Hauptversammlung der Deutschen Telekom Heimspiel für Höttges

KÖLN · Bisher saß Timotheus Höttges als Finanzvorstand bei den Telekom-Hauptversammlungen neben seinem damaligen Chef René Obermann. Am Donnerstag trat er in Köln erstmals als Vorstandsvorsitzender vor die Aktionäre.

 Die Führungsriege der Deutschen Telekom (von links): Thomas Dannenfeldt, Timotheus Höttges, der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner, Claudia Nemat, Reinhard Clemens und Niek Jan van Damme lassen sich auf der Hauptversammlung von einem Aktionär fotografieren.

Die Führungsriege der Deutschen Telekom (von links): Thomas Dannenfeldt, Timotheus Höttges, der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner, Claudia Nemat, Reinhard Clemens und Niek Jan van Damme lassen sich auf der Hauptversammlung von einem Aktionär fotografieren.

Foto: DPA

Ob er es sich wirklich, wie er sagte, "nie hat träumen lassen, hier zu stehen", sei dahingestellt. Zu Nervosität vor der Hauptversammlungs-Premiere gab es jedenfalls wenig Anlass, harte Kritik war nicht zu erwarten. Denn dem Bonner Konzern geht es vergleichsweise gut: Das US-Geschäft hat sich vom Sorgenkind zum Umsatzbringer entwickelt, die Telekom wächst wieder und bestätigt ihre Gewinnziele.

Die Stimmung der Aktionäre hebt aber vor allem, dass der Kurs der T-Aktie innerhalb dieses Jahres um rund 30 Prozent gestiegen ist. Schließlich gilt die Telekom wie kein anderes deutsches Unternehmen als Sinnbild für das Schicksal des Kleinanlegers. Die Aktionäre - in den Reihen der Kölnarena lauschten viele Rentner den Worten des neuen Vorstandschefs - mussten vor Jahren die dramatischen Verluste der "Volksaktie" hinnehmen. Viele sind dem Konzern treu geblieben und wissen jetzt den Erholungskurs zu schätzen.

Mit Höttges verbinden die Anteilseigner zwar Kontinuität nach der weitgehend erfolgreichen Strategie seines Vorgängers und langjährigen Vorstandskollegen René Obermann, aber auch neue Ideen, die den schwerfälligen Großapparat Telekom in Schwung bringen sollen. Zumindest als Redner gelang es Höttges am Donnerstag, Aufbruchstimmung zu vermitteln.

Das Lieblingsthema des neuen Telekom-Chefs: der Aufbau eines europäischen Netzes. In Zeiten der NSA-Bespitzelung kann sich Höttges dabei der Unterstützung des Publikums sicher sein. "Ich möchte nicht, dass unsere Kinder auf einem Kontinent groß werden, auf dem wichtige Kommunikationsdienste vollkommen außerhalb unserer eigenen Kontrolle liegen", ruft er. Die Aktionäre applaudieren.

Die Konkurrenz sieht Höttges vor allem in den USA, aber auch in Asien. "Google und Facebook sind an der Börse heute deutlich mehr wert als die gesamte europäische Telekommunikations-Industrie." Höttges Folgerung: Die staatliche Regulierung müsse der Telekom mehr Freiheit lassen, damit sie im Wettbewerb gegen die übermächtige Konkurrenz bestehen kann. Auch hier konnte Höttges auf Unterstützung der Aktionäre zählen: Lange habe er die Kritik der Telekom an der Regulierung als "Gejammer" empfunden, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Mittlerweile halte er die Forderungen der Telekom für gerechtfertigt.

Ganz ungeschoren lassen die Aktionäre Höttges jedoch nicht aus seiner ersten Hauptversammlung als Vorstandschef hervorgehen. Bemängelt wurde vor allem eine zu geringe Innovationskraft des 230 000 Mitarbeiter starken Konzerns."Die Telekom geht selten als Marktführer voran und setzt Maßstäbe, sondern folgt Branchentrends nur mit Verzögerung", kritisierte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Er bemängelte die Strategie des Konzerns, sich als Plattform für Internet-Neugründungen zu begreifen - Höttges nennt das die "digitale Steckerleiste" -, statt selber Entwicklungen voranzutreiben. Skeptisch betrachteten die Aktionärsvertreter auch das schwierige Telekom-Geschäft in Ost- und Südosteuropa.

Kritik an der Telekom-Dauerbaustelle, der Geschäftskundensparte T-Systems, nahm Höttges vorweg: "Wir sind hier immer noch nicht profitabel genug", räumte er ein. "Wir müssen das Geschäftsmodell von T-Systems daher verändern." Ein Dementi der Spekulationen, dass T-Systems-Chef Reinhard Clemens genau wie Europa-Chefin Claudia Nemat demnächst den Konzernvorstand verlassen müssen, hört sich anders an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort