Kartellamt ahndet Preisabsprachen Ein Euro mehr pro Kasten Bier

BONN/KÖLN · Jetzt haben die Gerichte das Wort beim angeblichen Bierkartell. Fast im Minutentakt erklärten gestern Brauereien, gegen eine verhängte Kartellbuße Rechtsmittel einlegen zu wollen. Am Mittwochmittag hatte das Bundeskartellamt Geldbußen wegen verbotenen Preisabsprachen beim Bier von insgesamt 231,2 Millionen Euro verhängt.

 Eine Flasche und viele Kronkorken: Brauer sollen über Jahre Preise abgesprochen haben.

Eine Flasche und viele Kronkorken: Brauer sollen über Jahre Preise abgesprochen haben.

Foto: dpa

Zahlen sollen die Brauriesen Carlsberg und Radeberger, die regionalen Brauereien Bolten aus Korschenbroich, Erzquell aus dem oberbergischen Wiehl, und die Kölner Brauereien Früh und Gaffel sowie der NRW-Brauereiverband sowie persönlich Verantwortliche, so das Bundeskartellamt.

"Mit den heutigen Bescheiden haben wir das Kartellverfahren Bier abgeschlossen", so Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Insgesamt habe man Bußgelder in Höhe von rund 338 Millionen Euro verhängt. Das Verfahren um die so genannten Fernsehbiere richtete sich zunächst gegen die großen, bundesweit tätigen Brauer. Ausgelöst wurde es durch einen Bonusantrag von Anheuser-Busch Inbev (Beck´s), die als Kronzeuge straffrei bleiben. Im Januar hatten die Wettbewerbshüter bereits Bußgelder von insgesamt 106,5 Millionen Euro etwa gegen Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner verhängt. Diese Strafen sind rechtskräftig.

Der Vorwurf des Kartellamtes: Bei Treffen oder persönlichen Kontakten sollen erst die überregionalen Brauereien Preise abgestimmt haben. Danach, und hier kommen die Kölsch-Brauer ins Spiel, sollen sie sich mit regionalen Brauern auf Sitzungen des NRW-Brauereiverbandes abgestimmt haben.

Laut Kartellamt sollen 2006 und 2008 Erhöhungen beim Fassbier von fünf bis sieben Euro pro Hektoliter abgesprochen worden sein und beim Flaschenbier 2008 eine Verteuerung von einem Euro pro Kasten. Die Verbraucherzentrale Hamburg ermittelte auf dieser Basis einen Schaden für die Verbraucher von über 400 Millionen pro Jahr. Kartellamtschef Mundt nannte die Strafe gestern angesichts eines Marktvolumens von sieben Milliarden Euro pro Jahr angemessen. Kartellstrafen können bis zu zehn Prozent Umsatzes betragen. Sie richten sich nach Schwere und Dauer der Tat. Kooperierende Unternehmen können Rabatt erhalten.

Wer wie viel zahlen musste, sagte das Amt nicht, der Löwenanteil der gestern verhängten 231 Millionen entfalle aber auf Radeberger und Carlsberg, wobei Carlsberg seinen Anteil mit 62 Millionen Euro angab. Andere wollten sich nicht äußern. Angeblich sollen Gaffel und Früh jeweils rund drei Millionen, Erzquell rund eine Million zahlen.

"Man halte ihn "aus mehreren Gründen für falsch", so Gaffel. Erzquell teilte mit, der Vorwurf gegen die Brauerei basiere auf unzutreffenden Aussagen eines Kronzeugen, "nach denen einer von ihnen auf einer Verbandssitzung über die Preiserhöhung informiert habe." Diese Information sei den Sitzungsteilnehmern zu dem Zeitpunkt durch Medien und handel aber schon bekannt gewesen.

Früh hatte schon vor Abschluss des Verfahrens betont, man habe sich nie an Preisabsprachen beteiligt und werde gegen einen Bußgeldbescheid juristisch vorgehen. Auch Radeberger und Carlsberg bestreiten die Vorwürfe, so dass jetzt das Oberlandesgericht Düsseldorf am Zug ist.

Wirklich abgeschlossen ist dagegen ein Verfahren wegen des Verdachts auf Preisabsprachen zwischen verschiedenen Kölsch-Brauern auf lokaler Ebene. Die hätten nicht nachgewiesen werden können, so das Bundeskartellamt.

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