Eine Bahnstrecke der Superlative

Seit einem Jahr ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln-Frankfurt in Betrieb - Der Ausbau des Siegburger Bahnhofs soll laut Planung Ende dieses Jahres fertig werden - Keine zusätzliche Sicherung der Strecke durch die Bahn geplant

Bonn. 177 Kilometer lang, sechs Jahre Bauzeit, sechs Milliarden Euro Kosten: Die Schnellbahntrasse Köln-Frankfurt, die Am Freitag vor einem Jahr für den Personenverkehr geöffnet wurde, ist eine Strecke der Superlative - in vielerlei Hinsicht.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde bringt der eigens für diese Strecke konstruierte ICE 3 mit 11 000 PS die Reisenden in weniger als einer Stunde von der Domstadt über 18 Talbrücken und durch 30 Tunnel an den Main. Wer 2. Klasse fährt, zahlt derzeit 51,10 Euro ohne Bahncard, mit Bahncard 50 kostet die Strecke Köln-Frankfurt 25,55 Euro.

Bisher haben 4,5 Millionen Fahrgäste eine Fahrkarte für die Strecke gelöst, bis zum Jahr 2010 sollen es nach Angaben von Manfred Pietschmann, Pressesprecher der Deutschen Bahn AG in Nordrhein-Westfalen, rechts- und linksrheinisch insgesamt 25 Millionen Reisende pro Jahr auf dieser Strecke sein.

Die Auslastung betrage derzeit 37 Prozent und liege damit leicht unter dem Schnitt im Fernverkehr, nach Bahn-Angaben schreibt das Unternehmen auf der Neubaustrecke dennoch schwarze Zahlen.

Die Pünktlichkeit - ein großes aktuelles Problem der DB AG generell - liegt nach Angaben von Pietschmann bei 85 Prozent. Verantwortlich macht er dafür die "rege Bautätigkeit" der Bahn.

Pro Stunde sind sieben dieser High-Tech-Züge in beide Richtungen unterwegs, alle zwei Stunden gibt es eine Verbindung zwischen Amsterdam und Frankfurt, drei Zugpaare fahren täglich zwischen Brüssel, Köln und Frankfurt. Hinzu kommen noch zahlreiche weitere Verbindungen zwischen Nord und Süd, etwa stündlich von Dortmund Richtung Basel oder München.

Viele Züge, die zuvor über die kurvige Rheinstrecke verkehrten, fahren jetzt über die schnellere Neubaustrecke. "Die linke Rheinseite hat aber noch ein leichtes Plus", sagt Pietschmann.

Der Ausbau der Strecke, die rund 300 000 Tonnen Stahl verschlungen hat, ist aber noch lange nicht abgeschlossen: Im Sommer 2004 Strecke soll beispielsweise der Flughafen Köln/Bonn mit einer Haltestelle an die Hochgeschwindigkeitsstrecke angebunden werden.

Der Ausbau des Bahnhofs Siegburg soll laut Planung Ende dieses Jahres fertig werden, Mitte 2004 wird die Anlage laut Pietschmann in Betrieb genommen. Außerdem laufen bereits Planungen, die Trasse in Richtung Süden zwischen Mannheim und Frankfurt zu erweitern.

Ganz ohne Probleme ist der Start in das neue Zugzeitalter freilich nicht geglückt. Besonders pikant bei hochsommerlichen Temperaturen: Die Klimaanlagen der ICE 3 sind "entweder völlig unzureichend oder sie haben hin und wieder völlig versagt", räumt Bahn-Sprecher Manfred Pietschmann ein.

"Wir versuchen, die Mängel derzeit so klein wie möglich zu halten, die Anlagen müssen aber konzeptionell neu gestaltet werden", so Pietschmann. Eine Fehlkonstruktion des Herstellers also, die den Fahrgästen übel aufstößt.

Zweites großes Problem sind die so genannten Wirbelstrombremsen, ein zusätzliches Bremssystem, das aufgrund der hohen Geschwindigkeit benötigt wird. Immerhin benötigt der 200 Meter lange Zug mit seinen 440 Sitzplätzen, wenn er erst einmal 300 Kilometer pro Stunde fährt, sieben Kilometer Bremsweg.

"Die Hälfte der Antriebsmotoren musste deshalb getauscht werden, die Arbeiten sollen im Herbst abgeschlossen werden", erläutert der Bahn-Sprecher.

Doch nicht nur die Bahn und ihre Kundschaft ist mit vermutlich kaum zu vermeidenden Startproblemen konfrontiert, auch die Anwohner haben allerhand zu bemängeln. Die Lärmbelastung wird individuell unterschiedlich wahrgenommen, und in der Nähe des Aegidienbergtunnels haben in einigen Haushalten Computer, Fernsehgeräte und Laptops gestreikt.

Eine bessere Absicherung der Strecke für Kinder, die Eltern in Aegidienberg fordern, steht für die Bahn offenbar nicht zur Debatte. Manfred Pietschmann: "Da passiert von unserer Seite nichts. Die Bahnanlagen sind kein Abenteuerspielplatz." Eltern müssten ihre Kinder entweder beaufsichtigen oder ihnen, wie an jeder Straße auch, beibringen, wie man sich zu verhalten habe.

Ein großer Wermutstropfen ist mit dem Neubau der Strecke auch für die Bonner verbunden. Der Bonner Hauptbahnhof hat erhebliche Einbußen erlitten, mehr als die Hälfte der Fernverkehrszüge sind nach früheren GA-Angaben seit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember entfallen.

Eine Panne mit Schmunzelcharakter für Nichtbetroffene darf bei der Einjahresbilanz der Schnellstrecke nicht fehlen: Auf dem Siegburger Bahnsteig mussten zu Jahresbeginn zahlreiche Fahrgäste frieren, weil der ICE 3 einfach nicht anhielt und durch den Bahnhof versehentlich hindurchrauschte.

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