Interview mit Kölner Messe-Chef Gerald Böse über Platzmangel, Investitionen und Chancen

Köln · Gewinn-Erwartungen deutlich übertroffen: Das Fazit eines "historischen Rekordjahrs" zieht der Kölner Messe-Chef Gerald Böse im GA-Interview.

 Über die neuen Messehallen streitet die Gesellschaft weiter mit dem Oppenheim-Esch-Fonds.

Über die neuen Messehallen streitet die Gesellschaft weiter mit dem Oppenheim-Esch-Fonds.

Foto: dpa

Sind Sie mit Ihren Messen im abgelaufenen Jahr zufrieden?
Gerald Böse: Die Ergebnisse sind zum Teil phänomenal. Im Vergleich zu den Vorveranstaltungen - nicht alle Messen finden ja im Jahresturnus statt - haben die Messen im Durchschnitt den Umsatz um knapp acht Prozent gesteigert. Einige Messen haben sogar zweistellig zugelegt. Das ist schon ein sehr ordentliches Ergebnis.

Schlägt sich das auch im Ergebnis nieder?
Böse: Wir haben die eigenen Erwartungen deutlich übertroffen. Geplant war ein Umsatz von 303 Millionen Euro. Wir hoffen jetzt, bei mehr als 310 Millionen Euro zu landen. Und der Mehrumsatz wird auch mit dem Ergebnis korrespondieren. Erwartet war ein Gewinn von 20 Millionen Euro. Das werden wir deutlich übertreffen. 2015 wird sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn ein historisches Rekordjahr für die Kölner Messe.

Wagen Sie schon einen Blick in das kommende Jahr?
Böse: Die weltwirtschaftliche Lage spielt schon eine Rolle für uns. Wir sehen bislang recht klar für die Frühjahrsmessen. Die Möbelmesse entwickelt sich wie geplant, die Süßwarenmesse sogar etwas besser. Dennoch erwarten wir turnusgemäß für das Gesamtjahr 2016 noch einmal einen Verlust. Das soll der letzte sein. Ab 2017 wollen wir dauerhaft schwarze Zahlen schreiben und außerdem eine der wenigen Messegesellschaften sein, die keine Schulden hat. 2016 tilgen wir die letzte Rate für die Mitte der 90er Jahre gebaute Halle 5. Mit aktuellen und zukünftigen Gewinnen können wir unser Investitionsprogramm finanzieren, mit dem wir bis 2030 insgesamt 600 Millionen Euro in die Erneuerung des Geländes stecken wollen.

Bei einigen Messen geht es schon sehr eng zu. Können Sie in Köln noch wachsen?
Böse: Wir haben Phasen, in denen nichts mehr geht. Im Frühjahr oder im September und Oktober wird praktisch über Wochen 24 Stunden auf- oder abgebaut oder es findet eine Messe statt. Das ist dann nicht nur für unsere Hallen eine Belastung, sondern auch für die Mitarbeiter. Wir haben auch Personal aufgestockt. Es ist aber auch nicht immer September. Es gibt noch einzelne Monate, in denen wir noch Luft haben. So konnten wir im August die Gamescom etablieren. Da ist normalerweise eher Saure-Gurken-Zeit.

Wann wird es eine Einigung mit dem Oppenheim-Esch-Fonds über die alten Messehallen geben? Mit der Interimsregelung zahlen Sie 75 Prozent der vereinbarten Miete.
Böse: Die Einigung hatten wir uns für dieses Jahr vorgenommen. Wir haben es leider nicht geschafft, der Teufel steckt im Detail. Wir sind weiter in Gesprächen und hoffen auf eine Einigung im nächsten Jahr.

Sie haben zuletzt einen Blick auf Südamerika geworfen und dort Veranstalter übernommen. War das der richtige Zeitpunkt?
Böse: Um in Südamerika zu investieren, definitiv ja. Vor drei oder vier Jahren hätten wir sicherlich das Doppelte gezahlt. Wir haben jetzt eine schwierige Phase speziell in Brasilien. Das Engagement in Kolumbien entwickelt sich planmäßig. Unsere erste Messe im Bereich Verpackungstechnologie Andina-Pack in Bogotá haben wir hier gerade erfolgreich abgeschlossen. Bei der Kindermodemesse FIT 0/16 in Brasilien haben wir gespürt, dass die Konsumstimmung schon gedrückt ist. Unsere Lebensmitteltechnologiemesse Anutec Brazil ist dagegen schon fast ausgebucht. Man muss da jede Branche einzeln betrachten, und wir haben über die unterschiedlichen Messen einen ausgewogenen Risikomix. Perspektivisch ist mir um den Markt nicht bange. Die Geburtenzahlen steigen in Brasilien. Und dann werden auch Babykleidung und Kindersitze gebraucht.

Zur Person

Gerald Böse ist seit dem 1. März 2008 der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse. 1962 in München geboren, ist er seit mehr als 20 Jahren im internationalen Messegeschäft tätig. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre begann er als Trainee bei der Messe München.

Von 1992 bis 2005 arbeitete er bei der auf Modemessen spezialisierten Igedo in Düsseldorf, wo er als Assistent der Geschäftsführung anfing und schließlich Geschäftsführer wurde. Neben der Mode etablierte er dort neue Themen wie das digitale Marketing.

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