Kritik: Forschungsfeindliches Klima in Deutschland Ist das Bio oder kann das weg?

Bonn · Der Vorsitzende der Geschäftsleitung des Pharmaunternehmens Merck, Karl-Ludwig Kley, wandte sich gegen ein zunehmend forschungsfeindliches Klima in Deutschland.

"Das ist der erste Vortrag in meinem Leben, den ich in Bonn halte", begrüßte Karl-Ludwig Kley die Gäste des Internationalen Clubs gestern Abend in der Godesberger Redoute: Eine interessante Premiere, denn mit seinem Vortrag zum Thema "Ist das Bio oder kann das weg?" identifizierte der Merck-Chef eine "gutbürgerliche Beharrlichkeit, die Risiken und Veränderung fürchte" als eine der größten Gefahren für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Kley verengte seine Betrachtung auf das Thema Innovation, da dies eine der wichtigsten Zukunftsfragen für den Standort sei. "Wir leben von Innovationen - Standardprodukte kommen oft von woanders, Spitzenprodukte oft aus Deutschland", lobte er die noch immer gute, aktuelle Situation, nicht ohne nebenbei auf das Produktportfolio seines Unternehmens hinzuweisen, dessen Bedeutung die der klassischen deutschen Branchen wie des Maschinenbaus bereits überholt habe. "Unsere Forschung spielt noch immer an der Weltspitze mit", so Kley. "Aber wenn man ehrlich ist, erzielen die deutschen Forscher ihre Ergebnisse trotz und nicht wegen des gesellschaftlichen Klimas."

Die Politik in Deutschland müsse zwar die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und auch für den Verbraucherschutz vorgeben: "Aber auch nicht mehr." Auswüchse wie die jüngst beschlossene Einweisungspflicht in die Benutzung eines Paternosters, die Festlegung eines einheitlichen Blautons für Parkscheiben oder "ähnlichen Unfug" sieht der Merck-Boss als Auswüchse einer durch eine erfolgreiche Volkswirtschaft satt gewordenen Gesellschaft.

Der Vorrang vermeintlicher Sicherheit vor realer Freiheit schaffe immer mehr ein gesellschaftliches Klima, in dem Fortschritt und Spitzenforschung zunehmend behindert werden.

Kley bekannte sich klar zur baldigen Umsetzung des Freihandelsabkommens TTIP aber auch zur in Europa äußerst umstrittenen Gentechnik.

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