Ausbildungsmarkt in Bonn und Region Wo sind die Azubis?

Bonn · Der Ausbildungsmarkt der Region Bonn/Rhein-Sieg trägt nur wenig zur Linderung des Fachkräftemangels bei. Die Zahl der Interessenten für eine Ausbildungsstelle ging zurück.

Engagierte Azubis werden gesucht -- allerdings vorwiegend diejenigen, bei denen die Schulnoten stimmen.

Engagierte Azubis werden gesucht -- allerdings vorwiegend diejenigen, bei denen die Schulnoten stimmen.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Die Nöte der Unternehmen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen, werden größer. Diese Bilanz zogen am Mittwoch die Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg für das Ausbildungsjahr 2018/2019, das am 30. September endete. Die Zahl der Interessenten für eine Ausbildungsstelle, die sich bei der Agentur für Arbeit gemeldet haben, sank im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent auf 5636.

 „Deutlich wird, dass sich der Ausbildungsmarkt zu einem stabilen Bewerbermarkt entwickelt hat, auf dem motivierte Schulabgänger, die eine Berufsausbildung anstreben, sehr gute Chancen haben“, sagte Stefan Krause, Leiter der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg. Die duale Ausbildung bleibe das Fachkräfterückgrat der kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region.

Der erneute Rückgang der Bewerber für eine Ausbildung liege in der besonders hohen Studierneigung in der Region und einem breiter werdenden Oberstufenangebot. Im Rhein-Sieg-Kreis seien mehrere Gesamtschulen im Aufbau, bei den jetzt nach und nach auch die Oberstufe besetzt werde. Diese Schüler fehlten im Ausbildungsmarkt.

233 unversorgte Bewerber

In vielen Fällen konkurrierten die Betriebe untereinander um motivierte Bewerber. „Deswegen sind nicht nur zusätzliche Anreize der Firmen für die Bewerber wichtig, sondern vor allem auch die Bereitschaft, einem Azubi mit zum Beispiel schwächeren Schulnoten eine Chance zu geben“, so Krause. Bei der Agentur für Arbeit wurden von den Betrieben in der Region im zurückliegenden Jahr 5474 Ausbildungsstellen gemeldet. Das sind 5,7 Prozent weniger als im Vorjahr.

Nicht jeder Bewerber möchte jeden Ausbildungsberuf ergreifen. Oder die Ausbildungsstelle liegt am anderen Ende des Rhein-Sieg-Kreises: Die Bilanz zeigt, dass auf 233 noch unversorgte Bewerber 335 offene Stellen kommen. Zum Vorjahr stieg die Anzahl der unversorgten Bewerber um 18,3 Prozent, aber die unbesetzten Ausbildungsstellen gingen um 23 Prozent zurück.

 Der Rückgang der Lehrverträge traf in der Region Industrie und Handel stärker als das Handwerk. Mit 2974 neuen Ausbildungsverträgen hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg 5,3 Prozent weniger eingetragen als im Vorjahr. „Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in Bonn/Rhein-Sieg ist schwierig“, sagte Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg: „Der Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu. Bereits im vergangenen Jahr konnten 28 Prozent aller Ausbildungsbetriebe nicht alle Ausbildungsplätze besetzen.“

Geflüchtete helfen erheblich

Beim Handwerk war hingegen nur ein leichter Rückgang bei den neuen Ausbildungsverträgen auf 1395 zu verzeichnen. Überdurchschnittlich stark war der Rückgang Bäcker, Tischler und Friseur, sagte Thomas Radermacher, Kreishandwerksmeister Bonn/Rhein-Sieg und Präsident des Bundesverbandes des deutschen Tischler- und Schreinerhandwerks. Mehr Verträge würde mit Migranten abgeschlossen. „Junge Geflüchtete helfen uns erheblich, den Fachkräftemangel zu kompensieren“ Erfolgreich sei die Handwerkerschaft in der Nachvermittlung im Laufe des Oktobers gewesen. Viele Betriebe hätten sich erst spät für eine Zusage entschieden.

Erfolglos blieben die Experten bei einem Modellprojekt des Landes, mit dem Lehrlinge aus dem Ruhrgebiet, wo es mehr Bewerber als Stellen gibt, in die Region gelockt werden sollten. Drei Interessenten habe man gefunden, sagte Ralf Steinhauer, Leiter der Berufsberatung. Doch letztlich habe niemand ein Angebt angenommen. Die Mobilität bei Auszubildenden sei nicht so groß wie bei Studenten. Außerdem seien die Wohnungen zu teuer für Azubis.

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