Ein Quader, fast so hoch wie die Kirche

Internationales Logistikunternehmen will im Rheinbacher Gewerbegebiet ein 38 Meter hohes Hochregallager bauen

  Großprojekt:  Im Gewerbegebiet Nord II, direkt an der Autobahn im Nordosten Rheinbachs, soll ein Hochregallager entstehen. Dessen Dimensionen entsprechen in etwa der Simulation eines solchen Lagers bei Linz an der Donau. Grafik: GA

Großprojekt: Im Gewerbegebiet Nord II, direkt an der Autobahn im Nordosten Rheinbachs, soll ein Hochregallager entstehen. Dessen Dimensionen entsprechen in etwa der Simulation eines solchen Lagers bei Linz an der Donau. Grafik: GA

Rheinbach. Rheinbach steht vor einer schweren Entscheidung: Wie der General-Anzeiger erfahren hat, führt ein europaweit agierendes Logistikunternehmen intensive Verhandlungen mit der Stadt. Die Firma mit Sitz in Norddeutschland will im Gewerbegebiet Nord II, direkt an der Autobahn, ein vermutlich 38 Meter hohes, 90 Meter langes und 65 Meter tiefes Hochregallager bauen und von dort aus ab Juli 2006 per Lkw Auslieferungen vornehmen. Das Unternehmen würde rund 450 Arbeitsplätze in die Stadt bringen.

Bürgermeister Stefan Raetz bestätigte auf Anfrage, "dass wir mit einem großen europäischen Logistikunternehmen im Endstadium von Verhandlungen über eine Ansiedlung in Rheinbach sind". Es gehe um ein Grundstück von 100 000 Quadratmetern, das die Firma von der städtischen Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (WFEG) kaufen will. Hinter dem Unternehmen stehe ein international tätiger Produzent.

Die Ansiedlung soll am kommenden Dienstag bei einer Aufsichtsratssitzung der WFEG Thema sein, zu der auch die Fraktionschefs eingeladen sind. "Um sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild zu machen", so Raetz. Denn dann solle eine Visualisierung vorgestellt werden, die die Veränderung des Stadtbildes durch einen solchen Bau vorstellbar macht. Mit 38 Metern ist das Gebäude nur wenig niedriger als das Wahrzeichen von Rheinbach, die Kirche Sankt Martin.

"Das sprengt den Rahmen bisheriger Ansiedlungen", ist sich Raetz bewusst, deshalb müsse das Thema sensibel behandelt werden. Größe und Äußeres des Gebäudes, etwa ein geschickter Anstrich, werden bei der WFEG-Aufsichtsratssitzung sicherlich eine Rolle spielen. Erfreulich sei, so Raetz, dass es sich bei den Arbeitsplätzen nicht um Verlagerungen, sondern um neue Stellen handele. Gesucht würden vor allem Facharbeiter, ein Viertel der Stellen stehe Behinderten zur Verfügung.

Mit den Fraktionen habe es bereits Vorbesprechungen gegeben. "Grundsätzlich begrüßt man die Ansiedlung. Aber bei einem so großen Objekt gibt es Detailfragen", berichtet der Bürgermeister. Unter anderem zu dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen, das die Lkw des Logistikunternehmens verursachen. Sieben Fahrten pro Stunde seien anvisiert, so Raetz.

Nach einer grundsätzlichen Entscheidung des WFEG-Aufsichtsrates soll sich auch der Rheinbacher Stadtrat mit dem Thema befassen. "Wir wollen uns offen zeigen", beschreibt Raetz seine Linie. "Gerade in diesen schwierigen Zeiten stellen wir die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Mittelpunkt. Wir werden niemandem, der mit einem solchen Anliegen kommt, schroff die Tür weisen."

Zumal das internationale Unternehmen weitere Ansiedlungen nach sich ziehen könnte. Und: Es sei mit "einer erklecklichen Summe Gewerbesteuern zu rechnen". Das, so Raetz, stehe allerdings nicht im Vordergrund: "Mit Gewerbesteuern ist heute nur noch schwer zu kalkulieren." Schon eher mit Aufträgen für regionale Firmen bei der Errichtung des Gebäudes. Schließlich betrage das Investitionsvolumen rund 60 Millionen Euro. "Da gibt es sicherlich auch für hiesige Unternehmen Möglichkeiten, sich zu beteiligen."

In der kommenden Zeit wird das Projekt in Rheinbach mit Sicherheit heftig diskutiert - und auch quer durch die Fraktionen unterschiedlich beurteilt. "Dem verlockenden Angebot von Arbeitsplätzen mit regionaler Wirkung stehen unter anderem nicht gelöste Fragen bezüglich der Verkehrsbelastung durch Schwerlastverkehr und durch die Bediensteten andererseits entgegen", sagte CDU-Fraktionschef Bernd Beißel am Donnerstag dem General-Anzeiger.

Hinzu komme ein "schwerwiegender Eingriff in das Stadtbild". Die Silhouette der Stadt werde von Niederdrees, Ramershoven und Peppenhoven aus gesehen durch den Baukörper zum Großteil verdeckt. "Dies ist eine schwierige Entscheidung, für die der CDU-Fraktion bisher keine seriösen Entscheidungsgrundlagen vorliegen", kritisiert Beißel. "Sie bedarf einer sehr sorgsamen Abwägung von Vor- und Nachteilen für Rheinbach."

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