Energieagentur informiert über Neuerungen Energieausweis gewinnt an Gewicht

Bonn · Wer bauen oder sanieren will, der kommt an der Verordnung nicht vorbei: Die Rede ist von der Energieeinsparverordnung (EnEV). 2001 aufgelegt, gilt die EnEV für Wohngebäude, Bürogebäude und viele Betriebsgebäude. Sie schreibt Bauherren bautechnische Standardanforderungen zum effizienten Betriebsenergiebedarf ihrer Gebäude oder Bauprojekte vor.

Die Farbskala macht das Lesen des Energieausweises einfach - Wohnungssuchende sollten jedoch darauf achten, dass darin nicht nur der Verbrauch, sondern auch der tatsächliche Bedarf angegeben ist.

Die Farbskala macht das Lesen des Energieausweises einfach - Wohnungssuchende sollten jedoch darauf achten, dass darin nicht nur der Verbrauch, sondern auch der tatsächliche Bedarf angegeben ist.

Foto: dpa

Nach einer Novellierung der Verordnung vor vier Jahren hat die Bundesregierung am 16. Oktober eine Neufassung beschlossen, die am 1. Mai 2014 in Kraft treten wird. Dabei gibt es aus Sicht der Bonner Energieagentur eine Reihe wichtiger Neuerungen für Immobilienbesitzer zu beachten. "Wenn Pflichten der EnEV nicht erfüllt werden, drohen Bußgelder", betont Celia Schütze, Leiterin der Energieagentur.

Betroffen sind vor allem Neubauten: "Die Anforderungen am zulässigen Jahres-Primärenergiebedarf werden um durchschnittlich 25 Prozent angehoben", sagt Energieberaterin Celia Schütze. "Die Anforderungen an die Gebäudehülle steigt um durchschnittlich 20 Prozent." Die Regelung gelte aber erst für Neubauvorhaben, deren Bauantrag oder Bauanzeige am 1. Januar 2016 oder später eingereicht wird.

Zwar werden laut Schütze die Anforderungen für Bestandsgebäude nicht erhöht, sofern es die Modernisierung von Außenbauteilen betrifft. "Allerdings treten hier neue Regelungen zu den Nachrüstverpflichtungen bei Kesseltausch und Dämmung des Speicherbodens in Kraft", führt sie aus. Oberste Geschossdecken müssen dann bis zum 31. Dezember 2015 gedämmt werden (U-Wert maximal 0,24 W/m²K), wenn die Decke oder das darüberliegende Dach nicht den Mindestwärmeschutz erfüllt.

Beachten sollten Hausbesitzer aus Sicht der Energieagentur vor allem die Pflicht zum Austausch sogenannter "Konstant-Temperaturkessel", die erweitert wurde. Dabei handelt es sich in der Regel um Standard-Heizkessel, die als veraltet gelten, weil sie konstant bei hohen Temperaturen von etwa 80 bis 90 Grad Celsius laufen und sich am maximalen Wärmebedarf des Gebäudes orientieren.

Konstant-Temperaturkessel, die nach dem 1.1.1985 eingebaut wurden, müssen nun laut novellierter EnEV nach 30 Jahren außer Betrieb genommen werden. Wurden die Kessel vor 1985 eingebaut, dürfen sie bereits ab 2015 nicht mehr betrieben werden. Brennwertkessel und Niedertemperaturheizkessel sind von dieser Austauschpflicht ausgenommen. Aufgehoben wird ein Verbot aus der bislang geltenden EnEV, das ab 2020 einen Betrieb von Nachtstromspeicherheizungen untersagte.

Von den Nachrüstverpflichtungen ausgenommen sind Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern, die am 1. Februar 2002 in diesen Häusern mindestens eine Wohnung selbst genutzt haben. Anders sieht die Sache aus, wenn der Eigentümer wechselt: "Dann muss die Pflicht innerhalb von zwei Jahren erfüllt werden", sagt Schütze.

Gravierende Änderungen gibt es beim Energieausweis. Bisher war vorgeschrieben, dass Immobilienbesitzer den Energieausweis allein auf Anfrage vorzeigen müssen. Nun wird laut Schütze festgelegt, "dass der Ausweis bei der Besichtigung des Kauf- beziehungsweise eines Mietobjekts ungefragt vorzulegen ist". Zudem ist es ab kommendem Mai Pflicht, dem neuen Käufer oder Mieter der Immobilie zumindest eine Kopie des Energieausweises zu übergeben. Auch weist der Energieausweis nun eine Energieeffizienzklasse von A+ bis H auf, ähnlich der Kennzeichnung von Haushaltsgeräten.

"Damit soll der Energieausweis mit seinen Kennwerten transparenter werden", erklärt Celia Schütze. Die Regelung betreffe nur Energieausweise für Wohngebäude, die nach dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgestellt werden. Im Umkehrschluss bedeutet das: Bereits vorhandene Energieausweise bleiben gültig. Neu eingeführt wird die Pflicht, die energetischen Kennwerte in Immobilienanzeigen auszuweisen, sofern ein Energieausweis vorliegt. Bei Verkauf und Vermietung müssen dann Energiebedarf oder -verbrauch, das Baujahr und die Effizienzklasse (A+ bis H) angegeben werden.

Positiv bewertet vor allem die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen die künftige Stärkung des Energieausweises als Informationsinstrument. "Das sorgt für mehr Transparenz und kann Eigentümer motivieren, vor Neuvermietung oder dem Verkauf eines Gebäudes eine energetische Sanierung in Angriff zu nehmen", meint Präsident Hartmut Miksch. Allerdings fällt das Resümee der Architektenkammer kritisch aus. Zwar unterstütze man das Ziel, den Energieverbrauch für Wohnen und Arbeiten zu reduzieren. "Mit der beschlossenen EnEV ist die Grenze des wirtschaftlich sinnvoll Machbaren erreicht", bekräftigt Präsident Miksch. Seine Kammer befürchtet, dass durch die weitere Erhöhung der Anforderungen an die energetischen Kennwerte von neu errichteten Gebäuden das Neubauvolumen insgesamt weiter sinken wird. "Bauen wird dadurch teurer", glaubt Miksch.

Ähnliches sagt der Bonner Architekt Frank Piotrowski, der sich im städtischen Gutachterausschuss engagiert: "In den meisten Fällen werden die höheren Anforderungen der EnEV 2014 zu erheblichen Kostensteigerungen führen, da passive Dämmmaßnahmen gegenüber dem heutigem Standard unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt wirtschaftlich kaum noch zu verbessern sind." Vor allem werde ein aufwendigerer Einsatz von haustechnischen Anlagen mit hohen Investitionskosten, Eigenenergieverbrauch und jährlich zu wiederholenden Wartungen notwendig. "Das Segment der Haustechnik war bereits in den vergangenen Jahren der größte Preistreiber bei unseren Neubauprojekten", sagt Piotrowski.

Schütze sieht das differenziert: "Diese neuen Regelungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, denn ab 2021 werden alle Neubauten Niedrigst-Energiehäuser sein." Sie empfiehlt, Neubauten so effizient wie möglich zu bauen und bei der Sanierung von Altbauten einen Sanierungsfahrplan erstellen zu lassen. "Denn es ist wichtig, die Chance der Sanierung zu nutzen, um sich vor steigenden Energiepreisen zu schützen. Gleichzeitig kann man etwas für seinen Komfort und die Behaglichkeit tun", meint die Fachfrau.

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