Eine Karte sagt mehr als tausend Worte

In Bonn, dem "Silicon Valley" der Geoinformatik, ist das Geomarketing eine bedeutende Disziplin. Fragen wie "Wo liegt der ideale Standort für eine neue Filiale?" können damit geklärt werden.

 Beispiel für Geomarketing: Untersuchungen zeigen, dass die meisten deutschen Singles in Berlin leben. Da kann sich für Partnervermittlungen eine Werbeaktion lohnen.

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Foto: dpa

Bonn. Wo liegt der ideale Standort für eine neue Filiale? In welchen Gebieten lassen sich welche Produkte am besten verkaufen?

Wo leben besonders viele Verbraucher, die bei Einkäufen auf Gesundheit und Nachhaltigkeit achten? Antworten auf solche für Marketing und Vertrieb wichtigen Fragen gibt das Geomarketing: Eine junge Disziplin, die innerhalb der Geoinformationswirtschaft an Bedeutung zunimmt.

Das gilt auch für das "Silicon Valley" der Geoinformatik, wie die Bonner Region von Branchenexperten genannt wird.

Rund 20 kleinere und mittlere Unternehmen mit zusammen 1 000 Beschäftigten sind hier ansässig und prägen zusammen mit der Universität Bonn und dem Fraunhofer-Institut IAIS die regionale Geo-Branche.

Die Zusammenarbeit dieser Akteure wird durch die Geoinitiative Bonn unterstützt: Dahinter steht neben der regionalen Wirtschaftsförderung (Bonn, Rhein-Sieg-Kreis, Kreis-Ahrweiler) auch die Industrie- und Handelskammer Bonn Rhein-Sieg ( www.geobusiness-region.de).

Mehrere Unternehmen der regionalen Geoinformatik-Branche haben sich auf das Geomarketing spezialisiert.

Dazu zählt auch die Bonner Infas Geodaten GmbH (25 feste Mitarbeiter in Bonn). Das Unternehmen ist auf Marktinformationen, Geodaten und Analysen rund um das Geomarketing spezialisiert und richtet Branchentreffen aus.

"Geomarketing dient dazu, Marketing und Vertrieb durch Einsatz von Geoinformationssystemen zu optimieren", sagt Werner Tappert, Geschäftsführer des Bonner Anbieters von Geomarketing-Lösungen Lutum + Tappert (15 Mitarbeiter).

Hierbei helfen digitale Karten, Markt- und Unternehmensdaten sowie entsprechende Software. Voraussetzung ist, dass es um raumbezogene Aufgaben geht. Als typische Anwendungen gelten Markt- und Wettbewerbsanalysen sowie die Mediaplanung für Werbekampagnen.

Auch bei der Standortplanung ist Geomarketing hilfreich. So hat das IAIS Fraunhofer Institut (Sankt Augustin) eine Lösung entwickelt, die für jeden Straßenabschnitt in Deutschland ermittelte Verkehrsfrequenzen mit Daten des Straßennetzes verknüpft.

Das hilft bei der Entscheidung, an welchen Standorten neue Geschäfte oder Filialen am besten von den Kunden im Auto, mit dem öffentlichen Nahverkehr und zu Fuß erreicht werden können.

Die Deutsche Telekom verwendet Geomarketing seit 2006 als strategisches Werkzeug im Vertrieb vor allem für Entscheidungen über Standorte von Telekom Shops und für die Markteinführung von Produkten.

So arbeiten der Bonner Konzern und die auf Sicherheitslösungen spezialisierte Securitas gemeinsam daran, sich einen Massenmarkt für Basis- Alarmanlagen mit Mobilfunk-Anbindung zu erschließen.

Geomarketing hilft dabei, Fragen nach dem "Wer" und "Wo" zu beantworten: Wer sind in Frage kommende Kunden und wo leben sie? Wie unterscheidet sich die Zahlungsbereitschaft in unterschiedlichen Regionen? Wo und wie lässt sich die Werbung optimieren?

Für viele Unternehmen, die ihre Produkte direkt oder indirekt an den Endverbraucher verkaufen, sind Kaufkraft-Studien interessant: Eine einzige Karte zeigt auf den ersten Blick, wo die kaufkraftstärksten Regionen zu finden sind.

Die Kaufkraft misst das verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung inklusive staatlicher Leistungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld oder Renten.

Nach über 3 000 Jahren, in denen kartografische Informationen auf Papier festgehalten wurden und nach fast drei Jahrzehnten der Digitalisierung von Geoinformationen, hat das Geomarketing innerhalb weniger Jahre einen festen Platz vor allem bei Unternehmen eingenommen, die ihre Produkte großflächig dem Endverbraucher anbieten und dafür die besten Plätze suchen.

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