Ehrenamtliches Engagement Bonner Experten tragen ihr Wissen in die Welt

Bonn · Der Senior Experten Service zieht im Jahresbericht 2018 positive Bilanz. Rund 13.000 Fachleute engagieren sich. Immer mehr Senioren sind weltweit im Einsatz.

In einem Hotel in der 7000 Kilometer entfernten Mongolei tragen die Mitarbeiter in der Küche heute Kölschschürzen. „Das Hotel hatte starke Probleme bei der Bewirtschaftung. Wir haben unter anderem Speisekarten erstellt, einen Pizzaservice ins Leben gerufen und für die richtige Ausstattung gesorgt“, berichtete Eckhard Horstmann, Touristikkaufmann aus Bad Honnef, am Dienstag in Bonn. Er engagiert sich beim Senior Experten Service (SES), der größten deutschen Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fachleute im Ruhestand oder in einer beruflichen Auszeit.

Im vergangenen Jahr konnte der SES laut der Geschäftsführerin, Susanne Nonnen, seine Einsatzzahlen erhöhen und sein Expertenregister ausweiten. „Wir haben im letzten Jahr insgesamt 1524 Ehrenamtliche für den SES gewinnen können“, sagte Nonnen am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2018. So seien Ende des Jahres fast 13.000 Fachleute beim SES registriert gewesen. Sie setzen ihre Berufserfahrung in Auslandseinsätzen sowie bei Projekten in Deutschland ein. „Wir geben Hilfe zur Selbsthilfe“, erklärte Pressesprecherin Heike Nasdala.

Auch bei den Einsätzen konnte der SES eine positive Entwicklung vorzeigen: Die Fachleute waren nach Angaben der Geschäftsführerin in 7865 Aktivitäten im In- und Ausland tätig. Dies entspricht einem Zuwachs von über 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Erstmals haben wir bei unseren internationalen Einsätzen die Marke von 2000 übersprungen“, so Nonnen. In 93 Ländern mit stabiler Sicherheitslage war der SES im Einsatz, besonders in Asien und Subsahara-Afrika. Der Iran, der Sudan oder Venezuela gehören aufgrund der prekären Sicherheitslage laut Nonnen zu den „No-go-Areas“.

Ärztin für Frauenheilkunde reist nach Tansania

So reiste Georgia Harder-Faigle aus Bonn, Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Ruhestand, nach Südwesttansania an einen „Ort, der nicht auf der Landkarte zu sehen ist“. Im Mavanga Health Center unterstützte sie das Personal. „Antibiotika wurden viel zu oft verwendet, auch wenn es gar nicht nötig war, und es fehlten jegliche Patientendokumentationen“, berichtete die 67-Jährige. So mussten Blutgruppen von Patienten beispielsweise immer wieder neu bestimmt werden, da sie nicht dokumentiert wurden. Auch über den Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten klärte Harder-Faigle auf: 21 Prozent der schwangeren Patientinnen litten an HIV. „Es war eine unvergleichliche Erfahrung. Der Einsatz hat mir die Augen über den Stand der Medizin in anderen Ländern geöffnet“, so die Ärztin.

Horstmann war neben der Mongolei auch in Kasachstan und in Georgien im Einsatz und gab Hilfestellung in Hotels oder bei der Schulung von Fachkräften. Der ehemalige Hotelinhaber arbeitet für das Erzbistum Köln als Berater für Tagungshotels. Den täglichen Stress als Hotelinhaber wollte er nicht mehr auf sich nehmen. „Aber ich möchte mein Wissen noch weitergeben“, so der 58-Jährige. Er nimmt an dem seit zwei Jahren existierenden Angebot „Weltdienst 30+“ des SES teil. Dort können auch Berufstätige ihre Erfahrungen teilen. 2018 zählte der Service laut Nonnen 241 Einsätze im Rahmen dieses Programms, also doppelt so viele wie im Vorjahr.

Auch in Deutschland sind die Fachleute des SES aktiv. In 5826 Einsätzen engagierten sich Experten in dem Schulprogramm „Neue Impulse für Schülerinnen und Schüler“ und der Initiative „VerA“ zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Jochen Gerhards, ehemaliger Bankkaufmann aus Siegburg, ist an der Gesamtschule Windeck ehrenamtlich für den SES tätig. Dort hilft er einer Schülergenossenschaft Kontoauszüge zu überprüfen, Überweisungen zu tätigen oder Rechnungen zu schreiben. „Die Kinder lernen durch dieses Schülerunternehmen für ihr Leben. Das Engagement tut sich später auch gut auf dem Lebenslauf“, erklärte der 63-Jährige.

Die nächsten Projekte sind schon längst in Planung. „Ich werde bald in einem Frauenhaus in der marokkanischen Wüste helfen und bin schon sehr gespannt“, so Harder-Faigle.

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