Mädchenberufsbörse in Meckenheim Die Scheu verlieren

MECKENHEIM · Die Disco im Meckenheimer Mosaik-Kulturhaus gehörte am Mittwoch ganz einer Gruppe von Mädchen der Rheinbacher Hauptschule und der Bornheimer Verbundschule. Wo sonst Musik hören, quatschen und tanzen angesagt ist, beschäftigten sich die Schülerinnen mit ganz anderen Dingen: Folieren, verzinnen und löten standen auf dem Programm. Glasarbeiten waren eines der Angebote bei der Berufsbörse für Mädchen im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis.

An Verteilerdosen arbeiten Laura Hüllen (links) und Inna Reschetilo.

An Verteilerdosen arbeiten Laura Hüllen (links) und Inna Reschetilo.

Foto: Wolfgang Henry

Rund 100 Mädchen der achten Klassen von sieben Haupt- und Förderschulen hatte die Koordinierungsstelle für Jugendberufshilfe im Kreisjugendamt sowie die Gleichstellungsstelle des Kreises eingeladen. An knapp zehn Stationen konnten die Schülerinnen in verschiedene Berufsfelder hineinschnuppern, sich mit Fragen der Lebensplanung und ihren beruflichen Perspektiven auseinandersetzen und in einem Telefontraining üben, wie sie sich für ein Praktikum bewerben. Dabei waren mit Gartenbau, Holztechnik, Malerarbeiten und Elektrotechnik bewusst eher von Männern dominierte Arbeitsfelder vertreten, um den Mädchen auch vielleicht ungewohnte Perspektiven zu bieten.

"Die Rollenverteilung ist noch stärker ausgeprägt als vor einigen Jahren: Jungs gehen ins Handwerk, Mädchen machen saubere Berufe", ist der Eindruck von Goldschmiedin Andrea Roth vom Handwerkerinnenhaus Köln, die den Schülerinnen am Glasarbeitsstand Tiffany-Technik zeigte. Bunte Scherben wurden da zur Zierde für einen kleinen Spiegel, den die Mädchen auch mit nach Hause nehmen durften.

"Mädchen sind sehr beliebt bei Lehrstellen im Handwerk, weil sie oft eine bessere Feinmotorik haben und mehr Geduld aufbringen als Jungen", so Roth. "Aber die Scheu, etwa vor technischen Geräten, ist oft sehr groß." Die sollten die Achtklässlerinnen bei der kreativen Arbeit mit dem Lötkolben verlieren und vielleicht Interesse für das Glaserinnenhandwerk gewinnen. "Auch wenn das hier eher der Spaßbereich ist", wie Roth einräumte. Keine Scheu zeigte jedenfalls Vanessa Contzen (15), die die Arbeit mit dem Lötkolben "eigentlich cool" fand. Auch Jennifer Brandenburg (14) hatte Spaß an der Glasarbeit, auch wenn sie feststellte, dass das beruflich eher nichts für sie sei: "Ich bin handwerklich, glaube ich, nicht so gut."

Eine Etage höher griffen Laura Hüllen (14) und Inna Reschetilo (13) von der Gemeinschaftshauptschule Alfter beherzt zu Seitenschneider und Abisolierzange, um eine Verteilerdose zu verklemmen. "Es macht Spaß, ist aber auch anstrengend", fand Inna. Sie könne sich schon vorstellen, im elektrotechnischen Bereich zu arbeiten.

Das würde auch Heinz Wittkamp (57) vom Hennefer Berufskolleg Sankt Ansgar freuen. "Wir haben nur etwa zehn Prozent Mädchen", sagt er. Gerade ihr Arbeitsverhalten sei oft sehr positiv: "Sie sind interessiert und ehrgeizig, halten durch und sind bemüht, ihre Arbeit fertigzumachen." Auch Innas Verteilerdose ist inzwischen komplett. Wittkamp hilft bei den letzten Handgriffen und dann ist der Deckel zu.

"Das Spektrum erweitern"

Irmgard Schillo hat die Mädchenberufsbörse in Meckenheim mit organisiert. Mit der Gleichstellungsbeauftragten des Rhein-Sieg-Kreises sprach Antje Hesse über Rollenklischees bei der Berufswahl.

Warum erhalten die Schülerinnen bei der Berufsbörse einen Einblick in Arbeiten, die eher als untypisch für Frauen gelten?
Irmgard Schillo: Es ist so, dass Mädchen und auch Jungen sich bei der großen Zahl von Ausbildungsberufen meist für etwa zehn bestimmte entscheiden. Unser Anliegen ist es, das Spektrum zu erweitern und zu zeigen, dass es eine große Vielfalt gibt, so dass die Schülerinnen vielleicht auch ihr Interesse für nicht so typische Berufe entdecken.

Ist bei den Mädchen immer noch der Friseurberuf der Klassiker?
Schillo: Ja, Friseurin oder Verkäuferin, Kindergärtnerin...

Was ist denn der Vorteil, wenn Schülerinnen sich für andere Berufe entscheiden?
Schillo: Sie entscheiden sich oft für Berufe, in denen nicht so viel verdient wird. Und das hängt natürlich zusammen mit der Frage, was ich im Leben will. Oft deckt sich beides dann aber nicht. Darum möchten wir, dass die Mädchen sich hier bei der Berufsbörse auch mit der Frage der Lebensplanung auseinandersetzen und damit, was verdiene ich in welchem Beruf und was brauche ich zum Leben. Natürlich soll sich die Berufswahl aber auch an den eigenen Fähigkeiten orientieren und daran, was Spaß macht.

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