Studie Auch in Bonn: Industriestrom deutlich billiger, Haushaltsstrom teurer

BONN/BRÜSSEL · Macht Brüssel der deutschen Energiepolitik einen Strich durch die Rechnung? Der Bund der Energieverbraucher meldete gestern auf seiner Internetseite, die EU-Wettbewerbshüter prüften ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland.

 Der Stromzähler läuft: Für Haushaltskunden und Kleingewerbe sind die Kosten stark gestiegen.

Der Stromzähler läuft: Für Haushaltskunden und Kleingewerbe sind die Kosten stark gestiegen.

Foto: dpa

Der in Unkel ansässige Verband hatte sich im Dezember bei der EU darüber beschwert, dass energieintensive Betriebe sich nicht an der Umlage für die erneuerbaren Energien beteiligen müssen.

In Brüssel gab es dafür am Dienstag keine Bestätigung. Doch die einseitige Finanzierung der Energiewende auf Kosten von Privathaushalten und Kleingewerbe, während die Industrie den Strom dank großzügiger gesetzlicher Ausnahmen sogar billiger bezieht, wird zunehmend zum Ärgernis.

Am Dienstag veröffentlichte das Verbraucherportal Verivox eine Studie, nach der Industriestrom in Deutschland seit April vergangenen Jahres im Schnitt rund zwölf Prozent billiger, Strom für Haushaltskunden und Kleingewerbe dagegen im Jahresvergleich etwa drei Prozent teurer wurde.

"Seit dem Atommoratorium nach der Katastrophe in Fukushima werden von allen Seiten die steigenden Kosten für Elektrizität beklagt. Fakt ist: Im Laufe der letzten zwölf Monate mussten ausschließlich private Haushaltskunden und kleinere Gewerbebetriebe höhere Strompreise von rund 30 Euro pro Jahr hinnehmen", sagte Peter Reese, Leiter Energiewirtschaft bei Verivox.

Diese Entwicklung bestätigen auch Stromversorger in Köln, Bonn und der Region. Sowohl die Kölner Rheinenergie als auch die Stadtwerke Bonn (SWB) hatten die Strompreise Anfang April für Privatkunden teilweise deutlich angehoben. "Bei Industriekunden konnten wir die Preise dagegen zum Teil senken", bestätigte am Dienstag eine SWB-Sprecherin auf Anfrage.

Das hänge damit zusammen, dass die Großverbraucher teure Umlagen nicht zahlen müssen, so für die Netznutzung und für die EEG-Umlage. Der Strompreis an der Börse liege derzeit auf dem Niveau von 2006, so die SWB-Sprecherin. "Wir halten die Preisentwicklung für Privatkunden für schwierig, aber so ist die Gesetzeslage."

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, die Kosten der Energiewende künftig gerechter zu verteilten. Bisher lasse die Bundesregierung zu, dass sich immer mehr industrielle Stromverbraucher über die so genannte "besondere Ausgleichsregelung" im Erneuerbare-Energien-Gesetz aus der Umlage für regenerativ erzeugten Strom verabschiedeten, sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger.

Rund ein Fünftel des Stroms in Deutschland werde von wenigen Hundert Firmen verbraucht. Diese zahlten jedoch nur 0,3 Prozent der Umlage für die erneuerbaren Energien. In der Konsequenz steige die Umlage für fast alle Endverbraucher, für die nicht privilegierte Industrie, den Handel und das Gewerbe. Würden die Ausnahmen gestrichen, könnte die EEG-Umlage um etwa einen Cent gesenkt werden.

Diskutieren Sie mit!

Ist die Energiewende so richtig? Diskutieren Sie mit uns in unserem Aktionsblog:

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort