Vom Kleinverlag zur zehntgrößten Buchhandlung

Die Bonner Traditionsfirma Bouvier/Gonski feiert ihr 175-jähriges Bestehen - Geschäft umgebaut - Gläubigerversammlung entscheidet über die Zukunft des hochverschuldeten Unternehmens

  Nach dem Umbau  wird am Samstag im Bouvier-Haupthaus gegenüber dem Bonner Universitäts-Hauptgebäude kräftig gefeiert.

Nach dem Umbau wird am Samstag im Bouvier-Haupthaus gegenüber dem Bonner Universitäts-Hauptgebäude kräftig gefeiert.

Foto: Lannert

Bonn. Was 1828 mit der Gründung einer Lithografischen Anstalt begann, hat sich über Jahrzehnte und schließlich unter anderem Namen zu einer der zehn größten Buchhandlungen in Deutschland entwickelt. Grund genug für die Bonner Buchhandelsgruppe Bouvier/Gonski ihren 175. Geburtstag gebührend zu feiern, auch wenn das Firmenjubiläum von einem Insolvenzverfahren überschattet wird.

Als sich am 24. November 1828 Aimé Henry und Max Cohen zusammentaten, um in Bonn die Lithografische Anstalt zu gründen, ahnten sie wahrscheinlich nicht, welch wechselvolle Geschichte die heutige Traditionsbuchhandlung (40 Millionen Euro Jahresumsatz) durchleben würde.

Das erste Geschäft wurde am 15. Juli 1829 in der Sternenstraße 308 eingerichtet. Es bestand aus einer Lithografischen Anstalt, einer Kunsthandlung sowie einem Schreib- und Zeichenmaterialiengeschäft. Gut sechs Jahre später erhielt der kleine Verlag die Buchhändlerkonzession, obgleich keiner der Inhaber gelernter Buchhändler war.

Bis zu heutigen Namensgebung vergingen etliche Jahre. 1927 übernahm nach dem Tod Fritz Cohens schließlich seine Witwe Hedwig Cohen-Bouvier das Ruder, allerdings dauerte es weitere neun Jahre, ehe das Geschäft unter ihrem Mädchennamen firmierte.

1953 übernahm Herbert Grundmann die Firma als Alleininhaber, dem sein Sohn Thomas als geschäftsführender Gesellschafter folgte. In den Gründungsjahren fanden Bücher bei der bürgerlichen Gesellschaft reißenden Absatz. Politische Unfreiheit wurde nicht selten mit einer regen Teilnahme am Kulturleben kompensiert.

Der Buchhandel war damals ein schnell wachsender Wirtschaftszweig. Wirtschaftliche Krisen und politische Unsicherheiten brachten Bouvier wie viele andere Geschäfte manches Mal an den Rand des Ruins. Doch das Familienunternehmen konnte sich stets behaupten.

Nicht eben einfach sind auch die Umstände, mit denen die Bonner Buchhandlung derzeit zu kämpfen hat. Zahlungsunfähigkeit, eröffnetes Insolvenzverfahren, 23 Millionen Euro Schulden bei mehr als 2 500 Gläubigern. Der Arbeitgeber von rund 280 Beschäftigten steht mit dem Rücken zur Wand, wenn ausgerechnet am Gründungsdatum, am 24. November, die Gläubigerversammlung die Weichen für die Zukunft stellt.

Einer der größten Gläubiger, die Sparkasse Bonn, wollte im Vorfeld der Versammlung keine Stellungnahme darüber abgeben, wie es bei Bouvier/Gonski in Zukunft möglicherweise weiter gehen könnte.

Langfristig, so versichert der Kölner Insolvenzverwalter Bruno Kübler, sehe er gute Chancen für die Möglichkeit einer Eigensanierung des Unternehmens oder einer so genannten übertragenden Sanierung - je nach Standort.

Bei einer übertragenden Sanierung steigt ein Käufer nach der Insolvenz ein. Kauf-Interessenten gibt es offenbar einige: neben der Mayer''schen Buchhandlung (Köln/Aachen) auch die bundesweit tätige Thalia-Handelskette aus dem Douglas-Konzern sowie Buch & Kunst (Dresden).

Ende Juni hatte die Bonner Buchhandlung, die zehn Filialen in sechs Städten betreibt, Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Schon seit Jahren kämpft das Unternehmen nicht zuletzt wegen interner Versäumnisse ums wirtschaftliche Überleben.

Nun soll das gesamte Unternehmen saniert werden. Ein Schritt auf dem Weg in eine neue Zukunft ist die Neugestaltung des Bonner Haupthauses, die am Samstag gleichzeitig mit dem 175-jährigen Bestehen gebührend gefeiert wird.

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