"Das drückt ganz klar die Kosten"

Michael Kranz, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bonn, zu den Folgen der bevorstehenden Fusion mit der Stadtsparkasse Köln - 200 Stellen sollen gestrichen werden

Auf 35 Millionen Euro  pro Jahr beziffert Michael Kranz die finanziellen Vorteile durch die Fusion.

Auf 35 Millionen Euro pro Jahr beziffert Michael Kranz die finanziellen Vorteile durch die Fusion.

Foto: Lannert

Bonn. Am 1. Januar wollen die Sparkasse Bonn und die Stadtsparkasse Köln ihre Geschäfte zusammenlegen. Damit entsteht die größte Sparkasse in Deutschland. Im GA äußert sich der Bonner Sparkassenchef und designierte stellvertretende Vorstandsvorsitzende der neuen Sparkasse KölnBonn, Michael Kranz (53), zu den Folgen der Fusion. Die Fragen stellten Hartwig Greunke und Julian Stech.

General-Anzeiger (GA): Warum fusioniert Ihr Institut mit der Stadtsparkasse Köln, wo doch nach Ihren eigenen Worten die Sparkasse Bonn auch noch allein gut aufgestellt wäre?

Michael Kranz: Fusionen werden aus zwei Gründen vollzogen. Zum einen aus der Not heraus. Das passiert immer dann, wenn ein Unternehmen nicht dauerhaft wettbewerbsfähig beziehungsweise überlebensfähig ist. Zum anderen aus strategischen Gründen. Das Letztere war bei uns die Überlegung. Mit der Entscheidung des Rhein-Sieg-Kreises, die Kreissparkasse in Siegburg mit der Kreissparkasse Köln zu fusionieren, war die Vision einer Regionalsparkasse Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler nicht mehr zu realisieren.

GA: Welche strategischen Nachteile hätte denn eine weitere Selbstständigkeit gebracht?

Kranz: Die Situation der Sparkasse Bonn hätte wie folgt ausgesehen: im Norden die beiden großen Sparkassen Stadt Köln und Kreis Köln, im Westen und Osten die Kreissparkasse Köln und im Süden die Landesgrenze, die sich bei der Diskussion um den Zusammenschluss mit Ahrweiler als unüberwindlich darstellt. Das Kräfteverhältnis wäre für uns auf Dauer ungünstig gewesen. Eine große Sparkasse wie Bonn braucht zur Entwicklung von neuen Verfahren und Produkten Partner, die gleich stark sein sollten.

GA: Was kommt nun konkret für Sie und Ihre Kunden heraus? Gibt es bessere Produkte beziehungsweise Leistungen und wo sinken die Kosten?

Kranz: Fangen wir mit den Produkten an. Die beiden Kölner Sparkassen können es sich wegen ihrer großen Kundenbasis leisten, eigene Produkte zu entwickeln. Das sind beispielsweise Zertifikate für Privatkunden. Für Firmenkunden sind es die modernen Produkte im Corporate Banking bis hin zur Finanzierung von Firmenübernahmen und Fusionen. Wir bieten solche Produkte bisher auch schon an, aber nur in der Vermittlung. Durch die Fusion mit Köln können wir künftig erheblich mehr eigene Produkte für unsere Kunden entwickeln. Und wenn ich ein Produkt selbst erstelle, kann ich es billiger verkaufen als wenn ich es nur vermittle. Bei der Vermittlung wollen zwei daran verdienen: der Ersteller und der Vermittler.

GA: Es gab also Ihrer Ansicht nach die Gefahr, dass Ihnen ohne einen Zusammenschluss die größere Kreissparkasse und die Stadtsparkasse Köln mit günstigeren Angeboten Kunden abspenstig gemacht hätten?

Kranz: Ja, in der Tat, diese Gefahr bestand. Denn wir stellen jetzt bei der Fusion und dem Abgleich der Doppelkunden fest, wie viele Kunden aus Bonn schon Kunden der Stadtsparkasse Köln sind. Es sind etliche Tausend, interessante Kunden mit doppelter Verbindung mit uns und der Stadtsparkasse Köln.

GA: Die Stadtsparkasse Köln hat - vereinfacht gesagt - an ihre Kunden mehr Kredite ausgeliehen, bei der Sparkasse Bonn haben mehr Kunden Geld angelegt. Was bringt Ihnen das?

Kranz: Das drückt ganz klar die Kosten. Geld, das sich die Stadtsparkasse Köln bisher auf dem Kapitalmarkt besorgen musste, können wir ihr jetzt direkt geben. Wir haben eben traditionell mehr Einlagen als Kredite. Das hat etwas mit der Wirtschaftsstruktur und der Einkommenssituation in Bonn zu tun. Köln hat demgegenüber ein herausragendes Kreditgeschäft. Die Marge des Kapitalmarkts fällt künftig weg, wenn die beiden Bilanzen zusammenkommen. Zusammen mit zusätzlichen Möglichkeiten - wie die selbst entwickelten Produkte, von denen ich eben sprach - erwarten wir einen positiven Effekt von rund zehn bis zwölf Millionen Euro pro Jahr.

GA: Ist das alles?

Kranz: Hinzu kommt noch ein Einsparvolumen von 20 bis 25 Millionen Euro pro Jahr. Das beginnt damit, dass wir über rund 200 Arbeitsplätze nachdenken, die wir künftig nicht mehr brauchen. Ich sage es direkt, die nicht durch Kündigungen, sondern durch Nutzung der natürlichen Fluktuation abgebaut werden. Durch den vereinbarten Schlüssel von 74 zu 26, der auch für andere Personalfragen gilt, werden in Bonn rund 50 Stellen wegfallen.

GA: Bis wann?

