Bonns Standesbeamtin sieht ihren Beruf als Berufung

Seit 27 Jahren gibt Christine Maybach-Jörn, die sich schon als Stadtinspektorin das Standesamt in Beuel als Wunsch-Einsatzort aussuchte und auch dorthin versetzt wurde, Paaren die staatliche "Bestätigung" für ihre gemeinsame Zukunft.

Bonns Standesbeamtin sieht ihren Beruf als Berufung
Foto: Volker Lannert

Bonn. "Sie dürfen die Braut jetzt küssen - das sage ich fast immer, es sei denn, ich habe ein Paar aus einem anderen Kulturkreis vor mir. In asiatischen Ländern zum Beispiel ist der Kuss in der Öffentlichkeit verpönt", sagt Christine Marbach-Jörn.

Seit 27 Jahren gibt die Standesbeamtin, die sich schon als Stadtinspektorin das Standesamt in Beuel als Wunsch-Einsatzort aussuchte und auch dorthin versetzt wurde, Paaren die staatliche "Bestätigung" für ihre gemeinsame Zukunft. Und seit 2009 leitet sie das Standesamt Bonn, in dem 2006 alle Standesämter der Bundesstadt zentralisiert wurden.

Seit Übernahme der Leitung hat Christine Marbach-Jörn mit dem Alltagsgeschäft der Dienststelle nicht mehr so viel zu tun. Vielmehr koordiniert und organisiert sie alle Abläufe dort und führt ihre 33 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die meisten von ihnen sind lange dabei. Denn: "Standesbeamter ist man mit Leib und Seele, wir haben in diesem Bereich der Bürgerdienste kaum personelle Fluktuation", so Marbach-Jörn.

"Doch der Beruf hat weniger nur mit romantischen Hochzeiten zu tun", sagt Marbach-Jörn, "als dass es Büroarbeit mit ständigem Kontakt zu den Bürgern ist. Wir begleiten sie quasi von der Wiege bis zur Bahre. Und die Hochzeiten sind das i-Tüpfelchen unserer Arbeit." Im Durchschnitt werden 1 600 Ehen und Lebenspartnerschaften pro Jahr in Bonn geschlossen.

"Ja" sagen können Heiratswillige in den Rathäusern in Beuel, Hardtberg, Bad Godesberg und der Innenstadt, aber auch in vielen anderen Räumlichkeiten: auf der Godesburg und der Schloss-Kommende Ramersdorf, im Heimatmuseum Beuel und in der Bönnschen Bimmel. Ganz neu im Programm sind die "Moby Dick" und die "Villa Hammerschmidt".

"Für das Durchführen dieser Trauungen tragen sich die Kollegen reihum ein, unabhängig von dem Sachgebiet, in dem sie sonst arbeiten", erklärt Marbach-Jörn. Sachgebiete des Amts 33-3, das 35 Stunden in der Woche für die Bürgerbedienung geöffnet ist, sind zum Beispiel "Geburten/Sterbefälle", "Personenstandsveränderungen" oder

"Standesamtsaufsicht/Behördliche Namensänderungen"."Die 5 600 Geburten pro Jahr in Bonn bedeuten viel Verwaltungsarbeit", erklärt Marbach-Jörn. "Gerade auch, weil Bonn eine internationale Stadt ist, und bei Ausländergeburten oft Unterlagen über die Botschaften beschafft werden müssen." In der Abteilung "Personenstandsveränderungen" geht es um das Fortschreiben der Geburtseinträge.

"Ist zum Beispiel ein Kind nicht vom Ehemann, wird dessen Name aus dem Register gestrichen und der Name des neuen Vaters kommt hinein", erklärt die Standesamtleiterin. "Das kommt oft vor; überhaupt sind 99 Prozent der Arbeiten in diesem Sachgebiet Änderungen in den Geburtseinträgen." Dagegen geht es in der Urkundenstelle - Eheregister um Namensänderungen, nachträgliche Beurkundung von im Ausland erfolgter Geburt, Tod oder Heirat und um Fortschreibung der Eheregister.

"All diese Urkunden brauchen die Bürger, um andere Formalitäten schneller erledigen zu können", so Marbach-Jörn. "Wer jedoch einen Termin für seine Trauung ausmachen möchte, wendet sich an das Sachgebiet "Anmeldung Eheschließung/Lebenspartnerschaft", dort wird alles in die Wege geleitet."

Genau 100 Trauungen hat Christine Marbach-Jörn, die ihren Beruf als sehr bereichernd empfindet, 2010 persönlich vorgenommen. "Jeder von uns hat sicherlich seine Standardtrauung, bestimmte Dinge müssen auch einfach gesagt werden, aber wir können immer Individuelles mit einfließen lassen. Etwa 20 Minuten dauert eine Eheschließung bei mir", erklärt sie. "Das Hochgefühl des Paares, wenn alles gut gelaufen ist, überträgt sich auch auf mich, das ist schön."

Erlebt hat sie bei Trauungen ebenso wie die Kollegen schon allerhand: die spontane Hochzeit des Hausmeisterkollegen am 30. Dezember 2010, die der vergeblich vor dem Standesamt wartenden Braut oder die mit dem Bräutigam, der vor versammelter Gesellschaft "nein" sagte.

Mit einem "erhöhten Trauungs-Aufkommen" darf dieses Jahr am 11.11.11. gerechnet werden. Den ersten Ansturm auf einen Hochzeitstag mit Schnapszahl hat die Standesbeamtin am 11.1.11 mit Bravour gemeistert. In Bonn gibt es übrigens nur einen männlichen Standesbeamten, aber 17 Standesbeamtinnen.

StandesbeamteStandesbeamter kann werden, wer im öffentlichen Dienst einer Kommune als Angestellter oder Beamter tätig ist. Dazu muss er oder sie - nach der ausgewiesenen Eignung durch die Standesamtsaufsicht - eine 14-tägige Grundausbildung an der Fachakademie für Personenstandswesen in Bad Salzschlirf absolvieren.
Danach erfolgt eine mehrjährige praktische Ausbildung in allen Bereichen des Standesamts der Kommune. Der Verdienst eines Standesbeamten richtet sich nach den Vergütungen im Öffentlichen Dienst, ist aber nicht an eine Vergütungsgruppe gekoppelt. Informationen gibt es unter www.standesbeamte.de.

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