Klassen für Energieeffizienz Aus für getarnte Stromfresser

Brüssel/Straßburg · Das EU-Parlament beschließt die Neuordnung der Energielabel für Haushaltsgeräte von A bis G. Die Umstellung soll 2019 beginnen.

 Derzeit gibt es noch Effizienzklassen wie A+, A++ und A+++. Ab 2019 will die EU das Labelsystem umstellen.

Derzeit gibt es noch Effizienzklassen wie A+, A++ und A+++. Ab 2019 will die EU das Labelsystem umstellen.

Foto: picture alliance / dpa

Beim Kauf einer neuen Waschmaschine, eines Geschirrspülers oder eines Wasserkochers gehört Verwirrung dazu. Denn auch wenn die bunten Energielabels seit Jahren auf den Geräten kleben – zur Information der Kunden haben sie wenig beigetragen. „Es ist gut, dass die irreführenden ‚+++’-Effizienzklassen und die Vielzahl unterschiedlicher Etiketten abgeschafft werden“, sagte die SPD-Europa-Politikerin und Energieexpertin ihrer Fraktion, Martina Werner, als das Straßburger Plenum am gestrigen Mittwoch den Weg für eine lange vorbereitete Reform freigemacht hatte.

Statt „A“, „A+“, „A++“, oder „A+++“ wird es in spätestens 21 Monaten nur noch die Kategorien vom grünen „A“ für sehr sparsam bis zum tiefroten „G“ für Stromfresser geben. „Die leicht verständliche Abfolge von Buchstaben für alle Elektrogeräte hilft dem Verbraucher“, bekräftigte der Grünen-EU-Parlamentarier Claude Turmes. Dabei darf der Kunde tatsächlich auf ein aussagekräftiges Kennzeichnungssystem hoffen. Denn mit der Einführung 2019, die bis 2023 (für Durchlauferhitzer) abgeschlossen sein soll, fließen weitere Kriterien in die Beurteilung ein: Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit und Recyclingmöglichkeiten werden berücksichtigt. „Wir wollen ein echtes Umweltlabel, auf das der Verbraucher bauen kann“, hieß es bei den Beratungen in der europäischen Abgeordnetenkammer.

Doch die eigentlichen entscheidenden Neuerungen sollen an anderer Stelle für mehr Vertrauen in das Label sorgen. Die Behörden für Marktüberwachung erhalten deutlich mehr Kompetenzen, weil es oft genug Zweifel an der Aussagekraft der bunten Aufkleber gegeben hatte. Schließlich blieb es den Herstellern überlassen, ihre Produkte an Hand der technischen Vorgaben der Mitgliedstaaten zu prüfen und einzusortieren. Eine unabhängige Kontrolle gab es nicht. Mit teilweise kuriosen Auswüchsen, wie die Stiftung Warentest herausfand.

Hausgerätehersteller ermittelten lange Jahre den Stromverbrauch eines Kühlschranks am Beispiel eines Junggesellenhaushaltes: wenig drin und nur selten benutzt. Dass dabei niedrige Verbrauchswerte herauskamen, konnte nicht überraschen. Holger Brackmann, Chef der Produkttester bei der Stiftung Warentest: „Das Interesse (der Hersteller, d. Red.) ist eben nicht, den Verbraucher möglichst gut zu informieren, sondern möglichst gut auszusehen.“ Realitätsferne Testnormen gehörten zum Alltag.

Bei Waschmaschinen, so bestätigten Experten, wurde der Strombedarf bei einem 60-Grad-Öko-Programm gemessen, das die Hersteller entsprechend optimiert hatten. Dass die Wäsche bei einer solchen Einstellung aber bis zu vier oder fünf Stunden rotiert und entsprechend Energie verbraucht wird, erfuhr der Kunde erst nach dem Kauf. Um solchen Praktiken vorzubeugen, will die Brüsseler EU-Kommission nun eine Datenbank mit den technischen Informationen zu allen Elektrogeräten aufbauen und dem Käufer zugänglich machen. „Das ist industrie- und innovationspolitischer Irrsinn“, schimpfte Herbert Reul, Chef der CDU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, gestern. Genauso wie die vorgesehene Verpflichtung, dass die Energielabels für alle Geräte künftig in jedem Werbespot und in allen Anzeigen herausgestellt werden müssen.

Dagegen hatten sich sogar die Medienvertreter selbst gewehrt, weil es „keinen erkennbaren Mehrwert“ (Reul) gebe. Ausgenommen von der Kennzeichnungspflicht bleiben übrigens Gebrauchtgeräte, die in Secondhand-Shops verkauft werden.

Die Einigung des Parlamentes muss nun noch von den zuständigen Ministern der Mitgliedstaaten gebilligt werden.

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