Sparkasse schließt Filialen Grundversorgung in Gefahr

Frankfurt · Kreditinstitute schließen immer mehr Filialen - auch die Sparkasse, die einen Grundversorgungsauftrag für die Bevölkerung hat. Kunden werden Bankgeschäfte bald auf neuen Wegen abwickeln müssen.

 Die Sparkasse Köln-Bonn schließt ab Herbst sieben Filialen in Bonn.

Die Sparkasse Köln-Bonn schließt ab Herbst sieben Filialen in Bonn.

Foto: picture alliance / dpa

Überall im Land schließen Geldinstitute Geschäftsstellen. Am Sonntag kündigte die Deutsche Bank an, vier Zweigstellen in Bonn und der Region aufzugeben. Bereits zuvor wurde bekannt, dass die Sparkasse Niederlassungen schließt. Genau 14 451 gab es noch Ende 2015, das waren gut 400 weniger als noch ein Jahr zuvor. Auch in Bonn wird es für Sparkassenkunden in Zukunft schwieriger, zum Beispiel Geld vom Sparbuch abzuheben oder Überweisungen auszufüllen. Ab Herbst macht die Sparkasse Köln-Bonn sieben Filialen in Bonn und 15 in Köln dicht (der GA berichtete). Der Großteil der Schließungen soll nach Angabe der Sparkasse im kommenden Jahr erfolgen.

Und das Filialsterben wird weiter gehen. Das sei ein notwendiger Schritt, begründet das Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), versichert aber: „Wir werden nicht die Betreuung breiter Bevölkerungskreise zu Gunsten von ertragreicheren Geschäftsfeldern aufgeben. Wir verdrücken uns nicht an die Kapitalmärkte.“ Die Flächenpräsenz werde man nicht aufgeben, aber das Filialnetz werde man straffen und neu ausrichten müssen. Der Grund: Die hohen Kosten. Zwar sei es Aufgabe der Sparkassen, im Geschäftsgebiet ihres Trägers Finanzdienstleistungen für alle anzubieten, erklärt DSGV-Sprecherin Michaela Roth, allerdings müsse sich das rechnen. Die Sparkassen erhielten für diese Aufgabe keine öffentlichen Gelder: „Das ist ein Spagat, denn die Institute machen müssen – der sollte aber so breit wie möglich ausfallen“, sagt sie.

Zuschüsse gibt es also nicht, aber die öffentlichen Träger müssten im Notfall Lücken stopfen, wenn es zu finanziellen Schieflagen käme. „Wenn eine Sparkasse in Not kommt, wird sie aber eher mit der benachbarten Sparkasse fusioniert und saniert, als dass man Steuergelder oder Finanzhilfen der Trägerkommune in Anspruch nimmt“, sagt Bernd Nolte, Sparkassenexperte der Bankenberatung 4P Consulting. Vorschriften oder gar messbare Zahlen seitens der öffentlichen Träger zum Mindestangebot an Filialen gebe es aber bis heute keine.

Flächendeckend – das definieren die Sparkassen ohnehin inzwischen etwas anders: Das bedeutet nicht mehr nur, diese Grundversorgung über ein Filialnetz zu sichern. Man wolle die persönliche Beziehung zum Kunden durch digitale Angebote stärken, sagt DSGV-Präsident Fahrenschon. Das heißt im Klartext, die Kunden sollen gerade in strukturschwachen Gebieten ihre Bankgeschäfte weitgehend online erledigen. Davor scheuten sich aber gerade viele ältere Menschen. Sie vertrauten bei Geldüberweisungen den Angestellten einer Filiale einfach mehr als dem Netz, meint Sparkassenexperte Nolte: „Selbst bei Barabhebungen ziehen viele Ältere eine persönliche Auszahlung an der Kasse einer Automatenabhebung vor.“ Einige Sparkassen bieten zwar schon seit Jahren im ländlichen Raum fahrbare Geschäftsstellen an, doch es gibt bundesweit nur 67 solcher Sparkassenbusse. Man müsse verschiedene Bankdienstleistungen unterscheiden, erklärt Nolte: Die Bargeldversorgung, die klassische Bankberatung und die Spezialberatung. An Bargeld müssten Kunden möglichst innerhalb einer Viertelstunde Fahrzeit gelangen, 20 Minuten Fahrzeit seien für eine klassische Bankberatung zumutbar, bei Spezialfragen auch 25 bis 30 Minuten.

Doch es fehle oft an Kreativität für mögliche Lösungen. Einige Sparkassen bieten ihren Kunden zum Beispiel an, etwa beim Bäcker oder Metzger Geld abheben zu können. Auch die Sparkasse Köln-Bonn plant für einige ihrer Standorte, an denen eine Filiale geschlossen wird, eine Teilnutzung der Räumlichkeiten. Basisdienstleistungen sollen so in sogenannten Selbstbedienungszentren erhalten bleiben.

er andere Bankdienstleistungen benötigt, für den könnte man etwa auch einen Fahrdienst zur nächsten Filiale organisieren, erklärt Sparkassenexperte Nolte. Den Dienst könnten die Sparkassen sogar bezahlen. Er schlägt dazu ein Punktesystem vor: Der Kunde erhält eine Art „Block“, von dem er Marken für die Fahrten abreißt und damit einen Taxifahrer, oder sogar die nette Nachbarin „bezahlt“. Die können sich diese Punkte dann einzeln oder gesammelt auszahlen oder gutschreiben lassen. „Das ist kostengünstiger als eine Filiale aufrecht zu erhalten, sagt der Geschäftsführer von 4P Consulting. „Es gibt viele Möglichkeiten, wenn man nur ein gewisses Maß an Kreativität zulässt.“ Diese und die Bereitschaft, intelligent auf Kundenwünsche einzugehen, vermisse er jedoch bei vielen Sparkassen. So könne eine Sparkasse ihren öffentlichen Auftrag auch in veränderten Zeiten wahrnehmen. Die Kunden seien meist flexibler, als sich dies viele Sparkassendirektoren vorstellen könnten. Eine weitere Idee Noltes: man könne auch die Öffnungszeiten variieren. Dann sei ein Filialteam in der Lage, mehrere Geschäftsstellen zu bedienen.

Im internationalen Vergleich sei das Angebot in der Fläche in Deutschland aber immer noch sehr gut, meint Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. Da seien Sparkassen und genossenschaftliche Banken recht breit vertreten. Einen solchen Wettbewerb von Bankdienstleistungen in der Fläche, in den Regionen, gebe es in vielen Ländern nicht.

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