GA-Serie Lehrstellen-Check So sieht die Arbeit eines Fleischers aus

Wachtberg · GA-Volontär Dennis Sennekamp hat einen Tag lang in der Fleischerei von Adalbert Wolf mitgeholfen und den Beruf des Fleischers abseits der gängigen Vorurteile kennengelernt.

Zugegeben: Auf den Vorschlag, den Beruf des Fleischers zu testen, reagierten wir Volontäre allesamt mit nervösem Gekicher. Denn als Otto-Normalverbraucher einer Generation, die gerne mal verdrängt, woher der Hamburger kommt, denkt man bei dem Wort "Metzger" hauptsächlich an düstere Gestalten aus Horrorfilmen, die mit blitzenden Messern und blutverschmierten Schürzen ihren Schabernack treiben. Oder an Bilder von schmutzigen Schlachthöfen, die von Tierschützern verbreitet werden. Gleichsam getrieben von Unbehagen und Neugier sagte ich dennoch dem Test zu. Was mich wenige Tage später im Betrieb des Wachtberger Fleischermeisters Adalbert Wolf erwartete, verschlug mir die Sprache - aber anders als zunächst gedacht.

Denn schon kurz nach meiner Ankunft ist meine eben noch weiße Gummischürze rot besprenkelt. Mit konzentriertem Blick ramme ich zielgerichtet einen Holzstab in ein Stück rohes Fleisch, lasse ein scharfes Messer durch eine Schwarte gleiten und hacke unter Aufsicht meines Lehrmeisters einen ganzen Korb bunt leuchtender Paprikaschoten in Stücke. Aber beginnen wir doch ganz von vorn.

Es ist Dienstagmorgen um kurz nach sechs. Adalbert Wolf und sein Mitarbeiter Daniel Jendreizik haben gerade die frisch angelieferten Schweinehälften an Haken an der Decke der Fleischerei aufgehängt, als ich hinzukomme. Nach einer kurzen Begrüßung führt mich Wolf in die Umkleide seines beschaulichen Betriebs, der im Hinterhaus seines Geschäfts an der Pecher Hauptstraße verborgen liegt.

Schwarte von Schweinehälfte abtrennen

Hier stattet er mich mit einem Kittel aus. "Unbedingt Ärmel hochkrempeln", weist Wolf mich an. "Sonst sind sie bei der Arbeit im Weg." Als nächstes legt er mir einen Stechschutz aus Metall an, der ein wenig an ein mittelalterliches Kettenhemd erinnerte. Passend dazu gibt es einen Handschuh und die für Fleischer typische Schürze. Dann geht es direkt zur Sache. Meine erste Aufgabe: die Schwarte von einer Schweinehälfte abtrennen. Dazu drückt Wolf mir ein Messer mit gut dreißig Zentimeter langer Klinge in die Hand, das so scharf ist, dass es mit nur einem Rutsch durch das Fett gleitet und beinahe die guten Teile des Fleischs verhunzt hätte. Der 51-jährige reagiert darauf mit der Gelassenheit eines Altmeisters, lacht, und schickt mich zu meiner nächsten Station.

Dort zerteile ich Rippen mit einer Säge, aus denen im Anschluss Koteletts geschnitten werden. Dann darf ich mich an meinen ersten Schweinesteaks versuchen. Weiter geht es mit dem Vorbereiten und Stecken von Schaschlikspießen. Dafür werden Paprikaschoten klein geschnitten und auf Holzspieße gezogen. Im nächsten Schritt marinieren wir gemeinsam das Fleisch, wobei die rote Paprikamarinade dafür sorgt, dass mir nicht nur einmal das glitschige Fleisch mitsamt seines köstlich riechenden Überzugs auf die Schürze flutscht. "Man ist als Fleischer auch immer ein gutes Stück Koch", so Wolf. Dann ist Zeit für eine Pause.

Leberkäse zum Sonnenaufgang

Um kurz nach sieben gibt es Kaffee und den Beweis, dass warme Leberkäse-Semmel mit Senf auch schon kurz nach Sonnenaufgang schmecken. Den Kaffee in der einen und das Brötchen in der anderen Hand, beginnt Jendreizik von seinem Beruf zu schwärmen.

"Wie du siehst, ist Fleischer sein total vielseitig", sagt er. "Es ist ein Traditionshandwerk, das nicht aussterben darf." Jedes Mal, wenn ein Betrieb kaputt ginge, sterbe ein Stück Heimat, gingen Familienrezepte verloren.

Daniel Jendreizik ist 31 Jahre alt, Geselle und seit sieben Jahren bei Wolf angestellt. Insgesamt arbeitet er seit 13 Jahren in dem Beruf. "Der Job hat viele Vorzüge", findet er. "Vor allem, weil man damit alles Mögliche machen kann." Dem pflichtet auch sein Chef bei. "Man muss gar nicht in einer Fleischerei arbeiten, sondern kann auch als Fachberater oder Lebensmittelkontrolleur anfangen", so Wolf. Zudem seien die Übernahmechancen hoch in der Branche, die von großen Nachwuchssorgen geplagt wird.

Der Betrieb von Adalbert Wolf bildet seit 1961 aus. Insgesamt 18 Lehrlinge sind seit der Gründung der Fleischerei von Wolfs Vater durch den Betrieb gegangen. Doch auch der jetzige Landesinnungsmeister hat Probleme, geeignete Lehrlinge für seine Metzgerei zu finden. Das läge auch an dem schlechten Image des Fleischers.

Tradition erhalten, Zukunft gestalten

"Das gängige Vorurteil lautet: groß, stark, mutig und Tiere totmachen", erklärt Wolf. "Dabei ist das Tierwohl heute wichtiger denn je." Um das Schlachten könne man zudem einen Bogen machen: In der Ausbildung gehört dies zu den sogenannten Wahlpflichtbausteinen. Auch im gesundheitlichen Bereich habe sich etwas getan. "Früher mussten Fleischer viel schleppen. Mittlerweile macht die Technik hier den Alltag leichter. Es gibt zum Beispiel automatische Füllmaschinen für Würste."

Frei nach dem Motto "Tradition erhalten, Zukunft gestalten" blickt Wolf trotz aller Widrigkeiten positiv in die Zukunft. "Immer mehr Menschen achten bewusst auf die regionale Herkunft ihres Fleischs - das ist unsere Stärke." Gut gestärkt bin auch ich nach dem Leberkäse-Brötchen und meistere den Rest meines Schnuppertages. Nach Hause geht es mit einem Paar Würsten, die mir Wolf bei unserem Abschied zusteckt, und mit einem positiven Gefühl. Vielen Vorurteilen wurde der Wind aus den Segeln genommen, der Job des Fleischers zeigte sich sogar überraschend vielseitig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort