Zwangsversteigerungenin Bonn Häuser in Bonn seltener unterm Hammer

Bonn · Die Zeit der Schnäppchenjäger ist vorbei. Zumindest auf dem Immobilienmarkt in Bonn und der Region.

 In NRW ist die Zahl der Zwangsversteigerungen am höchsten.

In NRW ist die Zahl der Zwangsversteigerungen am höchsten.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Während Häuser vor einigen Jahren bei Zwangsversteigerungen noch deutlich unter Wert unter den Hammer kamen, ist heute nur noch selten ein lukratives Anwesen zu ergattern.

Bereits seit einigen Jahren gibt es in Bonn einen deutlichen Rückgang der Zahlen von Zwangversteigerungen. Während 2013 noch 285 Anträge beim Amtsgericht eingingen, waren es im vergangenen Jahr gerade mal 161. Im ersten Halbjahr 2016 erhielt das Amtsgericht nur noch 65 Anträge. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr hieße das eine weitere Verringerung von Zwangversteigerungen. Der Grund dafür sind laut Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann unter anderem die derzeit niedrigen Zinsen.

Auch die Preise haben sich geändert: „In den meisten Fällen werden die Immobilien bereits beim ersten Termin über ihrem Wert versteigert“, erklärt sie. Dass liege daran, dass die Bedeutung von Immobilien immer wichtiger sei. „Wer es sich leisten kann, der bietet gerne mit und zahlt auch viel“, so Niepmann.

Bonn liegt damit ganz im Bundestrend. Zwischen Januar und Juni sind in Deutschland mit 17 000 Gerichtsterminen 3500 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres angesetzt worden. Das teilte am Donnerstag der Fachverlag Argetra mit. Dabei seien Immobilien im Wert von 2,69 Milliarden Euro aufgerufen worden. Im Vorjahreszeitraum hatte diese Zahl noch bei 3,37 Milliarden Euro gelegen. Auch für das Gesamtjahr 2016 erwarten die Experten weniger Zwangsversteigerungen als im Vorjahr. Der Fachverlag wertete für seine Untersuchung die Zwangsversteigerungstermine bei rund 500 Amtsgerichten aus.

Negativer Spitzenreiter bei den Zwangsversteigerungen im ersten Halbjahr sei Sachsen-Anhalt gewesen mit 81 Fällen pro 100 000 Haushalte. Mit nur 10 Fällen bezogen auf 100 000 Haushalte sei der Wert dagegen in Hamburg am geringsten gewesen. Bezogen auf die absolute Zahl der Zwangsversteigerungen lag dagegen Nordrhein-Westfalen mit 4343 Fällen vorn.

In mehr als zwei von drei Fällen seien Eigentumswohnungen oder Ein- und Zweifamilienhäuser unter den Hammer gekommen. Hintergrund der Zwangsversteigerungen seien oft private Notlagen durch Scheidungen oder den Verlust des Jobs, sagte Argetra-Geschäftsführer Axel Mohr.

Ein weiterer Grund des Rückgangs von Zwangsversteigerungen sei neben der Niedrigzinsen, der starke Verkäufermarkt. „Der Markt ist leer“, sagt Ursula-Maria Hoffstadt. Die Anwältin für Familienrecht in Bonn erkennt auch den Trend zu freihändigem Verkauf im Falle von Scheidungen. „Leute, die sich früher gestritten haben, reißen sich heute eher zusammen, um ein besseres Ergebnis zu finden“, sagt Hoffstadt. So werde in Scheidungsfällen und bei Erbstreitigkeiten immer öfter versucht, mit Hilfe von Anwälten eine private Einigung zu erzielen.

So berichtet Hoffstadt von einem Fall, in dem sich Ehefrau und Tochter nach einigen Jahren über das Haus des verstorbenen Mannes stritten und statt einer Zwangsversteigerung am Ende mit einem privaten Verkauf über eine Facebook-Anzeige finanziell besser über die Runden kamen als mit einer möglichen Zwangsversteigerung. Auch ein Scheidungspaar aus Bornheim verkaufte sein Haus im vergangenen Jahr vor einer anstehenden Zwangsversteigerung. „Das ist mittlerweile der typische Verlauf und für alle die bessere Wahl“, sagt Hoffstadt.

Hinzu komme, dass Banken in Deutschland bei der Kreditvergabe immer vorsichtiger würden. Seit dem 1. März gibt es zudem eine EU-Richtlinie für die strengere Vergabe von Krediten. Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund Bonn/Rhein-Sieg, sieht in den derzeit niedrigen Zinsen, jedoch auch eine Problematik. „Es wird jetzt sicher wieder Leute geben, die sich Häuser kaufen, die sie sich eigentlich gar nicht leisten können und das in drei bis vier Jahren zu spüren bekommen“.

Dass die Zwangsversteigerungen in der Region im Gegensatz zu den Zahlen in ganz NRW deutlich zurückgehen, erklärt er sich mit der prosperierenden Lage einerseits und mit der wirtschaftlich angeschlagenen Situation im Ruhr-Gebiet andererseits.

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