Unternehmen in Bonn/Rhein-Sieg Firmen in der Region klagen über mangelnden Breitbandausbau

Bonn · Eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer Bonn/ Rhein-Sieg zeigt Sorgen der Unternehmer. Die Verwaltung bekommt besonders ihr Fett ab.

Die Wirtschaft in der Region mag über verstopfte Straßen und mangelnde Gewerbeflächen klagen. Am meisten auf den Nägeln brennt den Unternehmen aber etwas anderes: die Verfügbarkeit schneller Internetanschlüsse. Von 40 Standortfaktoren, die die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK) den Firmen zur Auswahl gestellt hatte, wählten sie den Breitbandausbau zum Thema Nummer eins. Wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der IHK hervorging, bewerteten sie das Angebot an schnellen Netzanschlüssen aber nur mit 3,4 – auf der bekannten Schulnotenskala also nicht einmal voll befriedigend.

Die abgewählte rot-grüne Landesregierung hatte sich zum Ziel gesetzt, bis 2018 flächendeckend eine Versorgung mit 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) zu erreichen. Laut Breitbandatlas NRW ist das in Bonn zu 97 Prozent erreicht, im Rhein-Sieg-Kreis zu knapp 82 Prozent. Dazu sind aber zwei Dinge zu sagen: Die Daten beruhen auf Angaben der Versorger selbst – jeder Nutzer weiß, dass die Wirklichkeit oft anders aussieht. Und zweitens reichen 50 Mbit/s für Online-Geschäftsmodelle natürlich keinesfalls aus. Und nicht nur dort gibt es Klagen. „Architekturbüros sagen uns, dass sie ganz andere Übertragungskapazitäten benötigen, wenn sie ihren Auftraggebern etwa Baupläne schicken wollen“, berichtete IHK-Pressesprecher Michael Pieck.

Thema "schnelles Internet" ist bei den Unternehmen inzwischen angekommen

Allerdings war der Eindruck bisher eher, dass sich viele klein- und mittelständische Unternehmen schwertun mit der Digitalisierung. Die Umfrage zeigt jedenfalls, dass das Thema inzwischen überall angekommen ist. Zufrieden zeigte sich IHK-Präsident Stefan Hagen mit einem Treffen vergangene Woche mit Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges, bei dem es um Breitbandanschlüsse für Gewerbegebiete ging. Insgesamt 13 solcher Zonen seien in der Rangfolge des Bedarfs für einen Anschluss eingeplant, teilte Hagen mit. „Das sehen wir positiv.“ Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille zeigte sich überzeugt, dass der Breitbandausbau der Digitalisierung in der Wirtschaft wiederum einen kräftigen Schub geben werde: „Die Infrastruktur kommt immer vor der unternehmerischen Initiative.“

Für die Standortumfrage hatte die IHK 11.000 Mitgliedsunternehmen angeschrieben, knapp tausend antworteten. „In dieser Tiefe haben wir eine solche Befragung noch nie gemacht“, sagte Hagen. Bei den regelmäßigen Konjunkturbarometern nehmen lediglich an die 300 Unternehmen teil. Dieses Mal sollten die Teilnehmer die 40 Standortfaktoren sowohl in ihrer Bedeutung gewichten als auch ihre Zufriedenheit in dem Bereich äußern. Besonders gut schnitten die Kategorien Flughäfen, Straßen und Autobahnen, Lebens- und Aufenthaltsqualität sowie die medizinische Versorgung ab. Zum Punkt Verkehr sagte Hagen: „Hier gilt es für uns, weiter am Ball zu bleiben angesichts der kommenden Großbaustellen und der zunehmenden Staus.“

Wirtschaftsorientierung der Verwaltung ist nicht gut

Geringer in der Gewichtung als der Breitbandausbau, dafür aber mit schlechteren Noten versehen wurden die Faktoren Gewerbe- und Grundsteuer, Verlässlichkeit von Politik und Verwaltung sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften. Der Unternehmens- und Wirtschaftsorientierung der Verwaltung wurde mit 3,7 ebenfalls kein gutes Zeugnis ausgestellt.

„Bonn ist ein schwerfälliges Pflaster“, resümierte Hille, der als Negativbeispiele das Gerangel um die Zukunft des Viktoriakarrees, um das Gewerbegebiet „New West“ in der Immenburgstraße und die lange Geschichte der Südüberbauung anführte.

Am Ende schütteten Hagen und Hille Asche aufs eigene Haupt: Der Punkt „Unterstützung durch die IHK“ erhielt nur die Note 3,1. „Damit sind wir nicht zufrieden“, sagte Hille. Künftig wolle man noch mehr als Dienstleister für die Mitgliedsunternehmen auftreten.

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