Zahlungen in die Rentenversicherung Früher ohne Abschlag in den Ruhestand

Bonn · Bis zu drei Prozent Rendite bringen freiwillige Einmalzahlungen in die Rentenversicherung, die eigentlich dafür gedacht sind, früher in den Ruhestand zu gehen. Unter Renditegesichtspunkten ist es eine Spekulation auf die Länge des Lebens.

 Mehr Zeit für Sport: Arbeitnehmer, die früher in Rente wollen, können Abschläge ausgleichen. FOTO: DPA

Mehr Zeit für Sport: Arbeitnehmer, die früher in Rente wollen, können Abschläge ausgleichen. FOTO: DPA

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Freiwillig mehr als nötig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, das halten viele Menschen schlichtweg für völligen Unsinn. Doch es gibt immer mehr Experten, die angesichts der Niedrigzinslange freiwillige Einmalzahlungen für eine äußerst gelungene Geldanlage halten, deren Rendite viele Sparmöglichkeiten und private Rentenversicherungen schlägt. Bis zu drei Prozent jährlicher Rendite gibt es für die Einmalzahlungen. In Frage kommen die Zahlungen für ältere Arbeitnehmer. Seit die Zinsen an den Kapitalmärkten am Boden liegen, gewinnt die Möglichkeit an Attraktivität.

Wer mit dem Gedanken liebäugelt, schon mit 63 Jahren in Rente zu gehen und noch keine 45 Beitragsjahre aufweisen kann, hat normalerweise satte Abschläge zu erwarten. Mit 35 Versicherungsjahren kann man zwar gehen, allerdings nur mit 0,3 Prozent weniger Rente pro vorgezogenen Monat. Bei einem um drei Jahre vorgezogenem Ruhestand sind es immerhin 10,8 Prozent Abschlag. Wer ein gutes Finanzpolster aufbauen konnte, kann bei der gesetzlichen Rente den Abschlag für den vorgezogenen Rentenbeginn ausgleichen. Bislang erlaubt der Gesetzgeber Einmalzahlungen ab 55 Jahren.

Bald soll sich der Betrag schon ab 50 Jahren einzahlen lassen. Das will die Bundesregierung mit dem Gesetz zur Flexi-Rente bestimmen, das vergangene Woche erstmals im Bundestag beraten wurdet. Bis November will die Koalition das Gesetz endgültig verabschieden.

Beispiele für die notwendige Höhe von Einzahlungen hat die Deutsche Rentenversicherung errechnet: Bei einer zu erwartenden Bruttorente von 800 Euro im Monat in den alten Bundesländern und einem Jahr vorzeitigem Rentenbeginn (Rentenminderung 3,6 Prozent oder 28,80 Euro) müsste zum vollen Ausgleich der Rentenminderung ein Betrag von rund 6 650 Euro in die Rentenversicherung eingezahlt werden. Bei 1 000 Euro Rente und zwei Jahren vorzeitigem Rentenbeginn (Minderung 7,2 Prozent oder 72 Euro) sind rund 17 280 Euro aufzuwenden. Wer bei einer Rente von 1 200 Euro monatlich drei Jahre früher in Rente gehen möchte, kann 130 Euro Rentenminderung (10,8 Prozent) durch 32 360 Euro ausgleichen.

Wie viel man genau zahlen muss, rechnet die Rentenversicherung auf Anfrage aus. Die Höhe des Ausgleichsbetrages wird in einer einer „besonderen Rentenauskunft“, so der Fachbegriff, über die voraussichtliche Minderung der Altersrente festgehalten. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rentenauskunft beantragt wird, muss aber bereits feststehen, dass der Interessent die Voraussetzungen für eine vorzeitige Altersrente tatsächlich erfüllen wird, also genügend Versicherungsjahre hat. Wenn die Beiträge errechnet sind, bleiben sie nur verbindlich, wenn sie innerhalb von drei Monaten gezahlt werden.

„Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, nur einen Teil des Rentenabschlags auszugleichen“, sagt Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung. In diesem Fall sind geringere Einmalzahlungen fällig. Und es sei überhaupt kein Problem, ein Jahr später erneut zum Rentenberater zu gehen und sich eine weitere Teilsumme ausrechnen zu lassen, die dann per Einmalzahlung ausgeglichen wird. So lassen sich die Zahlungen über mehrere Jahre strecken.

Falls jemand die vorgezogene Altersrente später nicht in Anspruch nehmen möchte, weil der Job vielleicht doch mehr Spaß macht als gedacht, ist das kein Problem. Die getätigten Einmalzahlungen erhöhen dann einfach die spätere Regelaltersrente. „Eine Erstattung der Ausgleichszahlung ist allerdings nicht möglich“, sagt Manthey. Während Versicherungsmathematiker in Einzelfällen auf eine Rendite von 4,75 Prozent für die Einmalzahlungen kommen, rechnet die Deutsche Rentenversicherung mit zwei bis drei Prozent. Diese Rendite der Rente gilt übrigens derzeit für alle Jahrgänge, die später einmal Rente beziehen wollen, so Manthey

Besonders attraktiv werden die Einmalzahlungen dadurch, dass sie steuerlich als Sonderausgaben geltend gemacht werden können und damit im Erwerbsalter die Steuerlast mindern. Dies geht aber nur bis zu einer bestimmten Höhe. Bei nur einer Einmalzahlung schießt man leicht über dieses Maximum hinaus. Wer ein Jahr später erneut Einmalzahlungen tätigt, kann die Sonderausgaben erneut geltend machen. Bislang haben nur sehr wenige Arbeitnehmer von der Möglichkeit von Einmalzahlungen Gebrauch gemacht. 2014 waren es gerade einmal 967, 2013 genau 1 271 Menschen und 2012 nur 933. Die Daten für 2015 liegen noch nicht vor. „Jetzt merken wir aber einen leichten Anstieg“, so Manthey. Das Modell sei noch nicht sehr bekannt. Das ändere sich gerade

Wer jetzt mit spitzem Stift rechnet, ob das Modell für ihn in Frage kommt, sollte berücksichtigen, dass ein immer größerer Anteil der gesetzlichen Rente versteuert werden muss. Ab dem Renteneintritt im Jahr 2040 muss sie zu 100 Prozent versteuert werden. Auch Sozialabgaben sind auf die gesetzlichen Renten fällig – hier zahlen die Versicherten den Arbeitnehmeranteil von derzeit 8,2 Prozent.

Und im Gegensatz zu Versicherungen oder anderen Kapitalanlagen ist einmal eingezahltes Geld im Rentensystem für immer gebunden. Wer also früh stirbt, kommt nicht in den Genuss einer langen Auszahlphase. Unter finanziellen Gesichtspunkten hat er ein schlechtes Geschäft gemacht. „Es ist eine Spekulation darauf, wie lange man noch leben wird“, sagt Manthey. 18 bis 19 Jahre nach dem tatsächlichen Renteneintritt habe man den Betrag der Zahlungen wieder drin. Es könne schneller gehen, wenn es in den kommenden Jahren zu weiteren Rentenerhöhungen kommt.

Wer auf die gesetzliche Rente setzt, macht sich aber auch von etwas anderem abhängig : Den künftigen Entscheidungen der Politik über das Rentensystem.

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