Demonstration in Bonn Bei T-Systems beginnt der große Umbau

BONN · Trillerpfeifen statt Laptop: Aus Sorge um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze haben gestern 300 Beschäftigte von T-Systems vor der Telekom-Zentrale in Bonn demonstriert.

Dort tagte der T-Systems-Aufsichtsrat und beschloss die mittelfristige Planung für die Geschäftskundeneinheit der Deutschen Telekom. "Die Mitarbeiter haben es verdient zu wissen, woran sie sind", sagte auf der Kundgebung Michael Jäkel, Verdi-Fachgruppenleiter für Informationstechnologie. Die Demonstranten forderten sozial verträgliche Alternativen für den anstehenden Stellenabbau.

T-Systems soll in den kommenden Jahren grundlegend umgebaut werden. Traditionell übernimmt T-Systems die Informationstechnik für große Kunden wie beispielsweise Shell. In einigen angestammten Geschäftsfeldern sind die Gewinnspannen gering. Dort wird es um die Entscheidung gehen, ob diese Felder fortgeführt oder verkauft werden sollen.

Gleichzeitig sollen neue digitale Geschäftsfelder wie Online-Dienste für vernetzte Autos, Gesundheit, Cloud Computing oder Internetsicherheit ausgebaut werden. Im Dezember kaufte T-Systems beispielsweise den Healthcare-Spezialisten BrightOne, der Krankenhaus-Informations-Systeme entwickelt und verkauft. Ab 2017 sollen die digitalen Zukunftsfelder mit ihrem überdurchschnittlichen Wachstum rund die Hälfte des Gesamtumsatzes von T-Systems ausmachen.

Mit diesem Umbau des Geschäftsmodells sind der Abbau oder die Verlagerung von Stellen verknüpft. In der mittelfristigen Finanzplanung ist die Zahl von 6000 Stellen bei T-Systems weltweit genannt, um die die T-Systems-Belegschaft in den kommenden zwei Jahren verringert werden soll, wie der General-Anzeiger aus Aufsichtsratskreisen erfuhr. Der Hauptteil davon soll auf Deutschland entfallen. Insgesamt beschäftigt T-Systems weltweit 52.700 Mitarbeiter.

"Ich weiß, dass jede Form der Veränderungen immer auch Unsicherheiten mit sich bringt", schrieb gestern Nachmittag T-Systems-Chef und Telekom-Vorstandsmitglied Reinhard Clemens an die Mitarbeiter. Doch das Geschäftsmodell müsse den Erfordernissen des Marktes angepasst werden. Clemens ist es wichtig, dass es sich bei den Plänen, die der Aufsichtsrat gestern absegnete, nicht um ein neues Sparprogramm handele. Nach achtbaren Erfolgen bei Auftragseingang, Qualität und Effizienz in den vergangenen drei Jahren stehe T-Systems vor dem nächsten Entwicklungsschritt.

Für Jäkel, der als Arbeitnehmervertreter dem Aufsichtsrat angehört, ist es ein vorrangiges Ziel, beim Umbau des Unternehmens betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Eine Regelung zum Schutz vor Kündigungen ist zum Jahresende ausgelaufen. Bei den anstehenden Tarifverhandlungen werde es darum gehen, eine Anschlussregelung zu erreichen. Auch müsse der Bund seiner Verantwortung als Aktionär der Telekom nachkommen und Beamte, deren Stelle bei T-Systems gestrichen wird, bei anderen Institutionen einsetzen.

"Den Arbeitsplatzabbau können wir nicht gutheißen", sagte Hans-Jürgen Kallmeier, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates bei T-Systems. Dennoch sei er "vorsichtig optimistisch". Denn es stünden auch Restrukturierungsmittel des Unternehmens bereit, um den Stellenabbau beispielsweise durch Modelle der Altersteilzeit abzufedern. Kündigungen müssten um jeden Preis vermieden werden: "Dafür werden wir kämpfen."

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