Apollinaris wird zur Queen of Table Waters

Vor 150 Jahren beginnt der Aufstieg zum weltweit agierenden Unternehmen - Londoner Investoren vertreiben das Mineralwasser mit dem roten Dreieck im gesamten Empire - Brunnen in Bad Neuenahr-Ahrweiler arbeitet mit Gewinn

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Zum Preis von 15 Talern ersteigert 1852 der Ahrweiler Winzer Georg Kreuzberg das Flurstück 1 Nr. 640 und entdeckt im unteren Ahrtal zwischen den Flecken Heppingen und Wadenheim eine Mineralwasserquelle. Er nennt sie "Apollinaris Brunnen": Der Name wird zu einer Weltmarke, das rote Dreieck ein Markenzeichen, das unverwechselbar bis heute nach 150 Jahren zum Brunnen in Bad Neuenahr gehört.

Auch der weitsichtige Kaufmann Kreuzberg kann damals nicht voraussehen, dass einmal Könige und Kanzler das Apollinaris-Wasser aus dem Ahrtal bevorzugen würden. Geschäftstüchtig erlangt er schon 1853 von der Abteilung des Inneren der Königlich-Preußische Regierung der Rheinprovinz in Coblenz die Konzession zum Betrieb der Quelle. Im fernen Berlin wird der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck sein geschätztes Apollinaris gar mit auf Reisen nehmen.

Die 1857 gegründete Firma Georg Kreuzberg und Cie setzt im Jahr 1860 bereits 40 000 Tonkrüge mit dem Mineralwasser aus Neuenahr ab und erhält 1863 vom Landrat die Genehmigung zur Errichtung von "Wasser- und Gasbädern" am Apollinaris-Brunnen. Das Jahr 1864 ist ein Markstein für die spätere Entwicklung von Apollinaris zu einer weltbekannten Marke.

Kreuzberg entwickelt ein Verfahren, das Mineralwasser mit eigener Quellenkohlensäure zu versetzen. Hiermit erreicht er eine größere Haltbarkeit, wichtig vor allem für den Export in tropische Länder. Das Fundament für den weltweiten Siegeszug des Mineralwassers von der Ahr wird 1873 mit der Gründung der Apollinaris Company Ltf. in London gelegt.

Ein ehemaliger Deutscher aus Mecklenburg, Eduard Steinkopff, und der englische Buchverleger und Reeder George Smith legen im Gesellschaftsvertrag die Einrichtung von Agenturen fest, um die Belieferung "aller Länder außerhalb Deutschlands" sicher zu stellen. Georg Kreuzberg stirbt an Heiligabend desselben Jahres, in dem zwei Millionen Tonkrüge mit Apollinaris Mineralwasser verkauft werden.

Von London aus betreibt Steinkopff den gesamten Export, über das weltweite britische Kolonialreich - the Empire - wird Apollinaris mit dem roten Dreieck in den fernsten Winkeln der Erde bekannt. In Remagen werden die Kisten mit dem begehrten Mineralwasser auf Segelkähnen und Dampfschiffe verladen. Vor allem die Engländer lieben Apollinaris, beschreiben es als "klar wie Kristall, weich wie Samt, moussierend wie Champagner".

Allein 1875 gehen sechs Millionen Flaschen nach England, eine Million nach Holland, eine weitere Million wird in Deutschland vertrieben. Das Markenzeichen wird 1894 geschützt: mit Apollinaris Schriftzug, rotem Dreieck und dem Wahlspruch "The Queen of Table Waters".

Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges ist Apollinaris zu einer echten Weltmarke geworden: 90 Prozent der Produktion, die 1913 40 Millionen Füllungen in Flaschen beträgt, werden in alle Bekannten Länder der Erde exportiert. Der Krieg bringt Umsatzeinbrüche, zerstört auch das weltweite Netz von Niederlassungen. Davon erholt sich die "Actiengesellschaft" nicht bis zum Zweiten Weltkrieg. Der Wiederaufbau beginnt 1952 mit einer modernen Großfüllanlage.

Die Wirtschaftswunderjahre folgen. Neue Märkte werden erschlossen. Das rote Dreieck taucht wie selbstverständlich auf dem Titelbild des "Spiegel" vom 20. März 1967 auf: auf dem Kabinettstisch der Großen Koalition.

Die damalige Dortmunder Union Brauerei hatte die Apollinaris-Anteile 1956 aus England zurück erworben. Der Nachfolgekonzern Brau und Brunnen verband sich 1991 mit dem Londoner Getränkekonzern Cadbury: die Apollinaris & Schweppes GmbH & Co KG entstand.

Nachteilige Folge für den Standort Bad Neuenahr: Die Geschäftsführung wandert nach Hamburg aus. Im Jubiläumsjahr schlägt bei Apollinaris ein Umsatz 2001 von etwa 150 Millionen Euro zu Buche; es wird Gewinn gemacht. 26 Millionen wurden in eine Abfüllanlage investiert. Das Unternehmen beschäftigt etwa 455 Mitarbeiter und exportiert das Wasser in mehr als 50 Länder.

Im 150. Jahr bahnt sich wieder eine gravierende Veränderung bei dem Brunnen-Unternehmen an: der komplette Übergang von Apollinaris in britische Hände. "Die Verhandlungen laufen konstruktiv, Cadbury-Schweppes weiß, wie wertvoll die Marke ist", sagte Apollinaris-Chef Frank Hezel am Dienstag und vermutet: "In sechs Wochen wissen wir mehr". Der Standort Bad Neuenahr-Ahrweiler würde bei diesem Eigentümerwechsel gestärkt.

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