RWE reagiert auf die Energiewende "Die Branchenprobleme bleiben"

Essen/Frankfurt · Aus RWE werden zwei Energiekonzerne. Die Essener gaben gestern ihre Aufspaltung bekannt. Die erneuerbaren Energien, Netze und Vertrieb im In- und Ausland sollen in eine neue Tochtergesellschaft eingebracht und an die Börse gebracht werden.

 Schwenkt um: Peter Terium, Vorstandschef von RWE.

Schwenkt um: Peter Terium, Vorstandschef von RWE.

Foto: DPA

Damit folgt RWE dem Beispiel des Düsseldorfer Konkurrenten Eon, der vor gut einem Jahr seine Aufspaltung beschlossen hatte.

"Der Konzernumbau ist unsere Antwort auf den Umbau der europäischen Energielandschaft", sagt Peter Terium. "Wir schaffen zwei zukunftsfähige Unternehmen unter einem Dach." Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende der RWE AG die Aufspaltung zwar als Option aber nicht als zwingend notwendig bezeichnet. Zuletzt scheint der Leidensdruck zu groß geworden zu sein.

"RWE hat keine Mittel mehr, um in zukünftiges Wachstum zu investieren", erklärt Thomas Deser, Energieexperte der Fondsgesellschaft Union Investment. Kapitalerhöhungen - also der Verkauf neuer Aktien - seien angesichts der einbrechenden Börsenkurse weder sinnvoll noch möglich gewesen.

Auch Verhandlungen mit möglichen Großinvestoren hätten keine Ergebnisse gebracht. Der für Ende kommenden Jahres geplante Börsengang soll nun frisches Geld bringen. Denn womöglich steht der Konzern in den kommenden Monaten vor massiven Abschreibungen auf seine konventionellen Kraftwerke. Eon hatte deswegen für das dritte Quartal einen Rekordverlust in Höhe von sieben Milliarden Euro vermeldet. Ein solcher Schritt steht bei RWE noch aus.

Nun sollen also die Bereiche konventionelle Stromerzeugung und Energiehandel unter dem Dach der "alten" RWE verbleiben - auch die Kernkraftwerke und die Haftung für den Ausstieg aus der Atomenergie. Das neue Unternehmen wird dagegen "grün". "Das ist ein kluger Schachzug von RWE", urteilt Thomas Deser. Das Unternehmen präsentiere sich so als "glaubwürdiger Partner der Energiewende" und sichere sich den Zugang zum Kapitalmarkt. Das sei auch im Hinblick auf die Kreditwürdigkeit nötig. RWE, ist sich Deser sicher, "hatte die Ratingagenturen im Nacken".

Dass Eon die neuen Energien behält und die alten abspaltet, RWE aber genau umgekehrt handelt, fällt nach Meinung des Analysten nicht weiter ins Gewicht. Wichtig sei vor allem, dass sich die Energieriesen auf diese Weise die Option eröffneten, ihre Atomkraftwerke, deren Abwicklung und die sogenannten "Ewigkeitskosten" in eine Stiftung auszugliedern.

Anleger reagierten entzückt. Der Aktienkurs von RWE sprang zeitweise um 15 Prozent in die Höhe. Offensichtlich teilen die Aktionäre den Optimismus von Peter Terium. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit dem klaren Fokus auf unsere Zukunftsfelder und dem zusätzlichen Investitionskapital eine Wertsteigerung für den Gesamtkonzern erzielen werden", so der RWE-Chef. Mit dem neuen Unternehmen werden etwa zehn Prozent des Konzerns ausgegliedert.

Doch allein ein Umbau reicht wohl nicht aus, um RWE wieder flottzumachen. "Die Probleme der Branche bleiben bestehen", urteilt Thomas Deser. Den Energie-Dinos machen vor allem die an der Börse stark gefallenen Preise für herkömmlich erzeugten Strom zu schaffen. "Kaum jemand hätte erwartet, dass Stromerzeugung defizitär sein könnte", sagt Deser. RWE müsse vor allem effizienter werden. Das könnte auch bedeuten, dass einige der knapp 60 000 Arbeitsplätze bei dem Versorger wackeln.

RWE ist nach Eon der zweitgrößte deutsche Versorger. Der Konzern mit Hauptsitz in Essen - früher Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk (RWE) genannt - ist wegen des Ökostrom-Booms und des daraus folgenden Absturzes der Großhandels-Strompreise stark unter Druck. Das Management fährt einen harten Sparkurs.

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