Energieausweis ist in der Region Nebensache

Der vorgeschriebene Nachweis spielt bei Immobilienverkäufen kaum eine Rolle

Energieausweis ist in der Region Nebensache
Foto: dpa

Bonn. Seit dem 1. Januar 2009 ist der Energieausweis für alle Gebäude, die vermietet, verkauft oder verpachtet werden, Pflicht. So steht es im Gesetz. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus - bei kaum einem Immobilienverkauf spielt der Ausweis eine Rolle, ergab eine GA-Umfrage.

"In den seltensten Fällen fragen Interessenten oder Käufer danach", sagt Ludger Kaup, Vorsitzender des Sachverständigenausschusses des Immobilienverbandes IVD West. "Es gibt einfach wichtigere Kriterien für den Erwerb von Immobilien. Ein Haus ist schließlich kein Kühlschrank." Diese Einschätzung teilt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Bonner Vereins Wohnen im Eigentum: "Die Käufer interessieren sich zuallererst für die Lage, dann für den Preis. Erst dann kommt der Zustand des Hauses, zu dem das Thema Energie gehört."

Einen ähnlichen Eindruck hat Helmut Hergarten, Geschäftsführer des Vereins Haus & Grund: "Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt vollziehen sich langsam", sagt er. Die Möglichkeit, den im Ausweis genannten Kennwert (Verbrauch in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr) eines Hauses in einer Immobilienanzeige zu veröffentlichen und damit als Marketinginstrument einzusetzen, nutzten nur wenige Eigentümer.

"Allerdings werden die Nebenkosten zunehmend wichtiger", beobachtet Hergarten. In Randlagen, in denen es schwieriger sei, Wohnungen zu vermieten, würde der Energieausweis eher als gutes Argument für eine Wohnung eingesetzt als in gefragten Innenstadtlagen wie der Bonner Südstadt.

Die mit dem Energieausweis verbundenen Ziele sind hoch gesteckt: Er soll darüber informieren, wo Energie gespart werden kann. Daher enthält er Hinweise zur Modernisierung alter Gebäude. Und er soll die Attraktivität von Wohnungen und Häusern mit geringen Nebenkosten auf dem Immobilienmarkt stärken. Käufer und Mietinteressenten haben das Recht, den Nachweis einzusehen.

Dabei unterscheidet die Energieeinsparverordnung (EnEV) zwei Ausweistypen: Für den Verbrauchsausweis wird der tatsächlich angefallene Energieverbrauch gemessen. Beim ausführlicheren Bedarfsausweis wird eine rechnerische Prognose des voraussichtlichen Energiebedarfs erstellt. Hierzu wird der Zustand des Hauses bewertet.

Nach Ansicht des Mieterbundes Bonn/Rhein-Sieg/Ahr e.V. spielt der Immobilienmarkt eine entscheidende Rolle. "Bei einer angespannten Wohnungsmarktlage wollen viele Mietinteressenten keine unverschämte Frage stellen und trauen sich nicht, nach dem Ausweis zu fragen", meint Hauptgeschäftsführer Bernhard von Grünberg. "Wir raten dazu, offensiver aufzutreten."

Vermieter und Verkäufer, die sich weigern, den Ausweis vorzulegen, können bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden. Ihnen droht ein Bußgeld von bis zu 15 000 Euro. Ein solcher Fall ist allerdings bisher nicht bekannt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort