Langfristige Geldanlagen Immobilien in Bonn und der Region stark gefragt

BONN/KÖLN · Mittwochmorgen, Amtsgericht Bonn: Im Saal 218 steht eine Vierzimmerwohnung in Bad Godesberg zur Zwangsversteigerung an. Vor der Tür warten schon eine Handvoll Interessenten. Eine junge Frau kommt vorbei, blickt kurz auf das Schild neben der Saaltür: "Haben Sie nicht gesehen, der Termin ist abgesagt."

Große Nachfrage: Immobilienverkäufer finden derzeit viele Interessenten.

Große Nachfrage: Immobilienverkäufer finden derzeit viele Interessenten.

Foto: dpa

.Pech für die Immobilienkäufer in spe, doch das kommt öfter vor. "Manchmal wachen Wohnungseigentümer erst auf, wenn ein Termin für die Zwangsversteigerung angesetzt ist, um ihre Schulden zu begleichen", sagt der Bonner Richter Philipp Prietze.

Der Mittwochmorgen am Bonner Amtsgericht steht symptomatisch für die Lage auf dem Immobilienmarkt in der Region: Viel Nachfrage, wenig Angebot. Dabei sind es nicht nur junge Familien, die das typische Reihenhaus suchen, oder Senioren, die in eine altersgerechte Wohnung umziehen möchten; in den Markt drängen auch immer mehr Kapitalanleger, die nicht wissen, wohin mit dem Geld.

Zwangsversteigerungen sind eine Möglichkeit, sich am Markt zu bedienen. "Häufig kommt es schon beim ersten Versteigerungstermin zum Abschluss", sagt Richter Prietze. Selbst Wohnungen in nicht besonders gefragten Bonner Stadtteilen fänden auf diese Weise schnell Käufer.

Makler aus Köln und Bonn berichten bestätigen den Run auf vermietete Wohnungen als Kapitalanlage. "Wir könnten verkaufen wie wahnsinnig", sagt Yvonne Hoberg vom Kölner Immobilien- und Maklerkonzern Corpus Sireo, an dem unter anderem die Sparkasse KölnBonn beteiligt ist. Zwar seien Wohnungen und Häuser in Köln traditionell begehrt. "Seit Beginn der Finanzkrise hat die Nachfrage aber noch einmal deutlich zugenommen."

Sülz, Klettenberg oder Lindenthal, das sogenannte "SKL-Land", Rodenkirchen und Marienburg im Kölner Süden - dort investieren laut Corpus Sireo die Anleger am liebsten. Auch Traditions-Veedel wie Ehrenfeld, Neu-Ehrenfeld und Nippes stehen im Fokus. Rechtsrheinisch sind es Dellbrück, Brück, Poll, Deutz und zunehmend auch Mülheim.

Sandra Kessel, Maklerin bei Kraft Immobilien in Bonn-Poppelsdorf: "Gefragt ist fast alles, von der gut vermietbaren Studentenwohnung bis 100.000 Euro bis hin zu Mehrfamilienhäusern in Innenstadtlagen, gerne auch sanierungsbedürftig". Kessel: "Seit etwa einem Jahr registrieren wir verstärkt Zulauf an Kapitalanlegern." Für sie ist der Zusammenhang mit der Eurokrise offensichtlich. Das Betongold glänzt wie selten zuvor.

Wegen des geringen Angebots raten die Makler aber auch zur Vorsicht. "Interessant wird eine Immobilie als Kapitalanlage erst, wenn die Netto-Mieteinnahmen fünf Prozent des Kaufpreises oder mehr ausmachen", rechnet Kessel vor. Wer nicht daneben greifen will, sollte das Objekt von Fachleuten unter die Lupe nehmen lassen und auch den Markt genau beobachten.

Einer Untersuchung der Stiftung Warentest zufolge verbergen sich bei vermieteten Immobilien schwer absehbare Kosten von der Maklercourtage bis zur Instandhaltung. Auf der anderen Seite seien Eigenkapital, Kredit und Steuervorteile sorgfältig aufeinander abzustimmen, wenn das Geschäft lohnen soll.

Bank- und Bausparkassenberater schnitten in dem Test nicht gut ab. Bei der Prognose von Wertsteigerung und Mieteinnahmen war mancher Berater viel zu optimistisch. Einzelne Auskünfte und Modellrechnungen waren sogar schlicht falsch. Viele Privatanleger unterschätzen auch den möglichen Ärger mit Mietern, Eigentümergemeinschaften oder Hausverwaltern.

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