Zera GmbH in Königswinter Ein Unternehmen in Mitarbeiterhand

KÖNIGSWINTER · Ein Unternehmen, das zu 100 Prozent den Mitarbeitern gehört, ist in Deutschland die Ausnahme. Bei der Zera GmbH in Königswinter war diese Struktur nach einer Insolvenz 1999 zunächst aus der Not heraus geboren, hat der Firma aber die Grundlage für eine stabile Entwicklung beschert, wie Geschäftsführer Prosper Suwelack berichtet.

 Führen die Geschäfte bei Zera: Rainer Otto (l.) und Prosper Suwelack.

Führen die Geschäfte bei Zera: Rainer Otto (l.) und Prosper Suwelack.

Foto: Frank Homann

Das Unternehmen entwickelt und fertigt Prüfsysteme für Stromzähler. Zu den Kunden zählen vor allem Energieversorger, Zählerhersteller und Eichämter. In seinem Nischenmarkt der Prüfsysteme ist Zera Weltmarktführer. Und der Begriff "Hidden Champions", der für unbekannte Marktführer gerne benutzt wird, ist in diesem Fall sogar wörtlich zu nehmen. Denn der Unternehmenssitz liegt versteckt direkt an der Königswinterer Fußgängerzone. Zwischen Hauptstraße und Kellergasse hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten über mehrere Häuser ausgebreitet.

Zera wurde 1920 als "Zähler-Eich-und Reparatur-Anstalt Ingenieur W. Cremer, Königswinter am Rhein" gegründet. "Heute würde man sagen: ein typisches Start-up", vergleicht Suwelack. Eichen galt in dieser Zeit als Kunst, die nur wenige beherrschten. Die Zählerrevisoren holten sich damals ihre Aufträge mit dem Fahrrad noch persönlich bei den umliegenden Elektrizitätswerken ab. Repariert, gewartet und nachgemessen wurden die Geräte in der Königswinterer Werkstatt. In diesem Haus befindet sich noch heute die Unternehmenszentrale. Im Lauf der Jahrzehnte hat sich Zera vom Dienstleister für Zählerkalibrierung zu einem hoch spezialisierten Hersteller für Prüftechnik entwickelt.

Die Idee, nach der Insolvenz die Geschäftsanteile den Mitarbeitern anzubieten, hatte Insolvenzverwalter Ludger Westrick. Er hatte die Geschäftsanteile für die Insolvenzmasse aus der Hand der Familie erworben. Die Gläubiger mussten auf 45 Prozent ihrer Ansprüche verzichten. Von zuvor 130 Mitarbeitern wurden 100 gehalten, die Unternehmensführung ausgetauscht. Gleichzeitig erwarben 22 Mitarbeiter, darunter die beiden Geschäftsführer Prosper Suwelack und Rainer Otto, die Geschäftsanteile.

Zu der Unternehmenskrise hatte ein Auftragseinbruch geführt, der durch die Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 ausgelöst worden war. Bis dahin hatten die Monopolisten genug Mittel, um große Summen in die Prüftechnologie zu stecken. Als der Wettbewerb zwischen den Stromanbietern begann, stieg auch deren Kostendruck. Und bei der Auftragsvergabe wurde kräftig gespart. Heute setzt Zera etwa 14 Millionen Euro im Jahr um und beschäftigt 115 Mitarbeiter. Ein Teil des Gewinns wird jedes Jahr in Firmenanteilen an sie ausgezahlt. Dafür wurde eigens die Zera Gewinnbeteiligungs Gbr gegründet, die die Anteile am Unternehmen hält. Gehandelt werden die Anteile an einem Tag im Jahr. Dann können Anteile ge- und verkauft werden.

"Das Wissen, dass die Firma den Mitarbeitern gehört, trägt natürlich zur Mitarbeiterbindung bei", sagt Suwelack. Bislang sei es auch noch jedes Jahr gelungen, Gewinne zu erwirtschaften.

Rund 15 Auszubildende beschäftigt Zera im Durchschnitt. Damit versorgt sich Zera mit Nachwuchskräften. "Wo immer es geht, wollen wir Stellen mit eigenen Nachwuchskräften besetzen."

Ein Großteil des Geschäftes macht das Unternehmen im Ausland. "Das ist auch die Ursache, warum wir nach der Insolvenz so gut wieder Fuß gefasst haben", erläutert Suwelack. 70 bis 80 Prozent der Produkte gehen mittlerweile ins Ausland. Italien und Frankreich sind wichtige Märkte. In Italien seien bereits seit dem Jahr 2000 flächendeckend "intelligente" Stromzähler installiert, die Daten direkt an den jeweiligen Anbieter übermitteln und beispielsweise je nach Tageszeit unterschiedliche Strompreise ermöglichen. Ablesen überflüssig. Auch für die Zähler des sogenannten "Smart metering" entwickelt Zera Prüfsysteme. Und setzt darauf, dass es eine weitere Auftragswelle gibt, wenn diese Stromzähler auch in Deutschland sich stärker verbreiten.

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