Programm des Bonner Jobcenters Als Alleinerziehende in der Umschulung

Siegburg · Jennifer Seifert macht eine Umschulung zur Fahrzeuglackiererin bei der Siegburger Autowerkstatt Heidinger GmbH. Was die 34-Jährige von anderen Umschülern unterscheidet: Sie ist alleinerziehende Mutter von 3 Kindern im Alter von 15, acht und vier Jahren.

 Jennifer Seifert lackiert in Schutzkleidung Autoteile.

Jennifer Seifert lackiert in Schutzkleidung Autoteile.

Foto: Holger Arndt

Um alles unter einen Hut zu bekommen, macht sie die Umschulung in Teilzeit. „Das klappt prima“, sagt die Holzlarerin. Sie sei um 15 Uhr mit der Arbeit fertig. So sei sie zu Hause, wenn die jüngste Tochter kommt.

Bei der Suche nach dem Betrieb, wo sie ihre Umschulung machen kann, hat ihr das Jobcenter Bonn geholfen, von dem sie Leistungen bekommt. Dort gibt es seit Jahresbeginn ein neues Programm. „HbU plus – Heranführung an die betriebliche Umschulung“. „Das ist das Beste, was sich das Jobcenter je hat einfallen lassen“, sagt Jennifer Seifert. Durch Coaches des Jobcenters erhalten die Teilnehmer des Programms gezielte Unterstützung. Betriebsakquisiteure des Jobenters machen passende 'Ausbildungsbetriebe ausfindig. „Bei Frau Seifert hatte direkt der zweite Betrieb, den wir angerufen haben, Interesse“, sagt Özlem Kara vom Jobcenter, die das Projekt betreut.

Um ein Drittel der Zeit verkürzte Ausbildung

Im Frühjahr 2018 hat Jennifer Seifert an einer viermonatigen vorbereitenden Maßnahme teilgenommen. In dieser Zeit machte sie ein Praktikum bei der Heidinger GmbH und bekam so einen Einblick in den Beruf der Fahrzeuglackiererin. Ein Vorteil war, dass sie bereits Erfahrung als Malerin und Lackiererin hat, weil sie in diesem Beruf früher eine Ausbildung begonnen und später als Ein-Euro-Jobberin gearbeitet hat. Eine Ausbildung zur Malerin kam jetzt aber nicht für sie in Frage: „Als Maler kann man auf Baustellen oft nicht pünktlich aufhören“, erzählt Seifert, warum sie nicht in diesem Berufsfeld geblieben ist. Das wäre mit den Kindern schwierig geworden.

Eine Umschulung ist eine reguläre betriebliche Ausbildung, die auf zwei Drittel der normalen Dauer verkürzt wird. Seifert bekommt vom Betrieb 75 Prozent der Teilzeit-Ausbildungsvergütung. Die übrige Summe, die die Familie zum Leben braucht, übernimmt das Jobcenter. Daneben gibt es eine Pauschale für Kinderbetreuungskosten und die Übernahme der Fahrtkosten zum Betrieb. Bei erfolgreich bestandener Zwischenprüfung zahlt das Jobcenter eine Prämie von 1000 Euro und nach der Abschlussprüfung 1500 Euro.

Seiferts Ausbilder in der Fahrzeuglackierei Heidinger, Iossif Semertzidis, ist sehr zufrieden mit seiner Nachwuchskraft: „Sie hat Talent, und es passt menschlich perfekt.“ Auch für den Beruf des Autolackierers werde es schwieriger, Nachwuchs zu finden. „Heute möchte doch jeder eigentlich lieber Youtube-Star werden“, sagt Semertzidis über die Einstellung von Schulabsolventen. Mit jungen Auszubildenden müsse man häufig erst einmal darüber diskutieren, dass das private Handy während der Arbeitszeit nicht ständig ausgepackt wird.

Der Juniorchef der Firma, Sascha Heidinger, hat bereits in der Karosserieabteilung der Firma in Troisdorf gute Erfahrung mit einem Umschüler gemacht. Die Reife und die Lebenserfahrung, die die Umschüler mitbringen, würden ihnen in der Ausbildung helfen. Viele würden auch erkennen, dass es ihre letzte Chance auf einen Berufsabschluss sei. „Ich hatte zunächst nur Bedenken, ob es auch in Teilzeit funktioniert“, so Heidinger. Doch es klappe prima.

So wie Seifert haben in diesem Jahr noch 52 andere Umschüler in Bonn mit dem Programm „HbU plus“ begonnen. Zehn weitere hätten sich für eine Ausbildung oder eine Arbeit entschieden. Bei einer Ausbildung in regulärer Länge dürfe das Jobcenter keine zusätzlichen Leistungen wie die Kinderbetreuung übernehmen.

Auch in der Berufsschule kommt Seifert gut zurecht. Inhaltlich sei es für sie oft Wiederholung von Schulstoff. „Es ist schon interessant, neben 16-Jährigen in der Klasse zu sitzen“, sagt sie lachend. Im kommenden Sommer werde es noch interessanter: Dann mache ihr ältester Sohn ein Berufsgrundschuljahr und befinde sich in der gleichen Situation wie sie.

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