Unternehmen in Bonn Familienbetrieb mit staatlichem Auftrag

Bonn · Ernst-Martin Heel ist Schulträger des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums mit Internat in Bonn-Oberkassel. Er ist Unternehmer und Pädagoge.

Im Schulsekretariat hängt ein echter Immendorff: das Titelblatt der Schülerzeitung „Unsere Welt“, es stammt von 1960. Damals war der Maler Jörg Immendorff noch Internatsschüler am Ernst-Kalkuhl-Gymnasium in Oberkassel. Bis zum Abitur hielt er es nicht aus. Der künstlerisch Begabte wollte so schnell wie möglich an die Kunstakademie in Düsseldorf, erinnert sich Ernst-Martin Heel an den fünf Jahre älteren Mitschüler, aus dem einer der bekanntesten deutschen Künstler werden sollte.

Heel, Jahrgang 1950, ist Schulträger des privaten Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums (EKG) und Leiter des zugehörigen Internats. Unternehmertum ist nicht das Erste, woran man bei Schule denkt. „Wir sind ein pädagogisches Unternehmen“, betont Heel, der als Geschäftsführer der Schul- und Internatsgesellschaft fungiert, an der auch sein jüngerer Bruder Franz-Christoph Heel beteiligt ist. Das EKG ist ein Familienbetrieb, und das mit über hundertjähriger Tradition.

Das Pädagogische und das Unternehmerische vereint Heel auch in seiner Person. Studiert hat er Deutsch und Geschichte für das Lehramt, bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Jahr unterrichtete er die Fächer auch noch. Das Managen des Betriebs aber hat er nicht an der Uni gelernt, sondern wuchs in die Aufgabe hinein. Schließlich gehörte die Schule mit Internat schon seinem Vater und davor dem Großvater und noch früher dem Urgroßvater, Ernst Kalkuhl, Sohn eines Bohrschmieds aus Remscheid.

Der Staat zahlt Zuwendungen für staatlich anerkannte Schulen

Als dieser 1880 die Internatsschule gründete, war er quasi Pionier im Raum Bonn. Nur drei Jahre später kam das „Evangelische Pädagogium“, die Otto-Kühne-Schule, kurz „Päda“, dazu. „Wir haben in Bonn neun staatlich anerkannte Privatgymnasien, davon nur das EKG und das Päda in nicht kirchlicher familiärer Trägerschaft“, erklärt Heel. Erkennt der Staat die Schulen als „staatliche“ an, gibt es Zuwendungen, im Falle Kalkuhls sind das 87 Prozent des Schulhaushaltsplans. Der größte Kostenblock sind die Lehrergehälter. „Die restlichen 13 Prozent müssen wir erwirtschaften, da hilft uns keiner. Gleichzeitig müssen wir das Geld aufbringen für alle Renovierungen, Neuanschaffungen und Neubauten“ , berichtet Heel.

Die Jahresrechnung überprüft der Regierungspräsident, da werden auch Fahrkartenverkäufe und der Schwimmbadeintritt unter die Lupe genommen. Finden sich für einen Französisch-Leistungskurs nicht genügend Schüler, übernimmt der Staat die Kosten nicht. Bietet die Schule den Kurs trotzdem an, muss sie das auf eigene Rechnung tun. „Auch in der Verwaltung müssen wir mitunter was drauflegen, weil Sie zu den angesetzten Löhnen gar nicht mehr die Leute bekommen“, erklärt Heel.

Wie jedes Unternehmen muss die Schule auf Veränderungen reagieren, seien sie gesetzlicher, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art. So hat das Konzept der Ganztagsbetreuung an Schulen das EKG auf die Idee gebracht, sein Internatsangebot für Tagesschüler zu öffnen. Interessant ist das, wenn beide Eltern voll berufstätig sind. Was klein anfing, hat sich auf 85 Tagesinterne ausgeweitet. Um sie kümmern sich Internatspädagogen mit Hochschulabschluss. Ein Vorteil: Ihre Klassen haben nur um die 20 Schüler, die Betreuer sind Teil des Klassenteams. „Die sind bei jeder Konferenz dabei. So erfährt das Lehrerkollegium auch vom Verhalten des Schülers am Nachmittag.“

Wirtschaftlich das wichtigste Standbein ist das Internat mit seinen 80 bis 90 Schülern. Zentrale Werbeplattform ist dabei die eigene Homepage. Darüber hinaus ist Heel im Ausland unterwegs, um Kalkuhl bekannt zu machen. Engen Kontakt gibt es zu einer deutschen Auslandsschule in Mexico City, dem Colegio Aleman Alexander von Humboldt. In diesem Jahr sind zwölf ihrer Schüler in Oberkassel.

Erstmals waren im vergangenen Herbst unter den neuen Internen sogar mehr Ausländer als Deutsche, fernstes Herkunftsland: China. „Die Schülergruppen sind gut durchmischt, das ist für den Lernerfolg und die Integration gut“, betont Heel.

"Wir leben stark von der familiären Atmosphäre"

Werben innerhalb Bonns für die Schule muss das EKG mit seinen über 600 Schülern nicht. Mund-zu-Mund-Propaganda und das Nachziehen von Geschwisterkindern reichen, um die Klassen zu füllen. „Wir leben stark von der familiären Atmosphäre. Unsere Schüler schätzen das Eingebettetsein in etwas historisch Gewachsenes.“ Diesen Eindruck vermitteln auch die Parkanlagen auf dem weitläufigen Schulgelände. Einige jahrzehnte alten Bäumen geben ihm fast das Gepräge einer englischen Internatsschule.

Im Rückblick findet Heel, der mit einer Lehrerin verheiratet ist, die Aufgabe als Schulträger „ideal“; auch wenn sie „anstrengend“ sei: „Die Managementaufgaben sind gestiegen, weil alles normierter ist. Kontrolle und Verwaltungsaufwand sind enorm.“

Einen Nachfolger, um die Familientradition fortzusetzen, gibt es auch. Heels 29-jähriger Sohn, natürlich ein Kalkuhl-Absolvent, hat an der European Business School in London studiert und seinen Master in Wirtschaftswissenschaften an der dortigen Kingston University gemacht. So schließt sich der Kreis zum Schulgründer. Ururgroßvater Kalkuhl war nämlich auch als junger Lehrer eine Zeit lang in England gewesen.

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