GA-Serie "Bonn macht erfinderisch" - 12 Bonner gründet Start-up in Namibia

Bonn · Die Start-up-Szene in Deutschland ist international orientiert. Das gilt nicht nur für die vielen ausländischen Mitarbeiter in Jungunternehmen. Ein Bonner wagt den Sprung hinaus und ist mit einer Firma in Namibia unterwegs.

Der Bonner Jungunternehmer Jannick Tapken (r.) mit dem Umwelt- und Tourismusminister von Namibia Pohamba Shifeta bei einer Konferenz in der Hauptstadt Windhuk im November.

Der Bonner Jungunternehmer Jannick Tapken (r.) mit dem Umwelt- und Tourismusminister von Namibia Pohamba Shifeta bei einer Konferenz in der Hauptstadt Windhuk im November.

Foto: Privat

Von Vallendar am Rhein ins Talbecken von Windhuk. Jannick Tapken erfüllt sich damit einen Traum. Der Bonner studiert an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) – auch Otto Beisheim School of Management – in Vallendar bei Koblenz BWL und Recht.

Daneben hat er mit „Route Namibia Trading“ im Süden Afrikas ein Unternehmen für Im- und Export mit Deutschland auf die Beine gestellt, dass die Entwicklungszusammenarbeit fördert. „Ich hatte schon früh ein großes Interesse an Afrika – seit dem Erdkundeunterricht in der Schule“, sagt Tapken. Vor allem für Namibia begeisterte sich der 21-Jährige wegen der spannenden Kultur, Geschichte und Geografie.

„Ich habe lange damit geliebäugelt, dort auch etwas zu unternehmen. Mir fehlte nur das passende Produkt.“ Nachdem er mit Partnern die Firma in Windhuk gegründet hat, folgten einige Marktanalysen für die jetzt bevorstehende Gründung einer in Deutschland ansässigen Firma.

„In Namibia gibt es ein sehr inflationäres Preisniveau“, berichtet er. Beim Verkauf von Smartphones und Tablets gebe es nur wenige Mitspieler; die Preise seien dadurch sehr hoch. „Die Geräte kann sich dort kaum jemand leisten“, sagt Tapken und fügt an: „Das war für mich das rote Signal und damit der Markt, in den ich eingreifen kann.“ Die Idee: Der Import von Elektrogeräten innovativer Hersteller und Händler. Dazu die Verbreitung von Solarladegeräten im mit 2,3 Millionen Einwohnern dünn besiedelten Namibia.

Luxusartikel aus Namibia

Aus Namibia werden im Gegenzug hochwertige Handarbeitsartikel aus Leder, Webereien und Edelsteinen exportiert. Diese kann man dann in Boutiquen und Dekogeschäften mit Afrika-Fokus in Deutschland kaufen. „Das ist mittlerweile mehr als nur noch ein Nischenmarkt“, sagt Tapken.

Die Nachfrage von afrikanischen Luxusartikeln gerade in deutschen Großstädten werde immer höher. Davon soll der namibische Mittelstand profitieren. Bisher läuft alles über Windhuk und die kleinen lokalen Partner und Zulieferer versammeln sich im „Namibia Craft Center“.

Bald will Tapken mit seiner eigenen Firma in Deutschland das Import-Export-Netzwerk organisiert. Er selbst sieht sich als Schnittstelle zwischen europäischen Firmen und namibischem Mittelstand. „Ich will dazu beitragen, das Land nachhaltig voranzubringen“, sagt er.

Dazu sollen künftig auch Seminare für angehende namibische Gründer gehören sowie ein Stipendien-Netzwerk für talentierte namibische Studenten. Im Zuge des Ausbaus der Geschäfte, will er zusammen mit Partnern aus beiden Ländern in Windhuk eine Namibisch-Deutsche Handwerkskammer aufbauen.

Viele ausländische Mitarbeiter

Dass Start-ups aus der Region auch über die Grenzen des Rheins schauen und sich im Ausland engagieren, ist keine Seltenheit. Das gilt auch für die hohe Anzahl an ausländischen Mitarbeitern bei Jungunternehmen hierzulande.

„Die Start-up-Szene in Deutschland ist international orientiert und profitiert davon, dass viele gut ausgebildete und motivierte Menschen aus der Welt hier leben und arbeiten wollen“, sagt Niklas Veltkamp, Geschäftsleiter des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom).

Eine Umfrage des Verbandes bei knapp 150 Start-up-Gründern ergab, dass sechs von zehn Start-ups (56 Prozent) Mitarbeiter aus dem Ausland beschäftigen. Bei 39 Prozent der Firmen finden sich Mitarbeiter aus dem nicht-europäischen Ausland.

„Start-ups stehen für Internationalität und den grenzüberschreitenden Austausch, den das Internet ermöglicht. Englisch ist die gängige Arbeitssprache. Welchen Pass ein Mitarbeiter hat, ist da völlig unerheblich“, so Veltkamp. Der Bitkom-Geschäftsführer ist davon überzeugt, dass es noch viel mehr sein könnten: „Ein großes Problem für viele Start-ups sind immer noch die bürokratischen Hürden und die langwierigen Prozesse bei der Einstellung von Mitarbeitern aus Nicht-EU-Ländern.“

Von Tel Aviv nach Deutschland

Ori Hagai hat relativ schnell in der hiesigen Gründerszene Fuß gefasst. Der Hardware-Ingenieur aus Israel hat zusammen mit Katharina Seehuber aus München die App „Let's yalla – fly tomorow“ ins Leben gerufen. Der 30-Jährige war zuvor schon in der Start-up-Szene seines Heimatlandes aktiv. Und zwar dort, wo sich so viele Gründer und Jungunternehmer tummeln wie in Europa an kaum einem Ort – in Tel Aviv.

Die Idee und das Konzept für die App hat er von dort mitgenommen und zusammen mit der 27-jährigen Projektmanagerin in Deutschland weiterentwickelt. „Wir ergänzen uns sehr gut“, erzählt Seehuber. Die App, mit der Nutzer abends nach 20 Uhr Last-Minute-Flüge – etwa ab Köln/Bonn – für den kommenden Tag buchen können, wird bisher noch selbst finanziert. Aber Gespräche mit Investoren laufen bereits.

„Wir wollen Menschen ermöglichen die Welt zu sehen, ohne dafür viel Geld ausgeben zu müssen und sie auch animieren, einfach mal den Alltag loszulassen und kurz rauszugehen.“ Na dann: „Let's yalla – Los geht's!“

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