Chancen für eine Frau an der Spitze Flughafen Köln/Bonn sucht einen neuen Geschäftsführer

Bonn · Nach dem Riesenkrach im vergangenen Jahr um Geschäftsführer Michael Garvens muss der Aufsichtsrat aus einem Kandidatenpool einen Nachfolger wählen. Warum die Sache spannend ist.

Nach der Trennung von Geschäftsführer Michael Garvens ist die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin an der Spitze des Flughafens Köln/Bonn angelaufen. Wie der General-Anzeiger aus dem Umfeld des Airports am Freitag erfuhr, hat eine Personalberatungsfirma dem Aufsichtsrat eine Liste mit den Namen von zwei Dutzend Persönlichkeiten vorgelegt, die für die Aufgabe in Frage kommen könnten.

Unter den Kandidaten befindet sich mindestens eine Frau: Tanja Wielgoß, Die 45-Jährige Vorstandsvorsitzende der Berliner Stadtreinigung (BSR) hat Wirtschaftswissenschaften studiert, war Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) und ist unter anderem Aufsichtsrätin bei der Lufthansa Cargo. Sie spricht fließend Englisch und Französisch.

Die Bestellung einer Frau würde es dem Unternehmen, das sich zu hundert Prozent in öffentlicher Hand befindet, erlauben, den sogenannten Corporate Governance Codex zu erfüllen. In diesem Regelwerk, das die Gesellschafterversammlung vor gut drei Jahren beschlossen hatte,

Das Regelwerk mahnt Vielfalt der Geschlechter an

wird „Vielfalt“ der Geschlechter in der Geschäftsführung ausdrücklich als Ziel genannt. Die Flughafengesellschaft hatte bisher darauf verwiesen, dass die Regel wegen der langjährigen Verträge der beiden Geschäftsführer nicht befolgt werden könne.

Zumindest dieser Grund entfällt nun, seitdem sich Garvens im Dezember nach einem schweren Zerwürfnis mit dem Aufsichtsrat auf die Beendigung seines Vertrages zum 31. Dezember 2017 geeinigt hatte. Ob Wielgoß allerdings Chancen hat – und ob sie überhaupt will – steht auf einem anderen Blatt. Die im Allgäu geborene Mutter von zwei Kindern, die auch schon in den USA und Frankreich lebte, nennt im Internet Berlin ihre Lieblingsstadt.

Der Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichte am Freitag insgesamt sieben Kandidatennamen für die Nachfolge von Garvens, bei denen aber fraglich ist, ob es sich wirklich schon um eine engere Auswahl aus einer längeren Vorschlagsliste handelt, die die Beratungsfirma dem Aufsichtsrat unterbreitet hat. „Die Namen scheinen mir etwas willkürlich gewählt“, sagte ein Informant aus dem Umfeld der Gesellschafter.

Auf der Liste stehen Thomas Weyer, der als Geschäftsführer des Münchner Flughafens für Finanzen und Infrastruktur zuständig ist, Andreas Otto, Vertriebsvorstand bei Austrian Airlines, Karsten Benz, der bei der Lufthansa für Infrastruktur und Sicherheit verantwortlich zeichnet, Karsten Mühlenfeld, der im vergangenen Frühjahr nach nur zwei Jahren Dauer die Geschäftsführung des immer noch nicht eröffneten Berliner Flughafens BER abgab. Weitere Kandidaten mit Flughafenerfahrung: Markus Bunk, der die Airports Hahn und Dortmund führte, Michael Hupe, der den Flughafen Nürnberg leitet, und Carsten Wilmsen, der für das Immobilienmanagement am Airport München zuständig ist.

Eine Personalentscheidung könnte am 19. März fallen

Der Gesellschaftsvertrag regelt, dass der Aufsichtsrat unter Leitung von Friedrich Merz den neuen Geschäftsführer bestellt. Auf Anfrage unserer Zeitung wollte sich Merz am Freitag nicht zu der Kandidatenliste und dem weiteren Ablauf bis zur endgültigen Auswahl äußern. Nach GA-Informationen könnte der Aufsichtsrat am 19. März zusammenkommen, um über die Garvens-Nachfolge zu entscheiden. Das Vorschlagsrecht haben der Vorsitzende Merz und der Präsidialausschuss des Aufsichtsgremiums. Bis dahin muss die Personalberatung die Kandidaten interviewt haben, um sie auf Eignung und Bereitschaft für den Job am Köln/Bonner Airport zu prüfen.

Was die Bereitschaft angeht, besteht bei einigen Kandidaten der Verdacht, dass sie schnell abwinken könnten. Denn die Vergütung am hiesigen Flughafen ist wesentlich niedriger als bei den großen Aktiengesellschaften. Garvens kam 2016 auf eine Gesamtvergütung von 409.000 Euro. Bei der Lufthansa wäre das noch nicht einmal ein Grundgehalt. Immerhin für Wielgoß kein Problem: Als Chefin der BSR, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, lag ihre Jahresvergütung 2016 bei 389.000 Euro.

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