Kranz: Bis etwa Ende 2006, Anfang 2007. Das entspricht der normalen Fluktuation dieses neuen Hauses in einem Jahr. Bei insgesamt 5 400 Mitarbeitern ergeben 200 Stellen weniger gerade mal eine Fluktuation von vier Prozent. Das ist weniger als die Sparkasse Bonn bisher in einem Jahr hat. Durch einheitliche Verfahren sparen wir außerdem noch zusätzliche Kosten. Wenn wir etwas einkaufen, bestellen wir künftig größere Mengen, bekommen so bessere Preise und dergleichen mehr.

GA: Das macht alles zusammen also etwa 35 Millionen Euro im Jahr?

Kranz: Ja, das stimmt.

GA: Und wem kommt dieses Geld zugute?

Kranz: Wir brauchen dieses Geld für den Wettbewerb. Das heißt, wir werden unseren Kunden mehr Produkte und attraktivere Konditionen bieten. Der Wettbewerb wird nicht erlauben, dieses Geld dem Eigenkapital zuzuführen.

GA: Ist da zum Beispiel an ein kostenloses Girokonto für Privatkunden gedacht?

Kranz: Nein, mit Sicherheit nicht. Der Wettbewerb mit anderen Banken und Sparkassen führt dazu, dass wir diese Synergien über entsprechende Zinsen an unsere Kunden weitergeben werden.

GA: Wo ist der Wettbewerb zur Zeit besonders stark?

Kranz: Bei Produktangeboten der Direktanlagebanken, zum Beispiel bei Tagesgeldkonten. Im Ratenkreditbereich beginnt das Gleiche, in der Immobilienfinanzierung übers Internet und in sämtlichen Bereichen der Firmenfinanzierung, denn Unternehmen haben in der Regel mehrere Bankverbindungen.

GA: Werden Sie Privatkunden künftig vergleichbare Konditionen für Tagesgeldkonten mit 2,5 Prozent oder bei Ratenkrediten von 4,99 Prozent bieten?

Kranz: Nein, denn wir haben ein anderes Geschäftsmodell. Es beruht auf vielen Zweigstellen, auf Beratung und Geldanlage, nicht nur auf der reinen Internetverbindung.

GA: Werden Sie Sonderkonditionen im Internet anbieten?

Kranz: Wir haben heute schon für gewisse Produkte, zum Beispiel das Online-Konto, bessere Konditionen. Die Differenz ist nicht besonders hoch, aber besser, als wenn der Kunde das am Schalter macht.

GA: Müssen sich die Bonner Kunden eine neue Bankleitzahl merken?

Kranz: Nein, die Bankleitzahl der Sparkasse Bonn 380 500 00 wird noch mehrere Jahre Bestand haben und kann von unseren Kunden weiterhin genutzt werden.

GA: In Bonn macht man sich Sorgen, dass auf Vorstandsebene künftig kein Ansprechpartner mehr in Bonn sitzt.

Kranz: Herr Wolfgang Rindermann, der fürs Firmenkundengeschäft zuständig ist, bleibt permanent in Bonn, und ich werde ein bis zwei Tage pro Woche in Bonn sein. Eine der wichtigsten Abteilungen dieser Sparkasse, nämlich der Beteiligungsbereich, kommt nach Bonn. Außerdem wird in Bonn die Prosystems IT angesiedelt, die EDV-Dienstleistungen für beide Sparkassen, die Kreissparkasse Köln und einige andere Sparkassen im Umfeld erbringt. Die Prosystems IT hat demnächst mehr als 300 Mitarbeiter.

GA: Was bedeutet die Fusion für das künftige Spenden- und Sponsoring-Aufkommen der Sparkasse in Bonn?

Kranz: Sponsoring und Spenden werden entsprechend dem Beteiligungsverhältnis am Zweckverband - also 70 Prozent Köln, 30 Prozent Bonn - auf die Gebiete der Verbandsmitglieder aufgeteilt. Hinzu kommen die Ausschüttungen der Sparkassenstiftungen mit einem Kapital von etwa 30 Millionen Euro. Und der Sitz dieser Stiftungen bleibt in Bonn. Hier sitzen die Ansprechpartner für die Institutionen und Vereine. Unsere Stiftungsgeschäftsstelle bleibt als Anlaufstelle der besonders aktiven Stiftungen erhalten. Das sind zum Beispiel die Stiftungen Jugendhilfe und Sport sowie die Bürgerstiftung Bonn. Die Fusion wird also keinen Nachteil für Bonn haben.

GA: Haben Sie als künftiger stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse KölnBonn Ambitionen auf das Amt des Präsidenten des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes?

Kranz: Ich wollte das Amt nie und will es auch jetzt nicht.

Zur Person: Michael Kranz, Vorstandschef der Sparkasse Bonn, kommt auch aus der Stadt, in der er arbeitet. Der 53-Jährige wurde am 20. Februar 1951 in Bonn-Beuel geboren.

Auch Köln kennt er gut, denn dort hat er Betriebswirtschaftslehre studiert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Mit der Sparkasse Bonn kam Kranz schon Mitte der 70er Jahre in Kontakt, als er sein Traineeprogramm beim Rheinischen Sparkassen- und Giroverband absolvierte.

1981 wurde Kranz Leiter des Vorstandssekretariats der Sparkasse Bonn. Dann ging es mit seiner Karriere steil bergauf. Kaum 32 Jahre alt, war er schon stellvertretendes Vorstandsmitglied, mit 37 wurde er im Jahr 1988 Vorstandsvorsitzender der Bonner Sparkasse.

Diese Funktion übt er seit 16 Jahren aus. Daneben ist Kranz seit 1994 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft rheinischer Großsparkassen und seit 1997 Landesobmann der rheinischen Sparkassenvorstände. Kranz ist verheiratet und hat drei Kinder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort