IHK Bonn/Rhein-Sieg Einige Branchen erwarten erst wieder 2021 Umsätze

Bonn. · Manche Branche treibt Corona in den Ruin. Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg ist für technisch-organisatorische Maßnahmen, damit die Wirtschaft wieder anläuft.

Manche Branche treibt Corona in den Ruin.

Manche Branche treibt Corona in den Ruin.

Foto: Benjamin Westhoff

Gerade mal acht Prozent der Unternehmen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg rechnen in diesem Jahr mit keinen Umsatzeinbußen, der kleinste Teil, nämlich sieben Prozent, geht im Zuge der Corona-Krise sogar von einem Plus aus. Für viele andere aber ist die wirtschaftliche Situation „unfassbar schlimm“, wie es IHK-Präsident Stefan Hagen ausdrückt.

Er ist selbst Unternehmer, führt in Siegburg ein Beratungs- und Trainingsunternehmen. Vor vier Wochen, als die Regierung die Einschränkungen für das öffentliche und private Leben zur Eindämmung der Pandemie verkündete, ging auch für seinen Betrieb „von jetzt auf gleich das Licht aus“. „Wir haben alle Instrumentarien staatlicher Hilfe genutzt“, berichtet Hagen am Freitag, vom Kurzarbeitergeld bis zur NRW-Soforthilfe, die sich an Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeiter richtet. „Das hat super funktioniert“, lobt Hagen.

Unterschiedliche Probleme in den Branchen

In diesen Wochen haben die IHKn auch regelmäßig die Unternehmen nach ihrer Situation befragt, zuletzt von Dienstag bis Donnerstag dieser Woche. Hagens Unternehmensberatung hat sich inzwischen mit der Situation arrangiert: „Man muss kreativ sein, vieles läuft jetzt über Videokonferenzen.“

Unternehmen aus anderen Branchen können sich schwerer anpassen:  Der Messebau liegt brach, für Hotellerie und Gaststätten gibt es wenig bis nichts zu tun. „Manche Branchen werden erst im Frühjahr 2021 wieder Umsätze realisieren“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille.

Umso wichtiger ist ihnen jetzt, dass die Wirtschaft – bei Einhaltung der Schutzmaßnahmen – möglichst schnell wieder in der Breite anlaufen kann. Klar ist, dass die Beschlüsse der Bundesregierung und der Länder vom Mittwoch nur ein Anfang sein könnten. Dass in der Regel nur Einzelhandelsgeschäfte bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche ab Montag wieder öffnen dürfen, halten sie aber „für ein Stück willkürlich“. Umso besser, dass nun Nordrhein-Westfalen auch Möbelhäusern, die meistens auf der grünen Wiese stehen, den Betrieb wieder erlaubt. Solange das Abstandsgebot von anderthalb bis zwei Metern eingehalten werden könne, „sollten wir zulassen, was möglich ist“, so Hille. „Auch eine Maskenpflicht gibt uns mehr Spielraum“, erklärt Hagen. Die könne sich jeder auch selbst basteln, Anleitungen dafür gebe es genug.

Klare Investitionen als Rettung

Rufe nach einem Konjunkturprogramm über die Soforthilfen für die Wirtschaft hinaus unterstützt die IHK, allerdings nicht in Form eines „Helikoptergeldes“, wie es Hagen formuliert. Ihm schwebt ein Investitionsprogramm vor, das die Digitalisierung in Deutschland vorantreibt. „Man sollte aus Corona lernen“, erklärt er. „Wir haben uns in dieser Krise ins Mittelalter zurückgesetzt. Das ist nicht die Methode des 21. Jahrhunderts.“ Deutschland sollte sich ein Beispiel an Südkorea, Taiwan oder skandinavischen Ländern nehmen, die weniger rigide bei den Beschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft waren.

„Wir müssen Alternativen zu den restriktiven Maßnahmen aufbauen, weil wir ein Hochtechnologieland sind.“ So müssten die Bevorratung für Masken verbessert und ausreichend Beatmungsgeräte beschafft werden. Fiebermessen, Corona-Tests, Apps zur Feststellung von Infektionsketten seien Maßnahmen, die ein weitgehend normales Leben ermöglichten, erklärt Hagen.

Der IHK-Präsident ist überzeugt, dass sich das Wirtschaftsleben durch und nach der Corona-Krise nachhaltig verändern wird. Videokonferenzen würden sich dauerhaft etablieren als Alternative zu Präsenzveranstaltungen. Die Kammer selbst habe ihre Software ausgebaut. Neu seien Webinare, die man in den vergangenen Wochen zu Themen wie Insolvenz, Mietzahlungen, Kurzarbeitergeld veranstaltet habe.

Hagen berichtete, dass in NRW auf Anfrage des Wirtschaftsministers die IHKn und die Handwerkskammern die Rolle der Informationsvermittler in der Corona-Krise übernommen haben. Das sei in anderen Bundesländern anders organisiert. Die IHK Bonn/Rhein-Sieg habe bereits rund 6000 Anfragen per Telefon und Mail erhalten. Zur Beantwortung der Fragen rund  um Staatshilfen seien 40  Mitarbeiter geschult worden.

Auch wenn bei den Hilfen nachjustiert werden müsse, begrüßte die IHK die Abwicklung über digitale Antragsformulare in NRW als gelungen, auch wenn Betrüger durch gefälschte Webseiten das ausnutzen konnten.

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