Raiffeisenbank Rheinbach Voreifel Bank kündigte Pfändungsschutzkonto ohne Rücksprache

BONN · Das Schreiben einer Bonner Rechtsanwaltkanzlei kam für Alexandra Schmidt (Name geändert) aus Meckenheim völlig unerwartet. Die Witwe, die schulpflichtige Kinder versorgt, hat Privatinsolvenz beantragt, das Verfahren wurde im Juli eröffnet.

 Auch nach einer Privatinsolvenz soll jeder Haushalt ein Konto haben können und so über den pfändungsfreien Betrag verfügen.

Auch nach einer Privatinsolvenz soll jeder Haushalt ein Konto haben können und so über den pfändungsfreien Betrag verfügen.

Foto: dpa

Für die Raiffeisenbank Rheinbach Voreifel war die Privatinsolvenz der Grund, die Geschäftsverbindung aufzukündigen, obwohl das Konto stets im Plus war: "Unsere Mandantschaft muss daher von einer wesentlichen Verschlechterung Ihrer Vermögensverhältnisse ausgehen", heißt es im Schreiben der Rechtsanwälte der Bank.

Das Girokonto von Alexandra Schmidt wurde bereits seit zwei Jahren als Pfändungsschutzkonto geführt, um ihre Einkünfte bis zu einer bestimmten Höhe vor Pfändung zu sichern. "Es gab die ganze Zeit über kein Problem", berichtet Schmidt. Das Konto sei ohne Dispositionskredit geführt worden und sie habe regelmäßige Einkünfte aus Renten. Die Schulden stammen aus früheren Problemen in der Familie. "Ich würde gerne wissen, was ich falsch gemacht habe", sagt Alexandra Schmidt.

"Hier liegt ein Fehlverhalten der Bank vor", sagt Burkhard Kraus, Sprecher des Vorstands der Raiffeisenbank Rheinbach Voreifel. Er hat nach der Anfrage des General-Anzeigers Kontakt zu seiner bisherigen Kundin aufgenommen, sich entschuldigt und angeboten, das Konto bestehen zu lassen.

Natürlich halte sich die Bank an die 1995 getroffene Selbstverpflichtung der deutschen Kreditwirtschaft, jedem Menschen ein Guthabenkonto anzubieten. Es sei auch keine generelle Geschäftspolitik, bei Privatinsolvenz das Konto zu kündigen. Das "Konto für jedermann" soll in Deutschland auch Schuldnern zustehen. Mitgemacht haben bei der Selbstverpflichtung alle Institute, die Mitglied im Zentralen Kreditausschuss sind. Das gilt etwa für Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und große Privatbanken.

Unter Schuldnerberatern gibt es zum Problem von Kontokündigung den Begriff der "Schalterhygiene": Manche Banken erschweren aber auch heute noch Arbeitslosen, Schuldnern und Hartz-IV-Empfängern den Zugang zu einem Konto. Deshalb bereitet die Bundesregierung gerade ein Gesetz vor, um die "Zahlungskonto-Richtlinie" in der EU umzusetzen. Sie verpflichtet die Mitgliedsländer, innerhalb von 24 Monaten einen Rechtsanspruch auf ein Guthabenkonto zu schaffen mit den Grundfunktionen für Überweisungen, Lastschriften sowie einer Zahlungskarte für das Abheben.

Für Alexa Fierlings von der Schuldnerberatungstelle des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste im Rhein-Sieg-Kreis ist der Fall von Alexandra Schmidt keine Einzelfall. Gerade bei Genossenschaftsbanken komme es häufiger vor, dass Kontoverbindungen nach einer Privatinsolvenz gekündigt würden. Dieses Verhalten sei völlig unverständlich und "eine Frechheit".

Zum einen wären die Banken ja die Selbstverpflichtung eingegangen, jedermann ein Girokonto anzubieten. Zum anderen komme ja durch die Privatinsolvenz bei den betroffenen Haushalten alles in geregelte Bahnen. Das Konto werde dann ohnehin auf Guthabenbasis geführt und es sei klar, wie hoch die Pfändungsfreigrenze für den Haushalt sei.

Doch gerade im ländlichen Raum komme es auch immer wieder vor, dass für Pfändungsschutzkonten Extra-Gebühren in Höhe von zwölf bis 15 Euro erhoben würden. Das sei aber nach höchstrichterlicher Rechtssprechung nicht erlaubt. Sie rate ihren Klienten dann, zu einem öffentlich-rechtlichen Institut wie einer Sparkasse zu wechseln, wo es mit dem Thema keine Probleme gebe.

Aus Sicht von Alexandra Schmidt begannen die Probleme mit der Raiffeisenbank erst nach der Privatinsolvenz. Der Insolvenzverwalter legt dabei zunächst das Konto für einige Tage still, um sich den Stand der Dinge anzusehen. Die Sperre wurde aber Anfang August durch das Amtsgericht Bonn aufgehoben, die einen monatlichen Freibetrag von 2150 Euro festlegte, über den Alexandra Schmidt verfügen kann.

Doch die Raiffeisenbank habe das nicht akzeptiert. "Ich musste jede Transaktion vom Teamleiter der Bank persönlich genehmigen lassen", so Schmidt. Der sei natürlich häufig nicht da gewesen und wenn sie gebeten habe, ihn ausfindig zu machen, dann sei das wie ein "Spießrutenlauf durch die Bank" gewesen. Vorstandssprecher Kraus berichtet, dass die Abrechnungssoftware der Raiffeisenbanken die Pfändungsfreigrenze nicht umsetzen kann und deshalb automatische Transaktionen nicht gehen.

Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken bestätigt, dass die Regelungen um die Privatinsolvenz von Schmidt so abweichend vom Standard-P-Konto der Raiffeisenbanken seien, dass die Bank tatsächlich persönlich tätig werden muss. Verband und Bank würden versuchen, eine bessere Lösung für die Kundin zu erreichen. Doch Schmidt hat mittlerweile bei einer anderen Bank ein neues Pfändungsschutzkonto eröffnet, wo sie auch ganz normal per Karte Geld abheben kann.

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