford-Management in Köln Jeder Zehnte in der Ford-Fertigung krank

KÖLN · Dem Ford-Management in Köln sind offenbar zu viele Mitarbeiter krank. Bei der Betriebsversammlung Mitte des Monats hielt Rainer Ludwig, für Personal zuständiger Geschäftsführer, den Mitarbeitern in der Fertigung in Niehl vor, sie hätten mit fast zehn Prozent nicht nur den höchsten Krankenstand aller Ford-Werke, sondern auch den höchsten in der Autoindustrie.

 Seit Pfingsten ist der Krankenstand in der Fiesta-Fertigung gestiegen.

Seit Pfingsten ist der Krankenstand in der Fiesta-Fertigung gestiegen.

Foto: Gauger

Im Klartext: Von gut 4000 Mitarbeitern in der Fahrzeugmontage in Niehl sind knapp 400 krank. Ludwig, so berichten Teilnehmer, habe es sogar als fraglich bezeichnet, ob die bis 2021 laufende Standortsicherungsvereinbarung bei einem derart hohen Krankenstand abgeschlossen worden wäre.

Ford nehme "den hohen Krankenstand in der Kölner Fertigung mit großer Besorgnis zur Kenntnis", bestätigte das Unternehmen auf Anfrage. Dabei sei man bis zum Sommer 2014 auf einem sehr guten Weg der Reduzierung gewesen.

Im Anschluss an die Standortsicherungsvereinbarung, die Pfingsten vereinbart worden war, sei der Krankenstand wieder nach oben gegangen. Mitarbeiter im Fahrzeugbau sind überdurchschnittlich oft krank. Das hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt.

In der Autoindustrie fallen die Mitarbeiter laut IW 16 Arbeitstage aus, in der Medien- und Verlagswelt nur neun Tage. Arbeitnehmer mit hoch qualifizierten Bürojobs seien nicht einmal eine Woche im Jahr krank - auch wenn sie in der Autoindustrie arbeiteten.

Gleisbauer oder Abfallentsorger fallen dagegen 28 Tage aus. Das Statistische Bundesamt verzeichnet seit 2007 einen steigenden Krankenstand. 2014 lag der bei 3,8 Prozent, 9,5 Arbeitstage pro Beschäftigten fielen durch Krankheit aus. Die Zahlen sind allerdings nur eingeschränkt vergleichbar. Krankenkassen zählen Fehlzeiten in der Regel erst ab dem dritten Krankheitstag.

Der Vergleich zwischen einzelnen Werken hinke, sagte Ford-Betriebsratschef Martin Hennig. Köln habe eine ältere Belegschaft. Dennoch habe man im März noch besser gelegen als die Branche. In Deutschland wird auch der Lohn bei Krankheit sechs Wochen lang voll weiter gezahlt.

Wo es das nicht gebe, gingen Mitarbeiter auch krank zur Arbeit. Auch würden nicht überall die Mitarbeiter mitgezählt, die dauerhaft erkrankt seien oder sich in Rehabilitationsmaßnahmen befänden. "Ohne die Dauerkranken hat Köln beim Krankenstand das gleiche Niveau wie andere Werke", so Hennig.

Standortsicherung, soziale Absicherung, Anonymität der Großstadt Köln oder eine vergleichsweise günstige Situation auf dem Arbeitsmarkt begünstigten vielleicht häufige Krankmeldungen, spekuliert Ford.

Hennig und die Werksleitung betonen aber, dass Arbeitsgruppen gebildet seien, um die Ursachen zu ermitteln und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Vorgesetzte würden auch mit den Mitarbeitern sprechen, um herauszufinden, ob der Grund für die Krankheit am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld zu suchen sei.

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