Neue Verordnung tritt ab 1. Mai in Kraft Energie-Angaben müssen in der Anzeige stehen

BONN · Wer ab dem 1. Mai seine Immobilie verkaufen will, muss umdenken. Praxis war, dass ein Verkäufer oder ein Immobilienmakler etwa in einer Tageszeitung ein Inserat platzierte, die Angaben zur Zimmerzahl, den Quadratmetern und der Grundstücksfläche enthielt. Das wird zukünftig nicht mehr ausreichen.

Eine Leserin des General-Anzeigers beim Studium der Wohnungsannocen.

Eine Leserin des General-Anzeigers beim Studium der Wohnungsannocen.

Foto: Axel Vogel

Denn am 1.Mai tritt, wie bereits berichtet, eine Neufassung der Energieeinsparverordnung (EnEV) in Kraft. "Mit ihr gelten erstmals Regeln für Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien", darauf weist Markus Gelderblom, Geschäftsführer von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg hin.

Wer als Vermieter und auch Verkäufer nicht sicherstellt, dass in den Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien die Pflichtangaben gemäß Paragraf 16a EnEV enthalten sind, begeht eine Ordnungswidrigkeit", so Gelderblom weiter. Die könne mit einem Bußgeld von 15.000 Euro geahndet werden. Er verweist jedoch auf eine Übergangsfrist, so dass eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit erst ab Mai 2015 erfolge. Den Nutzen der Novellierung beurteilen Experten unterschiedlich.

Dreh und Angelpunkt bei den neuen Pflichtangaben ist der Paragraph 16a der EnEV. Der besagt: Wer vor dem Verkauf eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien wie Zeitungen und Onlineportalen aufgeben will, und wer zu diesem Zeitpunkt über einen Energieausweis verfügt, muss in der Anzeige Pflichtangaben berücksichtigen. Unter anderem die Art des Energieausweises, den im Energieausweis genannten Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs für das Gebäude, wesentliche Energieträger für die Heizung des Gebäudes, bei Wohngebäuden das Baujahr und die im Energieausweis genannte Energieeffizienzklasse.

Wer keinen Ausweis besitzt, dennoch aber ein Objekt vermieten oder verkaufen will, braucht in seiner Inserat zwar keine Angaben zu einem Energieausweis zu machen, sagt Ulrich Goedecke, Energieberater für Unternehmen bei der Energieagentur NRW: "Aber spätestens dann, wenn sich ein Interessent die Immobilie ansehen will, muss der Eigentümer einen solchen Ausweis vorlegen." Ausgenommen von der Regelung sind seinen Angaben nach allein Besitzer von denkmalgeschützten Bauten,

Ob ein Energieausweis tatsächlich aussagefähig ist, konnte bislang nur schwer kontrolliert werden. Und auch nach dem 1. Mai gilt: "Die Verlage trifft hier keine Prüfpflicht", stellt Ricarda Veigel, Justiziarin beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), klar. Allerdings müssen Ausweise, die ab dem 1. Mai ausgestellt werden, bei einer zentralen Stelle, dem Institut für Bautechnik, registriert werden, so Energieberater Goedecke.

Für Ausweise, die vor diesem Stichtag ausgestellt wurden, gilt diese Pflicht nicht. "Die sind nach dem Ausstellungsdatum zehn Jahre gültig", führt er aus. Sinn und Zweck der Regelung sei es, dem Schindluder, der manchmal mit Energieausweisen getrieben wurde, einen Riegel vorzuschieben. "Die besseren Kontrollmöglichkeiten werden am Markt sicherlich auch schwarze Schafe verdrängen - zu Gunsten von mehr Klarheit in Sachen Energieeffizienz", erklärt Goedecke.

Dass es Änderungsbedarf hinsichtlich der Bedeutung des Energieausweises gibt, steht für Haus-&-Grund-Geschäftsführer Markus Gelderblom außer Frage: "Schon nach der EnEV 2009 mussten Energieausweise dem Mieter ´zugänglich` gemacht werden. Wie der Vermieter diese Pflicht umsetzte, blieb jedoch ihm überlassen." Seiner Meinung nach hatten weder der Vermieter noch der Mieter "den Energieausweis so richtig ernst genommen." Da eine Erstauswahl von Mietobjekten in der Praxis schon anhand des Inserates stattfindet, würden jetzt weitergehende Pflichten geschaffen.

"Damit ist der Energieausweis quasi öffentlich für jedermann einsehbar und zwar schon im Rahmen eines Inserates. Ähnlich sieht das auch Goedecke von der Energieagentur NRW: "Es gab in der Vergangenheit viel Kritik an Vollzugsdefiziten der EnEV." Doch nun könnten Käufer wie Mieter einer Wohnimmobilie anhand der ausgewiesenen Effizienzklassen die Endenergie auch konkret in einen Eurobetrag umrechnen. Unterm Strich wolle der Gesetzgeber nicht nur beim Verbraucher mehr Transparenz schaffen und das Bewusstsein für den Klimaschutz erhöhen, sagt Goedecke. Vor allem sollen auch Besitzer von Immobilien mit schlechten Energiewerten dazu bewegt werden, "etwas an ihren Gebäuden zu tun".

Das Argument hält Wieland Münch, Geschäftsführer von Limbach Immobilien, für wenig stichhaltig: "Der Bonner Markt hat einen so großen Nachfrageüberhang, das man eine Wohnung in der Regel auch ohne Energieausweis zu einem guten Preis verkauft bekommt." 99 Prozent seiner Käufer würden ohnehin nicht nach einem solchen Ausweis fragen, bei Mietern seien es 90 Prozent. Zudem bezweifelt Münch den Sinn des Ausweises: "Obwohl es zum Beispiel bei Gewerbeimmobilien beim Energieverbrauch massiv auf die tatsächliche Nutzung ankommt, wird bei einem Energieausweis nicht differenziert, ob etwa nach dem Sonnenstudio ein Möbelgeschäft in ein Ladenlokal einzieht."

Den Makler ärgert, dass der Energieausweis verpflichtender Bestandteil von Annoncen wird: "Der Aufwand, das umzusetzen, ist immens." Zum einen hänge das mit einer Umorganisation in den Maklerbüros zusammen: Allein Münchs Unternehmen muss in ein Update der Büro-Software "über tausend Euro investieren". Ebenso schlimm wiege aber, "dass viele Kollegen wie vor allem Kunden das Thema überhaupt noch nicht auf dem Schirm haben". Konsequenz ist: "Weil vor allem Eigentümer von Gewerbeimmobilien noch keinen Energieausweis haben, müssen wir zum 1. Mai voraussichtlich einige Objekte aus der Vermarktung nehmen."

Dass eine Verunsicherung im Zusammenhang mit dem Nutzen des Energieausweises besteht, will auch Celia Schütze, Leiterin der Bonner Energieagentur, nicht bestreiten: "Das Instrument ist verbesserungswürdig, da es schwierig ist einzuordnen, was die Werte von Endenergie oder Primärenergie aussagen." Gleichwohl sei die Gesetzesänderung ein wichtiger Schritt, um die Nebenkosten in den Blick zu rücken: "Bei einer Steigerung der Energiepreise um acht Prozent verdoppeln sich die Nebenkosten innerhalb von zehn Jahren."

Auch wenn Paragraf 16a EnEV ab Mai Immobilienanzeigen länger machen dürfte, führt nach Meinung von BDZV-Justiziarin Ricarda Veigel kein Weg an einer Werbung vorbei. Zumindest nicht für den, "der sein Objekt vermarkten oder verwerten will".

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