Deutsche-Bank-Co-Chef John Cryan "Da wurde nur eine Spielfigur ausgetauscht"

FRANKFURT · Seit 100 Tagen ist John Cryan heute Co-Chef der Deutschen Bank. Er soll schaffen, was sein direkter Vorgänger Anshu Jain zusammen mit Noch-Co-Chef Jürgen Fitschen in den letzten drei Jahren nicht vollbracht haben: die Deutsche Bank wieder in ruhigeres Fahrwasser steuern und ihr einen neuen Kurs geben.

 Will durchgreifen: John Cryan, Chef der Deutschen Bank.

Will durchgreifen: John Cryan, Chef der Deutschen Bank.

Foto: DPA

Dass der Brite durchgreifen will, hat man in den letzten Wochen erahnen können, wenn auch Cryan öffentlich bisher kaum in Erscheinung getreten ist. Den Status Quo beizubehalten sei keine Option, sagte er bei der Vorlage der Quartalsbilanz Ende Juli. Ihm sei bewusst, dass nicht länger Worte, sondern Taten gefordert seien. Nach innen habe man jedoch schon deutliche Schritte feststellen können, meint Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DWS).

Cryan, der nach der Hauptversammlung im kommenden Jahr allein die Führung der Bank übernehmen wird, habe klargemacht, dass der Sparkurs auch Arbeitsplätze kosten werde. Der Brite gilt in Finanzkreisen als harter Sanierer, weil er damals als Finanzvorstand die Schweizer Großbank UBS in den Jahren der Finanzkrise neu ausgerichtet hatte.

Die Kosten müssten sinken, sie seien "inakzeptabel hoch", hatte der Brite Ende Juli erklärt. Das bedeutet wahrscheinlich einen Jobabbau, der über das bisher bekannte Maß hinaus gehen dürfte. Ende Oktober will Cryan seine Strategie vorstellen, deren Grundzüge Ende April das alte Führungsduo Jain und Fitschen erläutert hatte.

Danach soll die Postbank verkauft werden - wahrscheinlich über einen Börsengang. Mit dieser Trennung entfallen im Deutsche-Bank-Konzern schon 15 000 der insgesamt knapp 100 000 Arbeitsplätze. Darüber hinaus könnten weitere 8000 bis 10 000 Stellen gestrichen werden, verlautete in den letzten Wochen.

Das Führungsgremium dürfte umstrukturiert werden, die Vorstände wieder direkte Verantwortung für verschiedene Geschäftsbereiche bekommen. Die Aktionäre wünschen wieder eine bessere Bewertung der Deutschen Bank. Nicht zu vergessen die Reputation, die durch die Skandale und Rechtsstreitigkeiten der letzten Jahre schwer beschädigt worden ist.

Cryan könne die Aufräumarbeit schaffen, glauben Beobachter: "Er muss nicht wie ein alter Räuberhauptmann auf seine Kumpanen Rücksicht nehmen", sagt Reinhard Schmidt, Professor der Universität Frankfurt. Denn er sei anders als Anshu Jain nicht im Haus verwurzelt, 2013 erst berief Aufsichtsratschef Paul Achleitner den 54 Jahre alten Briten in das Kontrollgremium.

Von daher hatte er schon seit zwei Jahren Einblick in die Strukturen des Hauses und billigte auch die Grundzüge der Strategie, die Jain und Fitschen ausgearbeitet haben. Neben der Trennung von der Postbank soll das Privatkundengeschäft stärker auf vermögende Kunden ausgerichtet, das Investmentbanking zwar gestrafft, aber nicht abgeschafft werden.

Wegen dieser Sparte aber ist die Deutsche Bank in solchen Schwierigkeiten, sie hat schon Milliardenstrafen gezahlt, weitere Strafzahlungen stehen noch aus. Denn es waren Investmentbanker, die sich unter anderem beteiligt hatten etwa an Manipulationen des Referenzzinssatzes Libor als auch von Devisenkursen.

In Russland waren sie in Geldwäsche verwickelt. Die Folge: Die Bank zieht sich nun aus dem Investmentbanking dort zurück. Das dürfte wohl die Ausnahme bleiben. So ist Dieter Hein vom Analysehaus fairesearch skeptisch: Auch Cryan sei Investmentbanker: "Da wurde eigentlich nur eine Spielfigur ausgetauscht", meint Hein, der die Bank lange beobachtet. Er mache sich wenige Illusionen, dass der neue Chef die Geschäfte der Investmentbank wirklich stutzen wolle. Dabei sehe man am Erfolg der UBS, dass man auch ohne großes Investmentgeschäft erfolgreich sein könne.

Einen Vorschlag für den neuen Chef hat Hein ebenfalls: 3,5 Milliarden Euro wolle die Bank doch bis 2020 an Kosten sparen. Die Bank habe in den letzten Jahren den Investmentbankern jedes Jahr drei Milliarden Euro an Boni gezahlt. "Man müsste diese Boni nur streichen, dann hätte man dieses Ziel so gut wie erreicht", sagt Hein.

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